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Ab Mittwoch werden Potsdams Schulen geschlossen sein, Schüler sollen zuhause lernen. Wie gut das funktioniert, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. 
©  Julian Stratenschulte/dpa

Corona-Krise und Notbetreuung: Belastungstest für Eltern, Lehrer und Schüler

Ab Mittwoch sind Schulen und Kitas zu. Derzeit gibt es bei Eltern viel Unsicherheit. Ein Beispiel aus Potsdam.

Potsdam - Die eine Schule hat angekündigt, sie am Montag per Mail zu informieren. Von der anderen Schule hat sie noch gar nichts gehört, lediglich im WhatsApp-Elternchat gibt es einen hochfrequentierten Meinungsaustausch. Die Kita ihres jüngsten Sohnes hat sie am Sonntag informiert, dass bis Dienstag Kinder noch regulär betreut werden, es aber hilfreich wäre, wenn sie „wegen Personalmangels und des erhöhten organisatorischen Aufwandes“ schon ab heutigem Montag zu Hause bleiben.

Mehr Fragen als Antworten

Drei Kinder hat Eileen Nerger. Sie besuchen drei verschiedene Einrichtungen in Potsdam – und so verschiedenen ist der Kenntnisstand der 30-Jährigen über die Schul- und Kitaschließungen ab Mittwoch dieser Woche. Noch hat sie mehr Fragen als Antworten. So wie viele Eltern: „Wir haben noch keinen endgültigen Plan“, sagt René Mertens, Vorstandsvorsitzender des brandenburgischen Landesrates der Eltern. Den Beschluss, ab Mittwoch wegen der Coronavirus-Pandemie alle Schulen und Kitas bis nach den Osterferien zu schließen, findet er richtig. „Es muss alles getan werden, um die Spitze der Pandemie einzudämmen“, sagt er und betont zugleich: „Aber wir müssen schauen, dass den Kindern keine Nachteile entstehen.“ Bis Ostern könnten die Schüler sicherlich in Heimarbeit und über Onlineportale lernen, „aber wenn es länger dauert, wird es schwierig“, meint Mertens. Vor allem müsse gewährleistet werden, dass Abschluss- und Abiturprüfungen geschrieben werden.

Kinder dürfen bereits am Montag zuhause bleiben

Auf ihren Webseiten informieren Potsdams Schulen, dass sie ab Mittwoch, dem 18. März, geschlossen haben. Am heutigen Montag und morgigen Dienstag können Eltern ihre Kinder bereits zuhause lassen, müssen sie jedoch telefonisch in der Schule entschuldigen.

„Aufgaben zur Bearbeitung im Homeoffice für die Klassen und Kurse werden an die Schülerinnen und Schüler digital versandt; weitere spezifische Informationen erhalten sie dann digital von den Fachlehrkräften“, heißt es bei der Voltaire-Gesamtschule. Das Helmholtz-Gymnasium informiert seine Schüler über sein internes Online-Portal. Gut aufgestellt sieht Toralf Reichenbach das Babelsberger Filmgymnasium und die Neue Gesamtschule Babelsberg. „Die beiden Schulen sind sehr gut digitalisiert“, sagt der Elternvertreter. „Die meisten schulischen Aufgaben können online über das Schulportal abgerufen und bearbeitet werden, Lehrer können zeitnah antworten und reagieren“, sagt er. Wie gut das tatsächlich in der Praxis funktioniert, würden nun die nächsten Tage zeigen. An die Grenzen komme das digitale Lernen jedoch, wenn neuer Stoff erarbeitet werden soll. „Englische Grammatik übers Portal zu vermitteln, wird sicherlich schwieriger“, vermutet Reichenbach.

Deutschland ist laut Bildungsexperte nicht gut vorbereitet

Der Bildungsexperte und Buchautor Armin Himmelrath sieht Deutschland nicht gut gerüstet für Online-Unterricht. Nach der Vereinbarung des Digitalpakts für Schulen von 2019 hätten die Bundesländer jetzt erst begonnen, entsprechende digitale Medienkonzepte zu erarbeiten.

Für viele Eltern wird die Betreuung ihrer Kinder auch deshalb zur enormen Herausforderung. Die Potsdamerin Eileen Nerger, die im Einzelhandel arbeitet, nimmt nach jetzigem Stand bezahlten Urlaub, um ihre drei Kinder zu betreuen. Ihre eigenen Eltern können nicht helfen, ihr Vater ist selbstständig,die Mutter arbeitet in Vollzeit. Zudem sollen die Großeltern als Risikogruppe nicht mit den Kindern zusammentreffen.

Unter bestimmten Bedingungen ist es für kurze Zeit möglich, mit Lohnfortzahlung zu Hause zu bleiben. Der Gesetzgeber sieht das bei einer „vorübergehenden Verhinderung“ vor, doch raten Rechtsexperten dringend zu einer Abstimmung mit dem Arbeitgeber, ehe man zu Hause bleibt. Ist es nicht möglich, im Homeoffice zu arbeiten, bleibt nur die Möglichkeit des bezahlten oder unbezahlten Urlaubs. Einen Anspruch, Kinder mit zur Arbeit zu nehmen, gibt es nicht – es ist vom Einverständnis des Chefs abhängig.

Wie schwierig die Situation für viele Menschen ist, wird in den vielen Reaktionen in Kommentarspalten in den sozialen Medien deutlich. Ängste vor Verdienstausfall und Jobverlust füllen die Zeilen.

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