Schulen in Brandenburg: Bildungsministerin Britta Ernst will Lehrerpranger der AfD prüfen
Noch in dieser Woche will die Brandenburger AfD-Fraktion ihre heftig umstrittene Meldeplattform für kritische Lehrer ins Internet stellen. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) ist alarmiert und kündigt gegenüber den PNN eine rechtliche Prüfung des Portals an.
Potsdam - Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) will rechtliche Schritte gegen den Lehrer-Pranger der AfD prüfen, sobald die Plattform online ist. „Das ist ein Angriff auf den Schulfrieden“, sagte Ernst in einem PNN-Interview. „Gerade in den ostdeutschen Bundesländern fühlen sich viele dabei zu Recht an Stasi-Überprüfungsmethoden erinnert.“ Lehrer, die auf der geplanten Internetseite als AfD-Kritiker angeprangert werden, würden unterstützt, auch durch Rechtsschutz, erklärte Ernst.
Portal soll diese Woche online gehen
Die Brandenburger AfD-Fraktion will das Internetportal, auf dem Schüler und Eltern Lehrer melden sollen, die sich abfällig über die AfD äußern, noch in dieser Woche ins Netz stellen. Das kündigte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Steffen Königer, am Dienstag vor Journalisten im Landtag an. „An wen soll sich ein Schüler wenden, wenn er linke Lehrer hat, wenn nicht an die AfD?“, so Königer. Er fordere eine „neutrale Schule“. Von AfD-nahen Lehrern, die gegen das Neutralitätsgebot im Unterricht verstoßen, habe er noch nie gehört.
Auch die Landtagspräsidentin kritisiert das Vorhaben der AfD
Die Partei plant außer in Schleswig-Holstein in allen Bundesländern Beschwerdeportale. Vergangene Woche hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder die Einrichtung von Meldeseiten gegen missliebige Lehrer scharf kritisiert und von einer „Vergiftung des Schulklimas“ gesprochen. Brandenburgs Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) warnte am Dienstag vor einer Zweckentfremdung öffentlicher Mittel durch Rechtspopulisten. Sie habe erhebliche Zweifel, dass eine Verwendung von Fraktionsmitteln für das Portal durch das Fraktionsgesetz gedeckt wäre. Über eine mögliche Rückforderung solcher Mittel von der AfD-Fraktion könne jedoch erst nach einer Prüfung der Vorgänge entschieden werden. Auch die Grünen im Landtag kündigten eine „kritische Prüfung“ der Plattform an. Ihre Fraktion werde Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge einschalten, sollten Namen von Lehrern im Internet genannt werden, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Nonnemacher. „Lebhafte politische Debatten an Schulen gehören zur Demokratie“, so Nonnemacher. Die AfD kreiere hier einen „Opfermythos“. Mit dem Portal werde eine Linie in der politischen Debatte überschritten, „die zu Denunziation führt“, sagte Linksfraktionschef Ralf Christoffers. „Die AfD wäre gut beraten, von dem Projekt Abstand zu nehmen“, sagte der Fraktionschef der CDU, Ingo Senftleben. „Wir wünschen uns keine unpolitischen Schulen, sondern lebhafte Debatten“, so Senftleben. Lehrer dürften nicht unter Generalverdacht gestellt werden, ihre private politische Anschauung in den Unterricht hineinzutragen.
Ernst erwägt Ausweitung des Politikunterrichts
„Brandenburgs Schulen indoktrinieren nicht“, betonte auch Ministerin Ernst. Um den Schülern mehr Raum für politische Debatten zu geben, denke sie darüber nach, den Politikunterricht auszuweiten. „Es geht aber nicht nur um klassischen Politikunterricht, sondern auch um Podiumsdiskussionen und um den Besuch außerschulischer Lernorte“, sagte die Ministerin. Wenn Elternhäuser bestimmte politische Ansichten vertreten, ginge das auch an den Kindern nicht spurlos vorüber. Die jüngst vom Ministerium vorgestellte Brandenburger Jugendstudie kam zu dem Ergebnis, dass Zwölf- bis 14-Jährige im Land wieder empfänglicher für Rechtsextremismus sind. Schule habe einen „Bildungsauftrag für Demokratie“.
Osterfahrung Mitgrund für Erstarken der AfD?
Zum Erstarken der rechtspopulistischen AfD, die in Brandenburg derzeit mit der SPD gleichauf bei 23 Prozent liegt, sagte Ernst: „Im Osten Deutschlands haben die Menschen kürzere Erfahrungen mit Demokratie. Das Aushalten von Unterschiedlichkeit ist noch nicht so eingeübt.“ Sie vermute, dass das einer der Gründe für das Ost-West-Gefälle beim Abschneiden der AfD sei. (mit Thorsten Metzner, Sabine Schicketanz, epd)
Marion Kaufmann