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Für den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam sprechen sich 15.000 Unterstützer aus.
© A. Klaer

Garnisonkirche in Potsdam: Baustart für Turm im Oktober 2017

Im Oktober 2017 soll der Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche beginnen. Nun verhandelt die Stiftung Garnisonkirche über die Zukunft des Rechenzentrums - und betont, dass sie nicht auf das Kirchenschiff verzichten wird.

Potsdam - Der umstrittene Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche beginnt voraussichtlich im kommenden Oktober. Es würden bereits erste Ausschreibungen vorbereitet, sagte Wieland Eschenburg aus dem Vorstand der Stiftung für das Bauprojekt an der Breiten Straße. Zugleich machte er deutlich, dass die Stiftung keinesfalls auf das Schiff der 1968 gesprengten Barockkirche verzichten werde: „Das ist keine Option.“

Anlass für diese Klarstellung ist eine Mitteilung der Stadt vom Freitag zur Zukunft des benachbarten Rechenzentrums. Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wird das Haus seit mehr als einem Jahr von rund 170 Künstlern und Kreativen als zeitweises Refugium genutzt. In der Erklärung hatte das Rathaus nun Verhandlungen mit der Stiftung über die Frage bestätigt, „ob und wie“ die Nutzung über Mitte 2018 hinaus verlängert werden kann. Dabei stünden drei Szenarien zur Debatte – von einer Verlängerung über fünf Jahre bis hin zur Komplettsanierung des Rechenzentrums für bis zu 8,8 Millionen Euro auf Kosten der Nutzer. Dann allerdings könnte die Stiftung nicht ihr Kirchenschiff errichten. Das zu DDR-Zeiten errichtete Rechenzentrum steht dem im Weg. „Auf das Schiff werden wir nicht verzichten“, machte Eschenburg nun deutlich. Über Lösungsansätze als Übergang für eine dauerhafte Lösung an anderem Ort könne man aber sprechen. Bekanntlich hat die Stiftung den von der Stadt vertraglich zugesicherten Anspruch, das Rechenzentrum abreißen lassen zu können.

Drei Jahre Bauzeit für den Garnisonkirchenturm

Zunächst geht es aber nun um den 88 Meter hohen Turm mit Aussichtsplattform. Eine Bauzeit von drei Jahren veranschlagt dafür die Stiftung. Während des Baus müssten auch einzelne Fenster des Rechenzentrums, die nur wenige Meter vom Turm entfernt sind, zugemauert werden, bestätigte Eschenburg. Diese Räume könnten dann als Lagerräume dienen, meinte er, und die betreffenden Kreativen sicherlich innerhalb des Hauses umziehen. Dafür bedürfe es einzig einer genauen Vorplanung.

Die Nutzer des Rechenzentrums hatten sich zuletzt mit einem offenen Brief an Bundeskulturministerin Monika Grütters (CDU) gewandt und vor einer existenziellen Gefährdung ihrer Arbeit gewarnt, sollte der Wiederaufbau des Turms beginnen. Eschenburg meinte, eigentlich wolle die Stiftung den Kreativen helfen, ihnen auch entgegenkommen. Doch solche Briefe würden die Diskussion nicht einfacher machen. In der Mitteilung der Stadt hatte auch Jakobs’ Büroleiter Harald Kümmel appelliert, er sei zwar zuversichtlich, dass sich eine Verständigung über eine Verlängerung herbeiführen lasse: Dafür sei aber „gegenseitiges Verständnis notwendig und der Wille zur Kooperation vor Ort, damit der Turm der Garnisonkirche und das Rechenzentrum vorübergehend nebeneinander bestehen können“.

Später sollen die Kreativen nach jetzigen Planungen die Garde-Husaren-Kaserne an der Schiffbauergasse nutzen können, die die Stadt vom Bund kaufen will – wenn dort spätestens nach 2020 die Bundespolizei auszieht. Allerdings ist noch unklar, ob die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) das Haus danach nicht noch für andere Zwecke benötigt und damit ein Verkauf unmöglich würde (PNN berichteten). Eschenburg sagte, die anstehenden Verhandlungen zur Verlängerung für das Rechenzentrum würden auch davon abhängen, ob ernsthaft Alternativen für die Künstler gesucht werden.

750.000 Euro fehlen noch für den Baustart

Wie berichtet, will die Aufbaustiftung zunächst den Turm ohne Zierelemente, Turmhaube, Glocken, Glockenspiel und Schmuckfassade aufbauen. Das würde die Kosten von 40 auf 26 Millionen Euro senken. Daher fehlen – auch nach drei Krediten durch die Evangelische Kirche - noch rund 750 000 Euro für den Baustart. Eschenburg sagte, allein seit dem Bekenntnis der Kirche zu dem Projekt seien seit Juni rund vier Millionen Euro durch 530 Spender zusammen gekommen: „Es ist wie damals, als ich am Wiederaufbau des Pfingstberg-Belvederes beteiligt war: Als die Menschen gesehen haben, dass es losgeht, flossen auch mehr Spenden.“ Für den Zierrat der Kirche bereite die Stiftung gerade einen weiteren Spendenkatalog vor, mit dem Interessierte zum Beispiel eine Glocke spenden könnten. „Dort entsteht keine Anmutung einer Bauruine, wir werden bis zur vollendeten Schönheit durchbauen“, betonte Eschenburg.

In ihrem offenen Brief an Grütters hatten die Nutzer des Rechenzentrums auch erklärt, es könnte der Eindruck einer Bauruine entstehen, weil an dem Turm der „charakteristische Teil der historischen Architektur“ fehlt. Eschenburg sagte, angesichts solche Anwürfe hoffe er künftig auf mehr Ehrlichkeit in den Debatten. Grütters muss auch mitentscheiden, ob die Stiftung vom Bund zwölf Millionen Euro für den als Projekt von nationaler Bedeutung eingestuften Wiederaufbau erhält, auch in der zunächst abgespeckten Variante.

Erst wenn der Turm steht, soll das Kirchenschiff geplant werden

So sollen die Planungen für das Kirchenschiff erst beginnen, wenn der Turm steht. Die Evangelische Landeskirche hat explizit zur Bedingung für ihre Kredite gemacht, dass nicht das historische Kirchenschiff wiederhergestellt wird. „Es muss durch eine neue architektonische Gestaltung schon äußerlich deutlich werden, dass neben der historischen Kontinuität auch der Bruch mit der Tradition zum Ausdruck kommt“, heißt es.

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