Nach der Landtagswahl: Für Senftleben ist die Sache nicht ausgestanden
Rücktrittsforderungen, ein Parteiaustritt: Nach der verheerenden Wahlniederlage der Union rumort es in der Brandenburger CDU. Am Montagabend beriet die Parteispitze. Kann sich Landeschef Ingo Senftleben im Amt halten?
Verhandlungsmandat statt Schlachteplatte: Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben hat nun das offizielle Mandat, in Sondierungsgespräche mit der SPD, aber auch Grünen und Freien Wählern über eine Regierungsbeteiligung der Union zu gehen. „Wir sind verlässliche Verhandlungspartner“, versicherte Senftleben Montagnacht nach einer mehrstündigen Sitzung des Landesvorstandes vor Journalisten in der Potsdamer CDU-Landeszentrale.
Es sei ein sechsköpfiges Verhandlungsteam eingesetzt worden, er sei Verhandlungsführer. Noch ehe die SPD am Donnerstag die Sondierungsgespräche beginnt, und zwar mit der CDU, wollen am Mittwoch nach Worten von Senftleben CDU und Grüne sondieren.
Er hat das schlechteste Ergebnis seit 1990 eingefahren
Bevor Senftleben kurz nach 22 Uhr die Ergebnisse verkündete, war es intern zur Sache gegangen. Denn im Landesvorstand wurde am Tag nach der Landtagswahl die historische Wahlniederlage der CDU ausgewertet. Mit 15,5 Prozent hatte die CDU mit Senftleben, der als Spitzenkandidat die Union zur stärksten Kraft machen und Ministerpräsident werden wollte, stattdessen das schlechteste Ergebnis seit 1990 eingefahren. In der Partei rumort es. So hatte der Landtagsabgeordnete und Oberhavel-Kreischef Frank Bommert noch vor der Sitzung erneut Senftlebens Rücktritt und ein Sondierungsteam unter anderer Führung gefordert. „Nach einem solchen Ergebnis kann man nicht einfach weiter machen“, sagte er. In der Partei sei „Druck auf dem Kessel“. Unter Bundestagsabgeordneten gibt es solche Stimmen. Zudem hat der frühere Landtagsabgeordnete Andreas Gliese seinen Parteiaustritt verkündet. Nach der Sitzung sagte Senftleben, er habe am Rande ein offenes Gespräch mit Bommert geführt. "Wir sind erwachsene Männer."
Arbeitsgruppe soll CDU-Wahlkampf aufarbeiten
Um die Wogen zu glätten, setzte der Parteivorstand eine interne Arbeitsgruppe ein, unter Leitung von Landeschatzmeister Christian Ehler und dem Bundestagsabgeordneten Jens Koeppen, die Versäumnisse im Landtagswahlkampf aufarbeiten soll. Und zwar schonungslos, wie Generalsekretär Steeven Bretz sagte. „Wir haben Fehler gemacht.“
Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe soll dem schon lange für den 16. November angesetzten Landesparteitag vorgelegt werden, auf dem Vorstandswahlen anstehen und nach dem CDU-Fahrplan auch über einen Koalitionsvertrag abgestimmt werden soll. Zum anderen wurde die ursprünglich für Dienstag geplante Wahl des Vorstandes der neuen Landtagsfraktion erst einmal verschoben. Ein weiteres Indiz, dass für Senftleben längst nicht alles ausgestanden ist.
Kramp-Karrenbauer unterstützt Senftleben bei "Kenia"
Senftleben hat aber die Unterstützung der CDU-Bundesspitze, die auf „Kenia“ in Brandenburg setzt: Senftleben habe die volle Rückendeckung des CDU-Präsidiums und des CDU-Vorstandes, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag nach Gremiensitzungen in Berlin. Woidke solle die CDU „als Stimme der Vernunft“ in die Verantwortung einbeziehen. Man habe Senftleben „ermuntert und ermutigt“, dieser Verantwortung gerecht zu werden, um Rot-Rot-Grün zu verhindern. „Für Brandenburg geht es darum, eine stabile Regierung zu gestalten.“
Denn auf der anderen Seite ist die Sorge bei CDU-Verantwortlichen, wie bereits 2014 eine Regierungsbeteiligung der Union zu verpatzen. Der damalige Spitzenkandidat Michael Schierack hatte nicht Minister werden wollen, was für die SPD mit Ministerpräsident Dietmar Woidke der Auslöser für die Neuauflage eines rot-roten Bündnisses war. Jetzt hätte eine "Kenia"-Koalition aus SPD, CDU und Grünen rechnerisch die solideste Mehrheit.
Dombrowski warnt CDU vor Querelen
Noch-Landtagsvizepräsident Dieter Dombrowski, der dem neuen Landtag nicht angehört, seit 27 Jahren Kreischef im Havelland ist, warnte am Montag vor Personalquerelen. „Herr Senftleben ist unser Landesvorsitzender, er hat die Partei umsichtig geführt“, sagte Dombrowski. Es sei klar, dass nach einem solchen Wahlergebnis diskutiert werden müsse, aber intern. Die CDU müsse in der aktuellen Lage zusammenstehen und den Wählerauftrag annehmen. Er verwies darauf, dass es über einen Koalitionsvertrag nach CDU-Beschlusslage ohnehin einen Basis-Entscheid geben werde.
Die SPD will Sondierungsgespräche mit allen Parteien außer der AfD führen, wofür Landeschef Dietmar Woidke am Montag das Mandat vom SPD-Landesvorstand bekam. Die Sondierungen sollen am Donnerstag beginnen, und zwar mit der CDU. Dezidiert wies Woidke darauf hin, dass auch innere Stabilität von Koalitionspartnern wichtig für eine stabile Regierung sei.