Widerstand gegen Potsdams Schulkompromiss: Berufsschulverband kritisiert Schließpläne für Oberstufenzentrum 1
Gegen den Kompromiss für neue Schulen in Potsdams Nordhälfte regt sich Widerstand - weil das Oberstufenzentrum 1 dafür schließen müsste. Bedenken gibt es auch in der CDU
Potsdam - Gegen den maßgeblich von SPD-Politikern vorgeschlagenen Kompromiss für neue Schulen in Potsdams Norden regt sich Widerstand. Der Landeslehrerverband beruflicher Schulen (BLV) warnte am Donnerstag davor, dass Technik-Oberstufenzentrum (OSZ) 1 in der Jägerallee ab 2024 für eine Gesamtschule oder ein normales Gymnasium aufzugeben, wie von der Politik angedacht.
Denn dann würde die berufliche Ausbildung auf der Strecke bleiben, sagte der BLV-Vorsitzende Thomas Pehle am Donnerstag den PNN. Und: „Schließungsabsichten über die Köpfe der Betroffenen hinweg darf es so kurzfristig nicht geben.“ Vom OSZ selbst äußerte sich niemand.
Wie berichtet hatten SPD-Männer am Mittwoch kurzfristig einen Ausweg aus dem Streit um den Umgang mit der bestehenden Gesamtschule am Schloss skizziert – die nach dem Willen von Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) bisher nach Krampnitz und nicht wie früher zugesagt an den ihrer Meinung nach zu klein gewordenen Standort Pappelallee ziehen sollte.
An Aubel offensichtlich vorbei hatten SPD-Fraktionschef Daniel Keller und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Mittwoch vor der eigentlich entscheidenden Stadtverordnetenversammlung eine neue Lösung präsentiert: Mit dem OSZ 1 und einem nach Verhandlungen mit dem Land vergrößerten Standort Pappelallee, die nun für ein Gymnasium oder Gesamtschule infrage kämen – oder eben umgedreht. Der Umzug der Schule „Am Schloss“ nach Krampnitz wäre damit abgesagt. Wo welche Schule hinkommt, wollen die Stadtpolitiker in einer Sondersitzung am 23. Juni festlegen.
Die Lösung: Ein berufliches Gymnasium? Das Schulamt ist skeptisch
Berufsschullobbyist Pehle schlug hingegen vor, im OSZ soll das „erfolgreiche Modell eines beruflichen Gymnasiums“ etabliert werden – mit Abiturstufe und 13 Jahren Schulzeit. So eine Schule gebe es bisher nicht in Potsdam, dort könnten dann Kindern nach der zehnten Klasse berufliche Schwerpunkte wie Metall- oder Bautechnik oder auch Biotechnologie gelehrt werden.
Mit einem Verzicht auf das OSZ würde – „entgegen aller Versprechen Industrie und Handwerk zu fördern“ – auf berufliche Ausbildung als Standortfaktor verzichtet. Allerdings hatte das staatliche Schulamt so einen Ansatz zuletzt verworfen und aufgrund zurückgehender Schülerzahlen im OSZ jüngst auch dessen perspektivische Umwidmung in ein Gymnasium empfohlen, was laut den SPD-Vertretern auch Anlass für den Sinneswandel in Sachen Schulplanung gewesen sei.
Zu wenig Gymnasialplätze
Kritische Anmerkungen kamen auch, via Facebook, von dem CDU-Bildungsexperten Clemens Viehrig. Er freue sich zwar, dass überhaupt ein Gymnasium in den Planungen enthalten sei. Er tendiere dabei – auch zur Entzerrung von Schülerverkehren – zu einem Gymnasialstandort Pappelallee. Dann könnte auch die Gesamtschule Am Schloss zwei Jahre eher als gedacht ihren Modulstandort an der Esplanade verlassen, so Viehrig.
Und offen bleibe, was nun im umstrittenen Neustadtviertel Krampnitz passiere – auch dort plant die Stadt mit einer Gesamtschule. Mit dem weiteren Gesamtschulstandort am OSZ würde also noch eine solche Schule extra geschaffen – obwohl in den vergangenen Jahren immer mehr Schüler an Gymnasien drängten. So bestehe in ein paar Jahren die Gefahr, dass kaum angewählte Gesamtschulen wegen des Überangebots an solchen Plätzen umgewidmet werden müssten – in Oberschulen oder eben auch Gymnasien.
An die fehlenden Gymnasialplätze in Potsdam erinnerte auch Kreiselternsprecher Markus Kobler. Die rot-grün-rote Rathauskooperation hatte eigentliche verabredet, gar keine neuen Gymnasien mehr bauen zu wollen – wovon im aktuellen Streit zuerst die SPD abgewichen war.
In das Kuddelmuddel soll Schuldezernentin Aubel nun Ordnung bringen. Man sei mit Hochdruck dabei, alle offenen Fragen zu klären – wie zum Beispiel der Sportunterricht am umwidmeten OSZ geregelt werde und was die Pläne für die Schüler dort bedeuteten könnten, sagte sie auf Anfrage. Sie begreife die neuen Varianten nun auch „als Chance“, meinte sie.
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