Wildschweinplage in Stahnsdorf: Brandenburg will Bogenjagd erlauben
Stahnsdorf wird die bundesweit erste Gemeinde, die Wildschweine mit Pfeil und Bogen jagen darf: Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) will nun eine Ausnahmegenehmigung erteilen.
Potsdam / Stahnsdorf - In Brandenburg dürfen Wildschweine in Ortschaften künftig mit Pfeil und Bogen gejagt werden, um der zunehmenden Plage zu begegnen. Agrar- und Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) bestätigte am Freitag den Potsdamer Neuesten Nachrichten, dass die für die Bogenjagd nötige Ausnahmegenehmigung für die Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow in Kürze erteilt werden soll. Es sind die ersten Gemeinden bundesweit, in denen die Jagd mit Pfeil und Bogen dann erlaubt ist.
Minister: "Tierschutz muss beachtet werden"
"Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, um die Situation vor Ort zu entschärfen. Und das wäre eine Möglichkeit“, sagte Vogelsänger. „Wir sind in der Endphase der Prüfungen.“ Der Minister wies darauf hin, dass das Bundesjagdgesetz eine Jagd mit Pfeil und Bogen zwar nicht ausdrücklich vorsehe, „aber Ausnahmeregelungen durch die Länder zulässt“.
Er fügte hinzu: „Natürlich muss dabei auch der Tierschutz beachtet werden, so dass die Genehmigung für eine Jagd von Wildschweinen mit Pfeil und Bogen mit einer wissenschaftlichen Begleitung verbunden sein muss.“
Rotten ziehen tagsüber durch Kleinmachnow
In Dörfern Brandenburgs, meist um Berlin, sind Wildschweine in jüngster Zeit zu einer echten Plage geworden. Rotten, die durch Kleinmachnow ziehen, oder der Einfall eines Wildschweins in einen Friseursalon in Stahnsdorf hatten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.
Stahnsdorf hatte daher die Bogenjagd beim Minishttps://www.pnn.de/themen/stahnsdorf/terium beantragt – vor allem, weil ein klassischer Abschuss in bewohnten Bereichen viel zu gefährlich wäre.
Bundesministerium: Bogenjagd-Verbot bleibt
Mit der Bogenjagd-Erlaubnis stellt sich Brandenburgs Agrar- und Umweltminister Vogelsänger gegen das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Führung von Julia Klöckner (CDU). Erst am Freitag hatte das Bundesministerium betont, es halte an einem bundesweiten Bogenjagd-Verbot fest. Wie die „Augsburger Allgemeine“ berichtete, sehe das Ministerium „derzeit keinen Änderungsbedarf an den bestehenden Regelungen“. Damit reagierte Klöckners Ministerium auf einen Vorstoß von Stahnsdorf; die Gemeinde habe Kontakt zum Bundesministerium aufgenommen, „um die Gesetzeslage hinsichtlich ergänzender Bogenjagd zu ändern“, hieß es.
Nicht mehr als "unvermeidbare Schmerzen" erlaubt
Als Begründung für sein Nein zur Bogenjagd führt das Bundeslandwirtschaftsministerium den Tierschutz an. Laut Tierschutzgesetz dürften Wirbeltiere nur getötet werden, „wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen“, so das Klöckner-Ministerium. Der Schuss mit Pfeil und Bogen stelle keine Jagdausübung nach waid- und tierschutzgerechten Grundsätzen dar.
Außerdem dürfte ein mit dem Pfeil erlegtes Wildschwein nach lebensmittelhygienerechtlichen Vorschriften nicht gegessen werden. Dennoch ist die Bogenjagd in Frankreich, Spanien, Nordamerika und Australien erlaubt.
Dass Brandenburg trotz Klöckner-Veto die Bogenjagd erlaubt, geht auf den Ausnahmepassus im Bundesjagdgesetz zurück. Dort sei geregelt, dass das Pfeil-und-Bogen-Verbot örtlich zeitweise eingeschränkt werden kann – zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, sagte Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB) den PNN.
(mit dpa)