Stadt plant die Potsdamer Mitte weiter: Bis ins letzte Detail
Die Stadt will die Vorgaben zur weiteren Gestaltung der Potsdamer Mitte deutlich verschärfen – auch um sich Ärger wie mit Investor Abris Lelbach zu ersparen. Das Ergebnis des Bürgerbegehrens will sie nicht abwarten.
Potsdam - Angesichts der Probleme bei der Bebauung der Brauerstraße an der Alten Fahrt will die Stadt ihren Einfluss auf die Gestaltung der Potsdamer Mitte erhöhen. Dafür sollen die Vorgaben für private Investoren verschärft werden, wie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Donnerstag ankündigte. Unter anderem sollen die stadteigenen Grundstücke rund um den Alten Markt künftig erst dann verkauft werden, wenn die Verwaltung über den Bauantrag entschieden hat – die Bauplanung also bis ins letzte Detail abgenommen wurde. So soll vermieden werden, dass ein Investor nach dem Kauf noch seine Pläne ändert – wie nun an der Brauerstraße durch Investor Abris Lelbach geschehen. Man habe aus der Vergabe der Grundstücke an der Alten Fahrt gelernt, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Donnerstag. „Wir wollen Vorgaben machen und unmittelbaren Einfluss nehmen.“
Die strengeren Regeln, die die Verwaltung nun den Stadtverordneten vorlegen will, beziehen sich auf die zwei neuen Karrees, die das alte Fachhochschulgebäude ersetzen sollen. Zwischen Altem Markt, Friedrich-Ebert-Straße und Am Kanal sind zwei Quartiere vorgesehen, die wie früher durch die Schwertfegerstraße getrennt werden sollen. Die Grundrisse der geplanten Gebäude sollen sich an jenen der historischen Potsdamer Mitte orientieren – also eine kleinteilige Bebauung, die auch deutlich näher an die Friedrich-Ebert-Straße heranrückt als jetzt die Fachhochschule. Zum Teil sind auch historische Häuserfronten, sogenannte Leitfassaden, vorgesehen, wie bereits jetzt bei den Palazzi Chiericati und Pompei an der Alten Fahrt. Andere Gebäude sollen lediglich an das historische Antlitz erinnern, wieder andere können relativ frei und modern gestaltet werden. Wo welche Gebäude stehen sollen und welche davon mehr oder weniger historische Fassaden haben sollen, ist seit der Verabschiedung des Leitbautenkonzepts für die Potsdamer Mitte 2010 beschlossene Sache. Allerdings werde es nun konkret, weil es einen definitiven Termin für den Abriss des Fachhochschulgebäudes gebe, so Jakobs. Ende 2017 soll es leergezogen sein.
Auch das Vergabeverfahren soll anders laufen als bei der Alten Fahrt
Nicht nur der Modus des Verkaufs selbst, sondern das komplette Vergabeverfahren soll anders gestaltet werden als an der Alten Fahrt. So soll zunächst ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt werden, wie der Chef des zuständigen Sanierungsträgers, Bert Nicke, erklärte. Geeignete Investoren würden dann gebeten, ein Angebot abzugeben. Darin enthalten sein müssen sowohl die vorgesehene Nutzung des Gebäudes als auch ein Vorentwurf für die Gestaltung. Im Gegensatz zu der Vergabe an der Alten Fahrt soll die Gestaltung dann nicht mehr zu 40, sondern zu 60 Prozent in die Bewertung der Bewerber einfließen, so Nicke.
Die so eingesammelten Angebote sollen dann von einer mit Experten und Politikern besetzten Auswahlkommission beurteilt werden. Der bestbietende Bewerber soll dann zunächst nur einen sogenannten Anhandgabevertrag bekommen. Der Kaufvertrag selbst wird wie beschrieben erst unterzeichnet, wenn positiv über den Bauantrag entschieden wurde.
Auch die Nutzung der 32 Grundstücke, die so in den kommenden Jahren verkauft werden sollen, will die Stadt genauer definieren. In der 116 Seiten starken Vorlage für die Stadtverordneten wird genauestens vorgeschlagen, in welchem Bereich Wohnungen, Büros oder Ateliers, Einzelhandel oder Gastronomie unterkommen sollen. Auch die genauen Standorte für Hotels beziehungsweise Studentenwohnungen oder Boardinghouses sind definiert.
Sozialwohnungen an der Friedrich-Ebert-Straße
Hauptsächlich sind demnach in beiden Karrees Wohnungen vorgesehen, insgesamt etwa 400 Stück. Ungefähr ein Drittel davon sollen Sozialwohnungen werden, die meisten an der Friedrich-Ebert-Straße. Durch die Wiederaufnahme des Förderprogramms für sozialen Wohnungsbau durch das Land sei das jetzt möglich, so Stadtplanungschef Andreas Goetzmann. Studentenwohnungen oder auch ein Boardinghouse seien für jene Bauten vorgesehen, die direkt an das Bildungsforum angrenzen, Gastronomie soll vor allem in Richtung Alter Markt stattfinden.
Die Pläne, die nun vorbereitet werden, sind der zweite Schritt auf dem Weg zur Wiedergewinnung der historischen Mitte. In einem ersten war das die Bebauung der Alten Fahrt und der Schloßstraße – für Letztere läuft momentan das Vergabeverfahren. Als Letztes soll dort, wo jetzt der Staudenhofwohnblock steht, ein Karree nach historischem Grundstück entstehen. Allerdings hat dieser bis 2022 Bestandsschutz. Laufe jetzt alles nach Plan, könnte dann die Bebauung des Fachhochschulgebäudes gerade abgeschlossen sein, so Nicke.
4850 Unterstützer für das Bürgerbegehren zur Potsdamer Mitte
Allerdings läuft sowohl gegen den Abriss der FH als auch des Staudenhofs derzeit ein Bürgerbegehren. Bislang haben es etwa 4850 Menschen unterschrieben, nötig sind 14 000. Er sei sich bewusst, dass dies für einige Stadtverordnete ein Dilemma bedeute, sagte Jakobs am Donnerstag. „In den Ausschüssen wird das sicherlich zu heftigen Debatten führen.“ Abwarten, bis das Bürgerbegehren womöglich erfolgreich war und in der Stadtverordnetenversammlung behandelt werden muss, wolle er aber nicht. „Wir brauchen jetzt die Vorbereitungszeit“, so der Rathauschef. Erneut warnte er davor, jetzt wieder „ganz von vorne“ anzufangen. „Es geht jetzt um Weitermachen oder Innehalten“, so Jakobs.
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