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Wer blickt noch durch? Den Überblick über die Kitagebühren in Brandenburg zu behalten, ist angesichts der aktuellen Rechtslage schwierig. Teilweise unterscheiden sich selbst innerhalb von Landkreisen die Kosten, die Eltern zahlen müssen, enorm.
© Thilo Rueckeis

Kitagebühren: Durchblick beim Brandenburger Kita-Chaos behalten

Kita-Chaos: In Brandenburg gibt es Verunsicherung über die richtige Berechnung der Elternbeiträge. Die PNN geben einen Überblick.

Potsdam - Das Bildungsministerium und die Stadt Potsdam streiten sich wie berichtet aktuell um die Frage, wie die Kita-Elternbeiträge korrekt berechnet werden müssen. Die von der Stadt für alle privaten Kitaträger empfohlene Beitragstabelle zieht als Berechnungsgrundlage auch den Durchschnittswert der Betriebskosten aller Kitas der Stadt heran. Das Ministerium findet es unzulässig, den Beitragshöchstsatz für die Eltern auf Basis der durchschnittlichen Betriebskosten aller Kitas einer Stadt zu bilden. Denn damit bestehe die Gefahr, dass Kitaträger, deren Einrichtungen niedrigere Betriebskosten haben, höhere Elternbeiträge erheben als im Verhältnis zu den Kosten erlaubt. Nicht nur in Potsdam gibt es Verwirrung und Streit wegen Kitagebühren.

Wie werden Kitas in Brandenburg überhaupt finanziert?

Das System der Kitafinanzierung ist komplex. Die gesetzlichen Grundlagen für die Finanzierung finden sich in den Paragrafen 15 bis 17 des Brandenburgischen Kindertagesstättengesetzes (KitaG). „Die Anwendung dieser Regelungen erweist sich in der Praxis oftmals als schwierig und streitanfällig“, schreibt der Berliner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Christoph Baum, schon 2015 in seiner Auslegungshilfe für Kita-Träger, die auf der Internetseite des Bildungsministeriums nachzulesen ist. In Brandenburg liegt die Finanzierung der Kitas in gemeinsamer Verantwortung, wie das Kitagesetz ausführt, nämlich in der des Landes, der Landkreise beziehungsweise. kreisfreien Städte als überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Kommunen. Die Kommunen haben zunächst die Verantwortung zur Sicherstellung der Kindertagesbetreuung, weil Kinderbetreuung Teil der Daseinsvorsorge ist. Jede Kommune ist nicht nur dafür verantwortlich, ausreichend Plätze zu schaffen, sondern sich auch an den Kosten der Qualitätssicherung der Kindertagesbetreuung zu beteiligen. Dabei bezuschusst das Land die Kosten für das notwendige pädagogische Personal mit durchschnittlich 85 Prozent, welches über die Landkreise beziehungsweise. kreisfreien Städte an die Träger der Einrichtungen weiterzuleiten ist. Weitere Sachkosten wie etwa für Fortbildungen sind von den kreisfreien Städten und den Gemeinden aufzubringen.

Warum sind die Kitagebühren so unterschiedlich?

Eben weil das Land nicht die Hoheit über die Kitas hat, sondern diese in der Zuständigkeit der Kommunen liegen. So kommen auch innerhalb eines Landkreises zum Teil sehr unterschiedliche Gebührenhöhen zustande. Dieser Umstand war der Anlass für Eltern aus Oberhavel, vor vier Jahren eine landesweite Initiative zu gründen, die sich für eine Vereinheitlichung der Kitagebühren und perspektivisch für deren Abschaffung einsetzte. Mit Erfolg: Das letzte Kitajahr vor der Einschulung ist bereits beitragsfrei. Langfristig will Rot-Rot die Beiträge komplett abschaffen. Einige Kommunen wittern hinter dem aktuellen Potsdamer Streit deshalb auch Kalkül des Landes: Die Elternbeiträge sinken, wenn niedrigere Betriebskosten bei der Berechnung angesetzt werden. Wenn das Land dann den Kommunen bei Abschaffung der Elternbeiträge diese kompensieren muss, könnte das Land Millionenbeiträge sparen.

Die Eltern sind dabei nicht zwangsläufig auf Seite der Kommunen. Der Landeselternrat hatte sich bereits im Februar zu der Problematik geäußert – und sieht die Kommunen in der Pflicht. „Als Landeselternbeirat wünschen wir uns rechtssichere Satzungen in ganz Brandenburg“, sagte die Sprecherin Catharina Kahl. Aus Sicht der Eltern sei das bestehende Landesrecht, was etwa die Einbeziehung von Grundstückskosten betreffe, eindeutig: diese sei nicht möglich. Die Kommunen müssten deshalb bestehendes Landesrecht umsetzen und die Rechte der Eltern stärken.

Warum wird das Kitagesetz nicht novelliert, wenn es so kompliziert ist?

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hat angekündigt, das Gesetz novellieren zu wollen – aber nicht mehr in dieser Legislatur. Vor der Landtagswahl am 1. September sei das nicht mehr umzusetzen – zumal das Kitagesetz etwa bei Einführung einer weiteren Beitragsfreiheit ohnehin noch einmal angefasst werden muss.

Wie ist die Lage in anderen Kommunen?

Landauf, landab gibt es Streit um die Kitagebühren. Aus Potsdamer Sicht ist besonders ein Blick auf andere kreisfreie Städte interessant, da sie wie Potsdam eine Doppelfunktion als Kommune und Landkreis erfüllen. Heiß her im Gebührenstreit geht es vor allem im von der CDU regierten Cottbus, das bei der Erhebung der Beiträge ähnlich vorgegangen ist wie Potsdam. Der Unterschied zwischen Potsdam und Cottbus: Die Lausitzstadt betreibt anders als Potsdam auch kommunale Kitas. Nun hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Cottbus mit seinem Urteil vom 28. März die Kita-Gebührensatzung der Stadt Cottbus für teilweise unwirksam erklärt. Insgesamt hatten sich sieben Familien im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen die Satzung gewandt. Die Anträge von sechs Familien hat das OVG als unzulässig zurückgewiesen. Diese seien von der Satzung nicht betroffen, weil ihre Kinder Betreuungseinrichtungen freier Träger besuchten, für die die Satzung der Stadt mangels Regelung weder unmittelbar noch mittelbar gelte. Auf den Antrag der Familie, deren Tochter einen Hort in Trägerschaft der Stadt besucht, hat das Gericht die betreffende Gebührentabelle für unwirksam erklärt. Die Stadt habe bei der zugrunde liegenden Kalkulation nicht beachtet, dass die im Kitagesetz vorgesehenen Zuschüsse, die der örtliche Jugendhilfeträger an die Kitaträger zu den Personalkosten zu zahlen hat, nicht umlagefähig und daher bei der Gebührenkalkulation in Abzug zu bringen seien. Das gelte auch dann, wenn der öffentliche Jugendhilfeträger als kreisfreie Stadt die Einrichtung selbst betreibe. Eine entsprechende Klarstellung habe der Landesgesetzgeber in die bis zum Ablauf des Kitajahres 2019/2020 umzusetzende Neufassung der Regelung über die Bemessung der Elternbeiträge eingefügt. Materiell ergebe sich die Verpflichtung auch schon aus der geltenden Gesetzesfassung. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die Stadt Cottbus hat nun eine Servicestelle für Eltern eingerichtet, die Fragen zu den Gebühren beantworten soll. Diese hoffen, dass die Stadt nach diesem Urteil zu viel erhobene Gebühren zurückzahlt. Dafür setzt sich auch die Linke vor Ort ein.

Auch in Brandenburg an der Havel droht wie in Potsdam Beitragschaos. Wie in der Landeshauptstadt wurden bei den Betriebskosten der Durchschnitt aller Kitas gebildet und der Betrag dann entsprechend umgelegt, die Satzung müsste also überarbeitet werden. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und Brandenburgs Stadtoberhaupt Steffen Scheller (CDU) sind im Austausch über das Problem.

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