Verschuldung nach BER-Desaster: Flughafengesellschaft kann Daten zu Aufträgen in Millionenhöhe nicht vorlegen
Am Freitag tagt der BER-Aufsichtsrat. Es gilt, unangenehme Fragen zu den Finanzen zu beantworten. Außerdem gibt es eine neue Personalie.
Schönefeld - Er gilt ja eher als vorsichtiger Typ – aber inzwischen zeigt sich selbst BER-Chefaufseher Rainer Bretschneider entspannt, dass die Eröffnung des neuen Flughafens am 31.Oktober klappt. „Wir haben lange genug gezittert. Jetzt sind wir auf der Zielgeraden“, sagte Bretschneider am Dienstag.
Unter seiner Leitung tagt am Freitag – einige Wochen vor dem BER–Start – der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB). Auf der Tagesordnung stehen keine Beschlüsse, sondern vor allem Berichte, die Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup zum Start des BER, dem Flugbetrieb und den Finanzdefiziten abgeben wird.
Im Probebetrieb, bei dem im Hauptterminal alle Abläufe geprobt und trainiert werden, traten bisher keine gravierenden Defizite zutage, heißt es. Allerdings dauern Abläufe immer noch zu lange, was sich mit Schilderungen von Komparsen deckt. Die Zeiten werden penibel ausgewertet. Aktuell ist man dem Vernehmen nach im 60-Prozent-Bereich des Zielwertes, wollte aber schon besser sein.
Premiere auf der Brandenburger Bank
Für einen Mann wird es am Freitag eine Premiere: Erstmals wird als Aufsichtsrat der Berliner Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Henner Bunde (CDU) dabei sein – auf der Brandenburger Bank. „Ich freue mich auf die Aufgabe, Brandenburg zu vertreten“, sagte Bunde. Die Kenia-Regierung hat damit erstmals einen Berliner in das Kontrollgremium entsandt.
Der 55-Jährige, der von 2012 bis 2019 Wirtschaftsstaatssekretär in Berlin und Vorsitzender von Aufsichtsräten von Landesfirmen der Hauptstadt war, gilt als kompetent und gut vernetzt. Grünen-Senatorin Ramona Pop hatte Bunde trotz CDU-Parteibuchs einige Jahre als Staatssekretär behalten.
An der ungewöhnlichen Personalie, die vor einigen Wochen still und leise durchs Woidke-Kabinett und vergangene Woche durch die FBB-Gesellschafterversammlung ging, hat in Brandenburg bislang niemand Anstoß genommen. In Kenia-Kreisen war damit gerechnet worden, dass die Opposition Front gegen die Personalie machen wird, die der Tagesspiegel Anfang Juli publik gemacht hat. Im BER-Sonderausschuss gab es danach weder eine Frage an die Regierung zu Bunde, noch Kritik.
Flughafengesellschaft ein Sanierungsfall
Neuer Dauerbrenner bleibt das dramatische FBB-Finanzdefizit. Wie berichtet, ist die Flughafengesellschaft infolge des BER, der fast ein Jahrzehnt verspätet eröffnet, selbst zum Sanierungsfall geworden. In den nächsten Jahren braucht die FBB von den Eignern weitere rund 1,5 Milliarden Euro.
Die Corona-Pandemie hat die Krise verschärft. In der Sitzung wird Lütke Daldrup über die aktuelle Lage und den bisherigen Sparkurs berichten. Ums Eingemachte geht es noch nicht. Der Wirtschaftsplan für 2021, der ohne dreistellige Hilfen Berlins, Brandenburg und des Bundes nicht auskommen wird, soll im Oktober vorliegen und beraten werden.
Die Politik ist alarmiert, zumal auch das FBB-Finanzmanagement Fragen aufwirft. Etwa die nach externen Beratungs- und Untersützungsleistungen seit 2016 und nach 352 Millionen Euro, die im Konzernabschluss 2019 als „Bestellobligo“ aus Investitionsaufträgen und Beraterverträgen aufgeführt sind. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler wollte deshalb wissen, was sich dahinter verbirgt. Das Bundesverkehrsminnisterium antwortete Kindler, dass die FBB eine Auskunft darüber „unter Berufung auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ ablehnt.
FBB das nächste Milliardengrab?
Begründet wird das auch so: „Ferner hat die FBB mitgeteilt, dass bei ihr keine Zusammenstellung der geforderten Informationen vorliege. Diese sei nur mit erheblichem Personal- und Zeitaufwand herzustellen“, heißt es vom Bundesverkehrsministerium. Die FBB gehe dafür von einem Arbeitsaufwand von etwa 150 bis 200 Stunden aus, „da die Informationen in unterschiedlichen Systemen sowie teilweise in nicht systemseitig auswertbaren Datenquellen (z.b. Rechnungsanhängen) vorliegen und daher manuell herausgearbeitet werden müssen.“
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Dass die FBB Daten zu Aufträgen in Millionenhöhe nicht vorlegen kann, weckt nach Worten Kindlers „erhebliche Zweifel an der Rechnungslegung und am internen Controlling des Unternehmens.“ Jedes gut aufgestellte Unternehmen wisse tagesaktuell, wie viel Geld es für welche Leistungen ausgegeben habe. Die Geheimniskrämerei sei für ein Unternehmen, das hunderte Millionen Euro vom Steuerzahler wolle, nicht akzeptabel, sagte Kindler. „Der BER war schon in der Bauphase ein Milliardengrab. Die FBB darf nach der Eröffnung nicht das nächste Milliardengrab werden.“
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