Brandenburger Landtag: Gestörtes Klima am letzten Plenartag
Der Brandenburger Landtag bekennt sich zwar zu mehr Umweltschutz, einigt sich aber nicht auf die Ausrufung eines Klimanotstands. Vorangegangen war eine hitzige Debatte über das aktuelle Reizthema.
Potsdam – Das Klima im Brandenburger Landtag ist angespannt. Bei der finalen Plenarsitzung in dieser Legislatur, der letzten Möglichkeit für die Abgeordneten, noch einmal ein passables Bild vor der Landtagswahl am 1. September abzugeben, geht es hitzig zu. Dass man mit dem Thema Klimaschutz in Zeiten der „Fridays for Future“-Demos vor allem junge Wähler gewinnen kann, scheint bei den Fraktionen im Landtag angekommen zu sein. Bei der jüngsten Umfrage des rbb zur Landtagswahl rangieren Umweltschutz und Klimawandel auf Rang drei der Themen, die den Brandenburger besonders wichtig sind – hinter Infrastruktur und Bildung.
Die größte umweltpolitische Kompetenz sehen die Befragten wenig überraschend bei den Grünen (52 Prozent). Diese waren es auch, die das Thema am Freitag mit einem Antrag auf die Tagesordnung der Plenardebatte gehoben haben. Sie forderten unter anderem, dass der Landtag – wie zuvor einige deutsche Städte – den Klimanotstand ausruft und künftig alle Gesetzentwürfe daraufhin prüft, ob sie klimaverträglich sind oder zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen führen. „Die Lage ist ernst. Sehr ernst“, sagte der umweltpolitische Sprecher und Grüne-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Benjamin Raschke. Der vergangene Sommer sei der trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnung gewesen. „Wir rasen von Rekord zu Rekord und verbrennen fossile Brennstoffe, als gäbe es kein Morgen“, sagte Raschke. In Brandenburg seien im Vorjahr 60 Millionen Euro aus der Rücklage für Dürrehilfen gebraucht worden, Tiere hätten notgeschlachtet werden müssen, weil es nicht genügend Futter gegeben habe. „Wir müssen im Landtag anerkennen, dass wir mitten in der Klimakrise stecken und deutlich mehr tun müssen“, forderte er.
Landesregierung schlägt Klimaschutzplan 2030 vor
Aber die große Mehrheit lehnte den Grünen-Antrag ab. „Brandenburg ist kein Notstandsland“, setzte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wolfgang Roick, Raschke entgegen. Der Dürresommer 2018 sei nichts Ungewöhnliches gewesen. Und nicht jeder, der eine andere Meinung zum Klimawandel habe, sei ein Rechtspopulist. „Wir negieren nicht, dass der Klimawandel menschengemacht ist“, so Roick, „aber wir dürfen nicht in Hysterie verfallen, sondern müssen einen klugen Plan entwickeln.“ Rot-Rot will einen Klimaschutzplan 2030 und eine Nachhaltigkeitsprüfung – also auch eine Art Klimacheck – auf den Weg bringen und sich für die zügige Verabschiedung eines Bundesklimaschutzgesetzes einsetzen. Ein entsprechender Antrag wurde am Freitag mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition – anders als der Grünen-Antrag – angenommen. Auch die CDU scheiterte mit einem eigenen Antrag, der für Landtag und Regierung eine Klimafolgenabschätzung und einen jährlichen Bericht zur Entwicklung schädlicher Treibhausgase vorsah. Die Landesregierung müsse aufpassen, nicht ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, erklärte der CDU-Abgeordnete Dieter Dombrowski. So habe Rot-Rot beispielsweise das Azubiticket zunächst abgelehnt, das mehr Menschen zur Nutzung des umweltfreundlicheren ÖPNV bringen sollte. So manche Maßnahme, die dem Klimaschutz dienlich gewesen wäre, sei von Rot-Rot in dieser Legislatur schnöde zurückgewiesen worden.
Menschen müssen Klimapolitik unterstützen
Ministerpräsident Dietmar Woidke und Umweltminister Jörg Vogelsänger (beide SPD) verteidigten hingegen die Klimapolitik der Landesregierung. Besserer Hochwasserschutz durch Deichbau, Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner, der Bäume kahl frisst und so Waldbränden Vorschub leistet, Deponienachsorge und eine Stärkung des ÖPNV – das alles sei ein klares Signal für den Klimaschutz, so Vogelsänger. Brandenburg werde bis 2020 seinen CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 30 Prozent gesenkt haben, erklärte Woidke. Allerdings liege das hauptsächlich an dem flächendeckenden Abbau der ostdeutschen Industrie nach der Wende. Mit dem Blick auf den Strukturwandel in der Lausitz sagte er auch: Klimaschutz und Wirtschaftswachstum dürften nicht unversöhnlich nebeneinander stehen. „Klimadebatten tragen nur, wenn sie auch von den Menschen vor Ort getragen werden.“
Umsetzung von Klimazielen schwierig
Aber diese Debatten müssten geführt werden, betonte der Umweltpolitiker der Linken, Carsten Preuß. Der Kampf gegen den Klimawandel sei eine der zentralen Herausforderungen. „Künftige Generationen werden uns danach beurteilen, ob wir sie bewältigt bekommen“, so Preuß. Das sei erkannt worden, aber die Umsetzung schwierig. „Kein Wunder, dass uns die jüngere Generation Politikversagen vorwirft.“ Am Sonntag ruft die Bewegung „Fridays for Future“, die sich die Schwedin Greta Thunberg zum Vorbild nimmt, zur nächsten Demo für bessere Klimapolitik in Potsdam auf.
Steffen Königer, der kürzlich aus der AfD ausgetreten ist, weil sie ihm zu populistisch geworden sei, betitelte die populäre Schülerin in der Plenardebatte als „halbwüchsige Klimaaktivistin“. Nun würden alle auf den Klimazug aufspringen wollen und in eine Massenpanik verfallen. Thunbergs Thesen fielen im Land der „German Angst“ auf fruchtbaren Boden.
Seine frühere Fraktionskollegin von der AfD, Christina Schade, erklärte ebenfalls, dass der Klimawandel eigentlich gar kein Problem sei – und der Mensch eh nichts tun könne. „Das Klima hat sich schon seit Jahrtausenden immer verändert und verwandelt“, so Schade.
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