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Fall Rebecca: Darf Brandenburgs Polizei überhaupt Kennzeichen speichern?

Im Fall der vermissten Rebecca wirft Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher der Brandenburger Polizei Missachtung der Rechtsvorschriften vor. 

Potsdam - Brandenburgs Polizei speicherte möglicherweise verfassungswidrig automatisch erfasste Autokennzeichen. Die in der Mark angewandte Praxis war durch den Vermisstenfall Rebecca Reusch durch Zufall öffentlich geworden. Sicherheits- und Datenschutzexperten haben jedenfalls massive Zweifel, ob dies mit dem Gesetz vereinbar ist. „Offensichtlich werden bei der Brandenburger Polizei mit sehr laxer Rechtsauffassung Daten auf Vorrat erfasst“, sagte die Innenexpertin und Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Ursula Nonnemacher, den PNN.

Keine Antworten vom Innenministerium

Nonnemacher hat eine parlamentarische Anfrage an die rot-rote Landesregierung zu dem Thema gestellt. Die Erwiderung des Innenministeriums liegt nun vor, aber die Antwort auf ihre konkreten Fragen „wird mir verweigert“, so Nonnemacher. Das Ministerium geht gar nicht auf den kritischen Fall Rebecca ein, sondern erklärt in einer Vorbemerkung, dass Nonnemachers Fragen – etwa nach der Häufigkeit der automatisierten Kennzeichenerfassung – „lediglich für Maßnahmen, die ihre rechtliche Grundlage in § 36a des Brandenburgischen Polizeigesetzes haben“ beantwortet wurden. Im Fall Rebecca gab es diese Grundlage nicht.

Das Auto des Schwagers wurde erfasst

Anfang März war wie berichtet publik geworden, dass bei der Suche nach der seit Monaten vermissten Schülerin Rebecca Reusch aus Berlin das Auto von Rebeccas tatverdächtigem Schwager auf der A12 durch die automatische Kennzeichenfahndung Kesy, die die Polizei in Brandenburg seit 2010 nutzt, registriert wurde. Bekannt wurde das, weil die Berliner Polizei in einem öffentlichen Fahndungsaufruf darauf hinwies. Brandenburgs Polizei reagierte verstimmt. „Wir sind stinksauer, dass die Berliner Behörden Details zu der Anlage und zum Standort einfach ausposaunt haben“, sagte ein Sprecher der Brandenburger Polizei seinerzeit den PNN. Straftäter hätten es nun leichter, nicht gefasst zu werden.

Keine Grundlage laut Polizeigesetz

Eigentlicher Hintergrund der Verärgerung auf Brandenburger Seite ist aber womöglich ein anderer: Durch das „Verplappern“ der Berliner Kollegen wurde öffentlich bekannt, dass das Kennzeichen des Schwagers gespeichert wurde, obwohl es dafür gar keine Grundlage laut Polizeigesetz gab. Dieses erlaubt das Erheben von Autodaten, wenn es um die Gefahrenabwehr geht, zum Beispiel wenn bei einer vermissten Person Suizidverdacht besteht. Kennzeichen anderer Fahrzeuge werden gelöscht.

Zudem kann die automatische Kennzeichenerfassung auf Grundlage der Strafprozessordnung auch im Rahmen von Ermittlungsverfahren angewendet werden, wie das Innenministerium in der Antwort auf Nonnemachers Anfrage erläutert. Als das Kennzeichen des Pkw von Rebeccas Schwager erfasst wurde, war aber auch das nicht der Fall. Auf eine Anfrage der Plattform netzpolitik.org erklärte eine Polizeisprecherin nach Angaben des Portals bereits Anfang März: Das Kennzeichen des verdächtigen Fahrzeugs sei zum Erhebungszeitraum nicht im System zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Aber ein Richterbeschluss in einem anderen Strafverfahren habe die Aufzeichnung sämtlicher Kennzeichen erlaubt. Und weil diese Daten schon erhoben und gespeichert waren, hätten sie im Nachhinein abgefragt und nach Berlin übermittelt werden können. Die Brandenburg Polizei sprach laut netzpolitik.org von einem „Beifang“.

Rechtlich "hochproblematisch"

„Das geht gar nicht und ist juristisch hochproblematisch“, so Nonnemacher. Diese Einschätzung teilt auch Clemens Arzt, Rechtswissenschaftler der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Er sehe nicht, „dass Kennzeichendaten zufällig erfasster Bürger aus strafprozessualem Anlass über längere Zeit gespeichert werden dürften“, sagte er gegenüber netzpolitik.org. Weder für die Datenerhebung noch die -speicherung gebe es eine entsprechende Befugnis der Polizei.

Marion Kaufmann

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