Konsequenzen aus NSU-Skandal: Das steht in Brandenburgs neuem Verfassungsschutzgesetz
Die Landesregierung will den Verfassungsschutz strenger kontrollieren und stockt die Behörde um 37 Stellen auf. V-Leute soll es weiterhin geben, sie bekommen aber einen neuen Namen.
Potsdam - Brandenburgs Verfassungsschutz soll künftig stärker vom Parlament kontrolliert werden und erstmals eine weisungsfreie Innenrevision erhalten, aber weiter mit V-Leuten arbeiten dürfen. Die heißen in Brandenburg künftig allerdings „verdeckte Informationsgebende“, was bundesweit ein Novum sein dürfte. Das geht aus dem rot-roten Gesetzentwurf für die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes hervor, auf den sich SPD und Linke nach langen Auseinandersetzungen in der Koalition wenige Monate vor der Landtagswahl am 1. September doch noch einigen konnten. Nach Auskunft von Staatskanzleichef Martin Gorholt soll das Gesetz im Juni das Parlament passieren. Am Dienstag wird die Vorlage im Kabinett und bei den Fraktionen besprochen.
Verankert ist auch eine Whistleblower-Regelung
Nach dem den PNN vorliegenden 56-Seiten-Entwurf, mit dem Konsequenzen aus dem NSU-Skandal gezogen werden, wird es erstmals eine Whistleblower-Regelung geben. Verfassungsschützer werden sich „ohne Einhaltung des Dienstweges an die Parlamentarische Kontrollkommission im Landtag wenden können, um aus ihrer Sicht bestehende Missstände ansprechen zu können, ohne deswegen Sanktionen befürchten zu müssen“.
Der Konflikt war noch härter als jener um die künftigen Befugnisse der Polizei im Land, da Teile der Linken den Verfassungsschutz am liebsten abschaffen würden. Mit der Novelle – und einer parallelen Personal-Aufstockung um 37 auf 120 Stellen – wird der Inlandsgeheimdienst nun gestärkt, worauf SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter lange hingearbeitet hatte. Er hatte den Verfassungsschutz bereits im Alleingang zunächst durch 27 Versetzungen aus seinem Ressort provisorisch aufgestockt. Nun werden es regulär 37 Stellen mehr, also insgesamt 130.
Ungewöhnliches Verfahren
Damit das neue Gesetz noch rechtzeitig vor Ende der Wahlperiode beschlossen werden kann, wird ein ungewöhnliches Verfahren praktiziert: Das Kabinett wird den Koalitionsfraktionen „eine abgestimmte Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf“ liefern, wie es in der Besprechungsunterlage für das Kabinett heißt. Brandenburgs veraltetes Verfassungsschutzgesetz aus dem Jahr 1993 wird erst zum dritten Mal überhaupt angepasst.
Durch die Änderungen soll insbesondere die bislang eher zahnlose Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages, eine Erkenntnis des NSU-Untersuchungs-Ausschusses, deutlich gestärkt werden. Und zwar durch die erweiterten Auskunftspflichten der Regierung, das neue Recht, Sachverständige zu beauftragen und einen neuen hauptamtlichen Ständigen Verfassungsschutzbevollmächtigten der PKK (Besoldungsstufe B2), der beim Verfassungsschutz „regelmäßige und einzelfallbezogen Untersuchungen“ vornehmen darf. „Alle diese Ansätze sind geeignet, die Kontrollintensität gegenüber der Verfassungsschutzbehörde maßgeblich zu erhöhen“, heißt es.
Bei den geheimdienstlichen Befugnissen wird Brandenburgs Verfassungsschutz weiter hinter dem anderer Bundesländer zurück bleiben, was Schröter mit Blick auf wachsende Terrorgefahren ändern wollte. Das ging den Linken zu weit. Nun soll dem Verfassungsschutz zumindest der Einsatz von IMSI-Catchern erlaubt werden. Diese werden benutzt, um den Standort von Mobilfunkgeräten zu orten. Zum anderen soll sich der Verfassungsschutz im Internet unter fiktiven Identitäten bewegen dürfen.
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