Wendung im Potsdamer Schulstreit: Oberstufenzentrum könnte dauerhaft Gymnasium werden
Wird an der Pappelallee ein Gymnasium oder eine Gesamtschule gebaut? Diese Frage soll eigentlich am Mittwoch von den Stadtverordneten entschieden werden. Doch jetzt droht eine Vertagung des Schulstreits.
Potsdam - Potsdams Schulstreit um eine Gesamtschule oder ein Gymnasium am Standort Pappelallee nimmt eine überraschende Wendung - die völlig neue Perspektiven in viele Richtungen eröffnet. Denn wie jetzt bekannt wird, könnte ein neues Gymnasium dauerhaft genauso gut im gar nicht weit entfernten Oberstufenzentrum 1 entstehen.
Darauf hat Landesschulamtsleiterin Janina Kolkmann das kommunale Bildungsdezernat unter der Regie von Noosha Aubel (parteilos) in einem aktuellen Schreiben vom 31. Mai hingewiesen, dieser Aspekt müsse "noch einmal" in den Blick genommen werden. Hintergrund seien die sinkenden Schülerzahlen im OSZ 1 an der Jägerallee, der Erhalt sei nicht mehr dauerhaft gesichert.
Sinn machen könnte aber ein neues Gymnasium an dem Standort, so die Schulrätin. Das hätte auch "den Vorteil, dass nicht neu gebaut werden müsse", so Kolkmann in dem Schreiben, dass den PNN vorliegt.
Die Rathauskooperation vor dem Bruch?
Die Nachricht kommt kurz vor der entscheidenden Abstimmung in dem eskalierenden Streit, der auch die Rathauskooperation aus SPD, Grünen und Linken vor eine Zerreißprobe stellt. Denn die SPD will ein neues Gymnasium an der Pappelallee und hat dafür eine vermutlich knappe Mehrheit im Stadtparlament sicher.
Hingegen wollen Linke und Grüne, dass die Stadt ihre früheren Zusagen einhält, dass die schon gegründete Gesamtschule Am Schloss an die Pappelallee ziehen kann - und nicht in das umstrittene Entwicklungsgebiet Krampnitz, wie Dezernentin Aubel das will.
Schulamt fordert mehr Gymnasialplätze
Hintergrund des Streits ist auch, dass die Kooperation eigentlich nur noch neue Gesamtschulen errichten wollte. Das Schulamt fordert aber, wie auch Kolkmann betont, wegen des Anwahlverhaltens von Eltern und Schülern mehr Plätze in Gymnasien.
Nun aber kommt die Nachricht, dass auch das Oberstufenzentrum dauerhaft für ein Gymnasium zur Verfügung stehen könnte. Zumal dieses OSZ auch als Interimsstandort für das Gymnasium im Gespräch ist, schon ab 2024.
Das sei, so kurz vor der Abstimmung, eine neue Sachlage, monierte zum Beispiel Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg am späten Dienstagabend gegenüber den PNN. Er überlege, ob er nun eine Vertagung der kompletten Schulentwicklungsplanung verlange.
[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]
Aubel: Keine valide Aussagen zur Zeitschiene
Aubel selbst bewertet die Einlassungen des Schulamts zum OSZ 1 bisher zurückhaltend. In einer Erklärung an die Fraktionen vom Dienstagnachmittag teilte sie mit, eine "valide Aussage zur Zeitschiene für die mögliche Umwidmung der Kubatur des OSZ I kann derzeit nicht seriös getroffen werden."
Sie gehe von einer langfristigen Perspektive aus - im Zuge des nächsten Schulentwicklungsplans, der ab 2030 gelten würde. Gleichwohl wäre das OSZ eben ein Alternativstandort, sollte ein anderes Areal für eine bislang geplante weiterführende Schule wegfallen.
So hatte die Stadtverwaltung auch den Standort Birnenplantage in Neu Fahrland für ein Gymnasium ab 2029 vorgeschlagen - allerdings gibt es dagegen schon jetzt massiven Widerstand im Ortsteil.
Gegen die von Linken und Grünen geforderte und früher auch so geplante Gesamtschule an der Pappelallee hatte Aubel das Argument ins Feld geführt, diese Fläche sei nach Verhandlungen mit dem Land inzwischen zu klein - was zum Beispiel Linken-Chef Wollenberg bezweifelt.
Auch dieser Zwist zeigt: Vieles ist möglich, denn theoretisch wären nun sogar auch zwei Gymnasien im Potsdamer Norden möglich - also an der Pappel- und an der Jägerallee. Das würde allerdings vermutlich die Gräben in der Rathauskooperation vertiefen.