CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann im Interview: "Eine maßlose Verschuldung ist mit der CDU-Fraktion nicht zu machen"
Ein knappes Jahr ist die CDU in der Kenia-Koalition in Brandenburg aktiv. Landesfraktionschef Jan Redmann im Interview über eine erste Bilanz der Regierungsarbeit von SPD, CDU und Grünen.
Herr Redmann, vor einem Jahr liefen in Brandenburg die Koalitionsverhandlungen. Jetzt sind Sie Teil der Regierungskoalition. Was ist ihre Zwischenbilanz?
Ich glaube, dass wir gerade in den Ministerien, in denen wir die Verantwortung tragen, durchaus CDU-Akzente setzen konnte. Im Innenministerium ging es in den letzten Monaten um einen Zuwachs bei der Polizei, um eine neue Ausländerpolitik und eine Taskforce zur Abschiebung von kriminellen Ausländern. In der Justizpolitik hatten wir riesige Berge von Altverfahren, die durch erhebliche Neueinstellungen von Richtern und Staatsanwälten jetzt abgebaut werden. Und im Infrastrukturministerium haben wir mit dem Zukunftsinvestitionsfonds jetzt die Möglichkeit geschaffen, die Straßen und Schienen so auszubauen, wie wir uns das gewünscht haben: Dass die ländlichen Regionen besser an Berlin angebunden werden. Das ist für ein Jahr Regierungsbeteiligung eine Bilanz, die sich durchaus sehen lassen kann.
Von außen hat man trotzdem oft den Eindruck, die CDU-Minister kaum wahrzunehmen...
Für mich ist die Sache das Entscheidende. Was wir den Wählern in Aussicht gestellt haben, daran arbeiten wir und setzen es um. Im Übrigen teile ich den Eindruck nicht: Ich nehme Michael Stübgen als aktiven Innenminister wahr, auch in der Corona-Pandemie oder in der Bekämpfung der afrikanischen Schweinepest-Krise, woran sein Haus jeweils beteiligt ist.
Heute vor einem Jahr haben wir Journalisten geschrieben, dass es in der CDU-Fraktion eine Gruppe von Abgeordneten rund um Saskia Ludwig gibt, die der Fraktion perspektivisch Probleme machen könnten. Gibt es diese Gruppe noch?
Ich hätte diese Beschreibung schon vor einem Jahr nicht geteilt. Ich habe eher den Eindruck, dass wir uns als CDU-Fraktion in dieser Legislaturperiode sehr gut gefunden haben, dass wir sehr kollegial miteinander zusammenarbeiten und sich jeder bewusst ist, vor welcher Aufgabe wir heute stehen. Und wenn ich mir die Fraktionssitzungen so anschaue, die wir hier wöchentlich durchführen, dann sind die sehr von diesem kollegialen Geist geprägt.
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Welche Rolle spielt das Doppelmandat von Frau Dr. Ludwig, die ja sowohl Landtags- als auch Bundestagsabgeordnete ist, für die praktische Arbeit in der Fraktion?
Für die Arbeit in der Fraktion insgesamt spielt das sicher eine untergeordnete Rolle. Es ist aber schon so, dass das Doppelmandat Einfluss auf die Arbeit von Saskia Ludwig selbst hat, weil sie dadurch eine Vielzahl von Terminen sowohl in Berlin als auch in Potsdam hat, und oft unter großem zeitlichen Druck steht. Schon dadurch wird deutlich, dass so etwas auf Dauer sicher nicht funktionieren kann.
Gehen Sie davon aus, dass sie das Mandat in Potsdam niederlegt, wenn sie im kommenden Jahr gewählt werden sollte?
Das müssen Sie Saskia Ludwig fragen.
Aber was ist die Meinung ihres Fraktionschefs dazu?
Ich halte es für besser, sich auf ein Mandat zu konzentrieren und das dann mit ganzer Kraft auszufüllen.
Sie sind ein Abgeordneter aus dem Norden Brandenburg - für Ostprignitz-Ruppin und einen Teil des Kreises Prignitz. In Ihrem Wahlkreis könnte ein Atommüllendlager entstehen...
Richtig ist, dass es jetzt einen Bericht einer Findungskommission gibt, die in halb Deutschland geeignete Gesteinsformationen für so ein Endlager entdeckt hat - unter anderem auch im Norden Brandenburgs. Ich glaube, dass die Prignitz von dieser Situation zunächst einmal sehr profitiert und zuallererst ein Interesse an einem sicheren Atommüllendlager haben muss: Denn wir liegen ja in der unmittelbaren Nachbarschaft eines nicht dauerhaft sicheren Zwischenlagers, nämlich Gorleben. Das ist von Wittenberge nur wenige Kilometer entfernt. Insofern liegt es im höchst eigenen Sicherheitsinteresse der Prignitz, dass wir möglichst bald zu einem sicheren Endlager kommen. Und da müssen aus meiner Sicht vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse eine Rolle spielen: Wir suchen den sichersten Standort.
Und wenn der nun in Brandenburg liegt? Was dann?
Wenn am Ende tatsächlich mehrere Standorte als gleichermaßen geeignet in Betracht kommen sollten, dann sollte man im Gedächtnis haben, dass Brandenburg schon sehr hohe Lasten der Energieversorgung Deutschlands trägt - im Süden durch die Tagebaue und die Rekultivierung und im Norden durch die Windkraft. Da gibt es andere Länder, die sich bisher deutlich mehr zurückgehalten haben.
Aber was würde passieren, wenn Brandenburg den Zuschlag erhielte?
Der Zuschlag wird ja erst in zehn Jahren erteilt, frühestens. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in einer Art und Weise geschieht, die einer Region das Endlager gegen ihren Willen aufdrückt. In Skandinavien haben sich mehrere Regionen um das Endlager sogar beworben, weil damit erhebliche Investitionen in die jeweilige Region einhergingen. So ein Verfahren wäre auch für Deutschland gar nicht schlecht.
Ein anderes Thema: Die Koalition hat heute schon mehr Kredite aufgenommen, als man sich vor einem Jahr in seinen kühnsten Alpträumen vorstellen konnte. Wo will die Koalition künftig sparen?
Brandenburg hat in der Corona-Krise die nötigen Mittel bereitgestellt, und das ist auch richtig so. Wir haben ja genau deswegen in der Verfassung eine Regelung für außergewöhnliche Notlagen. In der Situation muss ein Staat handlungsfähig sein, Krankenhäuser unterstützen und Menschen helfen, die kurzfristig nicht zur Arbeit gehen können. Entscheidend ist aus meiner Sicht gar nicht so sehr das Jahr 2021. Entscheidend sind die Jahre 2022 und 2023. Da wird die Koalition unter Beweis stellen müssen, dass sie auch zum Sparen in der Lage ist. Eine maßlose Verschuldung ist mit der CDU-Fraktion nicht zu machen. Ende der Durchsage.
Wo können Sie sich denn Sparmaßnahmen vorstellen? Wo wollen Sie ran?
Es wird nicht die eine Position geben, in der man die Mittel einsparen kann. Wir müssen zunächst einmal ehrlich sein, was unseren Koalitionsvertrag angeht, und abhängig von der konjunkturellen Lage bewerten, ob und wann wir die verschiedenen Vorhaben noch leisten können. Wir müssen aber auch stark differenzieren zwischen Dingen, die wirklich für die Zukunft nötig sind: Schiene und Straße, Wissenschaft, Bildung, Digitalisierung. Das sind Bereiche, in denen man nicht sparen kann, ohne sich auch durch das Einsparen an der nächsten Generationen zu versündigen. Wir müssen hingegen in den konsumptiven Bereichen, also bei den Stellen in der Verwaltung zum Beispiel, gucken, wie und ob man da mit weniger auskommen kann. Ich finde deswegen das Konzept der Justizministerin sehr klug: Sie hat jetzt Stellen für Richter und Staatsanwälte eingerichtet, im Wissen darum, dass einige Stellen wieder wegfallen, wenn die Alterspyramide in Ordnung ist und Rückstände abgebaut sind.
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Ein Zukunftsthema haben Sie nicht genannt - nämlich den Umwelt- und den Klimaschutz. Oder ist das aus Sicht der CDU gar kein Zukunftsthema?
Der Umwelt- und der Klimaschutz sind Zukunftsthemen. Es gibt sicher noch eine ganze Reihe weiterer Themen, die ich nicht genannt habe. Auch wir Christdemokraten stehen zu den Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens, die Deutschland eingegangen ist, und aus denen sich dann Verpflichtungen für Deutschland ergeben. Der Braunkohleausstieg in der Lausitz ist eine ganz wesentliche Maßnahme, die Brandenburg eingegangen ist - da müssen wir uns nicht verstecken.
In der letzten Legislaturperiode haben Sie zusammen mit den Grünen gegen die SPD gekämpft. Wie sieht das jetzt eigentlich in der Koalition aus? Können Sie die SPD in die Zange nehmen?
Wir drei Partner versuchen natürlich die Ziele dieser Koalition umzusetzen und arbeiten da kollegial und auf Augenhöhe miteinander zusammen. Möglicherweise war es in der Vergangenheit aber so, dass es ein größeres Gefälle zwischen der SPD und dem dann jeweils kleineren Partner gab. Hier gibt es jetzt zwei kleinere Partner, die durchaus harmonisch kooperieren - und das gibt dann insgesamt ein besseres Gleichgewicht in der Koalition. Nach einem Jahr bin ich mit der Arithmetik unserer Koalition jedenfalls zufrieden.
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