Pädagogenausbildung in Brandenburg: Lehrer lernen im Container
Brandenburg braucht Lehrer, die Universität Potsdam soll sie ausbilden. Doch der Ausbau des Lehramtsstudiums bringt die Hochschule an Kapazitätsgrenzen.
Potsdam - In der Landeshauptstadt müssen nicht nur Schüler in Containern lernen, sondern auch angehende Lehrer: Der mit dem Land vereinbarte Ausbau des Lehramtsstudiums bringt die Universität Potsdam zwar voran, aber auch an Kapazitätsgrenzen. Am Unistandort in Golm soll ein zentrales Gebäude für die Lehrerbildung entstehen – bezugsfertig in ein paar Jahren. Bis dahin müsse über Interimslösungen wie Container nachgedacht werden, erklärte der Vizepräsident für Lehre und Studium der Hochschule, Andreas Musil, am Montag. Musil koordiniert die Erweiterung der Universität für Lehramtsstudenten, der derzeit einzigen Hochschule in Brandenburg, die Pädagogen ausbildet. „Eine Kraftanstrengung“, so Musil.
Plätze für 1000 Lehramtsstudenten
Wie berichtet stärkt die Uni Potsdam die Lehrerbildung wie nie zuvor in ihrer 27-jährigen Geschichte. Um dem landesweit eklatanten Lehrermangel zu begegnen, soll es in zwei Jahren 350 zusätzliche Studienplätze für angehende Lehrer geben. Geplant ist ein schrittweiser Ausbau von derzeit 650 auf 1000 Studienplätze. Im nächsten Jahr sollen 150 Lehramtsstudenten mehr aufgenommen werden, ab 2020 sind weitere 200 Plätze vorgesehen. Die rot-rote Landesregierung will dafür von 2020 an jährlich zusätzlich elf Millionen Euro ausgeben.
Für die Uni bedeutet das: 22 zusätzliche Professuren und 42 Stellen mehr. Auch die Verwaltung soll laut Musil erheblich aufgestockt werden, um das Vorhaben umzusetzen. „Wir müssen effizient arbeitende Kommissionen einsetzen“, erläutert der Professor. Es werde Berufungsverfahren en bloc für zusammengehörende Fächer geben, vor allem in der Humanwissenschaftlichen Fakultät, die die meisten neuen Professuren bekommt. „Keine leichte Aufgabe, da alle Universitäten in Deutschland gleichzeitig die Kapazitäten erhöhen.“
Grundschullehrer dringend gesucht
Mit den Fächern Förderpädagogik und Kunst werden zudem zwei neue Studiengänge für Pädagogen eingerichtet, dazu kommt ein spezielles Mathe-Physik-Projekt – wie der Ausbau der Lehramtskapazitäten insgesamt ein Eingeständnis des Landes, nicht vorausschauend geplant zu haben. Die Kunstlehrerausbildung etwa hatte Brandenburg schon vor Jahren abgewickelt, die Berliner Universität der Künste (UdK) sollte die Fachlehrer für das Nachbarland mit ausbilden. Aber: Die Kapazitäten der UdK reichen nicht einmal zur Deckung des hohen Berliner Bedarfs an Kunstlehrkräften. Bis 2024 werden in Brandenburg jährlich 60 bis 80 Fachlehrkräfte für Kunst gebraucht, wie das Bildungsministerium mitteilte.
Insgesamt benötigt Brandenburg laut Ministeriumssprecherin Antje Grabley jährlich rund 1000 neue Lehrkräfte – also so viele, wie künftig an der Universität Potsdam ausgebildet werden sollen. Insbesondere für Grundschulen und Oberschulen werden Pädagogen gesucht, aber auch an Gesamtschulen und Gymnasien bestehe für bestimmte Jahrgänge Bedarf. Besonders gefragt sind Lehrer nicht nur für Kunst, sondern auch für Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Informatik, Englisch und Musik. Zudem werden Förderschullehrer gesucht – für die es dann künftig an der Uni Potsdam ein eigenes Fach gibt.
Brandenburg lockt mit Verbeamtung
Da es Jahre dauert, bis die Studienanfänger tatsächlich unterrichten, ist Brandenburg weiter auf Seiteneinsteiger angewiesen. Unter den 1114 unbefristeten zum aktuellen Schuljahr neu eingestellten Lehrern waren 26 Prozent Quereinsteiger, die kein Lehramtsstudium absolviert haben.
Weitere Schwierigkeit für Brandenburg: Auch in anderen Bundesländern werden Lehrer gebraucht, die Ausbildungskapazitäten erweitert. Da Brandenburg etwa bei der besseren Besoldung von Grundschullehrern Vorreiter sei, rechne man mit genug Schulabgängern, die in Potsdam studieren wollen, so Antje Grabley. Zudem locke Brandenburg mit Verbeamtung und moderaten Pflichtunterrichtsstunden.
Womöglich werden künftig auch an anderen Unistandorten im Land Lehrkräfte ausgebildet, etwa an der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU) in Cottbus Berufsschullehrer. „Die Gespräche mit der BTU laufen noch“, teilte der Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Stephan Breiding, auf Anfrage mit.
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