Fall Rebecca: Innenminister Schröter will über umstrittene Datenspeicherung aufklären
War die Speicherung des Autokennzeichens von Rebeccas Schwager und die Weitergabe durch die Brandenburg Polizei überhaupt rechtmäßig? Das ist weiter umstritten.
Potsdam – Das Innenministerium in Potsdam kann derzeit nicht ausschließen, dass die Brandenburger Polizei auch illegal Autokennzeichen automatisch erfasst und gespeichert hat. Eine entsprechende PNN-Anfrage zu der durch den Fall Rebecca Reusch öffentlich gewordenen Problematik blieb am Donnerstag unbeantwortet. Für die Beantwortung der Anfrage werde mehr Zeit benötigt, erklärte Ministeriumssprecher Ingo Decker am Nachmittag. Das Polizeipräsidium sei um eine Stellungnahme zu der Problematik gebeten worden.
Er gehe zudem davon aus, dass das Thema kommende Woche im Innenausschuss des Landtags eine Rolle spielen werde. „Wir sind in der Nachweispflicht, dass alles korrekt läuft“, so Decker. Dieser wolle man nachkommen. Es bestehe offenbar ein großes Interesse an Aufklärung zu dem Thema.
Kennzeichenerfassung wichtiges Instrument
Grundsätzlich sei die automatische Kennzeichenerfassung Kesy für die Brandenburger Polizei gerade auch im Zusammenhang mit dem Wegfall der Grenzkontrollen „ein sehr wichtiges und hilfreiches Instrument“ zur Aufklärung grenzüberschreitender Kriminalität, so der Sprecher. „Klar ist: Der Einsatz muss rechtlich sauber begründet sein.“ Ob das im Fall der Weitergabe des Kennzeichens von Rebeccas Schwager und auch in anderen Fällen immer gegeben war, müsse nun geklärt werden.
Dass diese Fragen im Raum stehen, kann das Ministerium allerdings nicht überraschen. Wie berichtet antwortete das Haus von Karl-Heinz Schröter (SPD) diese Woche bereits auf eine parlamentarische Anfrage von Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher – ausweichend und unter Umgehung der kritischen Fälle. Nonnemachers Fragen zur Kennzeichenspeicherung wurden nur für die unstrittigen Fälle beantwortet, die auf Grundlage des Brandenburger Polizeigesetzes erfasst wurden. Dieses erlaubt die Kennzeichenerfassung über Kontrollstationen auf der Autobahn zum Beispiel für die Gefahrenabwehr, etwa wenn gesuchte Personen Suizid begehen könnten.
Dabei werden Fahrzeuge durch eine Anlage auf der Fahrbahn von hinten fotografiert, das Kennzeichen wird dann herausgefiltert und in eine computerverständliche Sprache umgewandelt, wie das Innenministerium in der Antwort auf die Grünen-Anfrage erklärt. Dann wird das erfasste Kennzeichen mit dem Inhalt einer Fahndungsdatei abgeglichen. Im Falle einer Übereinstimmung wird das Kennzeichen gespeichert. Liegt kein Treffer vor, werden die Daten zu dem Kennzeichen gelöscht. Zudem kann die automatische Kennzeichenerfassung auf Grundlage der Strafprozessordnung auch im Rahmen von Ermittlungsverfahren eingesetzt werden.
Kennzeichen des Autos von Rebeccas Schwager zufällig gespeichert
Im Fall Rebecca war das Auto des verdächtigen Schwagers aber nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Das Fahrzeug wurde auf der A12 gefilmt, weil nach einem Richterbeschluss in einem anderen Verfahren die automatische Kennzeichenerfassung lief. Das dabei zufällig gespeicherte Kennzeichen des Wagens wurde dann der Berliner Polizei übermittelt, die die Suche nach der vermissten Schülerin Rebecca leitet.
Die Grünen bezweifeln, dass dieses Vorgehen korrekt war – auch wenn dadurch möglicherweise ein wichtiger Ermittlungserfolg in einem Kriminalfall gelungen sei. „Offensichtlich werden bei der Brandenburger Polizei mit sehr laxer Rechtsauffassung Daten auf Vorrat erfasst“, hatte Nonnemacher gegenüber den PNN erklärt.
CDU: "Brandenburger hat nicht unrechtmäßig Kennzeichenerfassung angewandt"
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Björn Lakenmacher, teilt die Einschätzung der Grünen nicht. „Ich habe bislang keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Brandenburg Polizei die Kennzeichenerfassung unrechtmäßig angewandt hat“, sagte er auf Anfrage. Die Grünen seien hier womöglich vorschnell gewesen.
Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg, fordert Aufklärung im Landtag über die Kennzeichenerfassung, die nicht auf Grundlage des Polizeigesetzes stattfindet. „Da gibt es Klärungsbedarf“, sagte er.