Sachverständige sprechen im Kulturausschuss: Brandenburger Hohenzollern-Experten im Bundestag
Der Kulturausschuss berät am Mittwoch Restitutionsforderungen der Hohenzollern und hört auch Brandenburger Sachverständige. Zwei renommierte Historiker fehlen aber.
Berlin/Potsdam - Im Streit um die Entschädigung der Hohenzollern beginnt am Mittwoch eine neue Runde. Der Bundestag-Kulturausschuss hat sieben Sachverständige zu der Frage geladen, wie der Staat mit den Entschädigungsforderungen der Nachfahren des letzten Herrscherhauses umgehen soll. Sie waren nach 1945 in Ostdeutschland enteignet worden.
Inwieweit sich das deutsche Parlament in die Verhandlungen der Kulturstaatsministerin und der Länder Berlin und Brandenburg mit den Erben einmischen soll, ist umstritten. Die Linke fordert ein Ende der Gespräche, die Grünen wollen einen historischen Schuldspruch des Bundestages. Union und SPD lehnen das ab.
Die klare Haltung von zwei der Experten ist bekannt, weil sie Gerichtsgutachten dazu verfasst haben: Die Historiker Stephan Malinowski (geladen von den Grünen) und Peter Brandt (geladen von der Linken) sind der Meinung, die Hohenzollern hätten dem NS-Regime „erheblichen Vorschub geleistet“. Sofern dieses Kriterium erfüllt ist, muss der Staat laut Gesetz keine Entschädigung zahlen.
Zwei renommierte Historiker fehlen
Weniger bekannt sind die Thesen des von der Union geladenen Theologen Benjamin Hasselhorn. Er argumentiert, die Abschaffung der Monarchie habe Deutschland damals geschwächt, auch deshalb, weil Kaiser Wilhelm II. versagt habe. Erstaunlicherweise fehlen die zwei renommierten Historiker, die in ihren Gutachten die Hohenzollern und Kronprinz Wilhelm gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, sie hätten das Entstehen der NS-Herrschaft begünstigt. Christopher Clark schildert ihn als einflusslosen Versager, Wolfram Pyta als einen Akteur, der Hitler unterstützte, weil er ihn eigentlich verhindern wollte. Pytas sophistische These hat viel Widerspruch provoziert.
CDU und CSU wollen zudem von den Rechtsanwälten Marc Laudien und Hartmut Scheidmann erfahren, wie die Ausnahmeklausel des Ausgleichsleistungsgesetzes („erheblich Vorschub geleistet“) zu interpretieren ist. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht schon vor Jahren eine wichtige Entscheidung getroffen.
Wohin neigt die SPD?
Die SPD hat die Wirtschaftshistorikerin Stefanie Middendorf vom in Potsdam ansässigen Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) und Christoph Martin Vogtherr von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten auf die Liste gesetzt. Die Sozialdemokraten neigen dem Urteil zu, die Hohenzollern hätten den Nationalsozialismus gefördert, wollen die Entscheidung aber nicht dem Bundestag aufbürden. Sie erwarten Auskunft über den Umgang der Hohenzollern mit Thesen über sie: Die Erben der Preußen-Herrscher hatten Medien und Historiker mit Unterlassungsbegehren überzogen.
Der Codirektor des ZZF, Martin Sabrow, warf ihnen in einem offenen, in den PNN veröffentlichten Brief im Dezember eine „Unkultur der Einschüchterung“ vor, die die Freiheit der Wissenschaft angreife.
Auch deshalb hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) kürzlich gesagt, sie sehe die Hoffnungen auf eine faire und konsensuale Lösung schwinden. Ob der Verzicht der Hohenzollern auf die einstweilige Verfügung gegen einen ZZF-Historiker nun eine neue Praxis einläutet, ist noch offen.
Berliner Grüne forderten Rückzug aus Vergleichsverhandlungen
Die Berliner Grünen hatten vor einer Woche den sofortigen Rückzug Berlins aus den Vergleichsverhandlungen der öffentlichen Hand mit den Hohenzollern gefordert. Wenn die Kulturverwaltung die als vertraulich deklarierten Vergleichsgespräche fortsetze, „tut sie das gegen den ausdrücklichen Willen von uns Grünen und ohne das Mandat der Koalition“, hatte der Abgeordnete Daniel Wesener erklärt. Die Grünen lehnen nach seinen Worten „sämtliche Forderungen der Hohenzollern nach Entschädigung oder Restitution von Kunstgegenständen aus öffentlichen Sammlungen“ ab.
Brandenburgs Linke hatte kurz vor der Landtagswahl am 1. September eine Volksinitiative „Keine Geschenke den Hohenzollern“ gestartet. Die Partei wendet sich damit an den Bundestag und die Landesparlamente von Berlin und Brandenburg. Die Linke fordert die Abgeordneten auf, „keine Verfälschung der historischen Realität zuzulassen und die Ablehnung von Entschädigungen mit der unwiderlegbaren Verstrickung der Hohenzollern mit dem Naziregime zu begründen“ sowie alle Hohenzollern-Forderungen nach Herausgabe von Kunstwerken und Ausstellungsstücken aus den öffentlichen Museen abzulehnen. (Mitarbeit Marion Kaufmann)
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