Fast ein Jahr nach dem Anschlag von Halle: Land fördert Sicherheit jüdischer Anlagen
Brandenburg unterstützt den Einbau von Sicherheitsanlagen für jüdische Gemeinden und Einrichtungen. Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam ließ sich bereits von der Polizei beraten.
Potsdam - Vor etwa einem Jahr, am jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur, versuchte ein Rechtsextremist, einen Massenmord in der Synagoge von Halle zu verüben. Weil ihm nicht gelang, die Sicherheitstür zu überwinden, erschoss er stattdessen zwei unbeteiligte Personen. Seit Juli steht der Attentäter in Magdeburg vor Gericht. In der kommenden Woche feiern die Juden wieder Jom Kippur - auch in Brandenburg und Potsdam. Wie sicher ist das jüdische Leben in der Mark?
„Bisher liegen der Polizei keine Erkenntnisse vor, die eine konkrete Gefahr für jüdische Einrichtungen im Land begründen“, teilt das Innenministerium (MIK) auf PNN-Anfrage mit. „Im Land Brandenburg gibt es eine Vielzahl von jüdischen Einrichtungen und Objekten, die durch verschiedene auf das jeweilige Objekt abgestimmte Maßnahmen der Polizei geschützt beziehungsweise überwacht werden“, sagt Sprecher Martin Burmeister.
Schutzmaßnahmen wurden nach Anschlag angepasst
Dabei handle es sich um etwa 100 Objekte, zu denen neben Gemeindehäusern und Synagogen auch etwa Friedhöfe und Gedenkorte gehörten. Die Schutzmaßnahmen seien nach dem Anschlag von Halle angepasst und zum Teil erhöht worden. Auf Wunsch der jeweiligen Gemeinde oder Einrichtung prüfe die Polizei die baulichen Gegebenheiten und erarbeite dann „Empfehlungen zur Erhöhung des materiellen Grundschutzes“, so Burmeister.
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Wie andere Bundesländer zahlt auch Brandenburg nach dem Anschlag von Halle Fördergeld aus, um Sicherheitsanlagen an jüdischen Einrichtungen zu verbessern oder neu zu installieren. Zuständig dafür ist das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK). „In diesem Jahr stellt das Land zusätzliche Mittel in Höhe von 500.000 Euro bereit“, teilt MWFK-Sprecher Stephan Breiding mit. Mit diesen Geldern würden dann die Empfehlungen der Polizei umgesetzt. Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt/Oder habe bereits 66.503 Euro erhalten und die in Königs Wusterhausen 11.403 Euro.
„Antisemitismus ist ein virulentes Problem in Brandenburg“
Außerdem gibt es laut MWFK zwei weitere Fördertöpfe. Die Synagoge Cottbus gilt als „herausragendes Symbol jüdischen Lebens in Brandenburg“ und deshalb als besonders gefährdet, etwa als Ziel eines Terroranschlags. Deshalb habe die dortige Gemeinde zusätzliche Mittel in Höhe von rund 57.000 Euro für bauliche Schutzmaßnahmen erhalten. Außerdem habe das im Bau befindliche Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam 20.000 Euro für Bewachungsmaßnahmen bekommen, teilt das MWFK mit.
„Antisemitismus ist ein virulentes Problem in Brandenburg“, sagt Peter Schüler von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) am Moses Mendelssohn Zentrum. Seit Halle sei die Bedrohung aber nicht wesentlich gestiegen. Zwar zeigten die RIAS-Recherchen einen leichten Anstieg in der Zahl der Vorfälle, dabei handle es sich aber in der Regel nicht um Gewalttaten, sondern um Sachbeschädigungen, Beleidigungen oder antisemitische Äußerungen.
Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam von Fachleuten beraten
Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam sei bereits von Sicherheitsfachleuten der Polizei beraten worden, sagt deren Vorsitzender Evgeni Kutikow. Die Gemeinde hat ihren Sitz in der ehemaligen Feuerwache in der Werner-Seelenbinder-Straße. Eigentlich war das Objekt als Übergangslösung gedacht, doch der Bau der Potsdamer Synagoge verzögert sich seit Jahren. Deshalb muss das Provisorium nun abgesichert werden. Sowohl die Ministerien des Landes als auch die Landeshauptstadt würden sich sehr darum bemühen, die Sicherheitssituation zu verbessern. „Wir fühlen uns jedenfalls nicht alleingelassen“, sagt der Vorsitzende.
Auch Ud Joffe, der Vorsitzende der Potsdamer Synagogengemeinde, hat keine Angst in der Landeshauptstadt. Auf einen großen Terroranschlag könne man sich sowieso nicht vorbereiten, stellt der gebürtige Israeli pragmatisch fest. Aber die Polizei sorge in Absprache mit seiner Gemeinde für eine ausreichende Bewachung zum Beispiel von Veranstaltungen.
Die Synagogengemeide hat erst kürzlich neue Räume in der Kiezstraße bezogen. Eine polizeiliche Begehung werde demnächst durchgeführt. Ein Problem sei, dass die Synagogengemeinde noch nicht wisse, wie lange sie die Räume nutzen werde. Hintergrund ist auch hier der Streit um den Synagogenbau. „Eventuell kaufen wir eine Immobilie in Potsdam“, sagt Joffe. Aber das stehe noch nicht fest.
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