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SC Potsdam: Aufschlag zum dritten Kapitel

Frauenvolleyball-Bundesligist SC Potsdam hat die Chance, diese Saison für ein weiteres vereinshistorisches Novum zu sorgen - mit dem Halbfinaleinzug in der deutschen Meisterschaft. Unter anderem die beiden auf Rituale setzenden Top-Angreiferinnen sollen helfen, dies zu schaffen.

Davide Carli bemüht ein Sprichwort. „Bei uns in Italien sagt man: Es gibt keine zwei ohne drei“, erzählt der aus Venedig stammende Cheftrainer des Frauenvolleyball-Bundesligisten SC Potsdam und münzt dies auf die aktuelle Saison um. In der hat Carli mit seiner Mannschaft bereits für zwei Nova in der SCP-Vereinsgeschichte gesorgt: Das Team zog ins Halbfinale des deutschen Pokals ein und schaffte den Sprung auf Tabellenplatz vier der Bundesliga-Hauptrunde. Doch dem soll eben noch nicht genug sein. „Jetzt wollen wir auch das dritte Kapitel schreiben“, sagt der Coach. Das Ziel ist, bei der fünften Playoff-Teilnahme erstmalig ins Semifinale der deutschen Meisterschaft vorzustoßen.

Dafür muss in der Runde der letzten Acht der VC Wiesbaden bezwungen werden, was mit zwei Siegen aus den maximal drei Partien vollbracht wäre. Der Aufschlag zur Serie erfolgt am morgigen Samstag um 19 Uhr in der MBS-Arena. Potsdam contra Wiesbaden, Vierter der Hauptrunde gegen den Fünften, kein anderes Viertelfinalduell bringt zwei leistungsmäßig so eng beieinanderliegende Teams zusammen. „Das“, meint Davide Carli, „wird ein intensiver Fight.“ So war es auch bei den zwei bisherigen Aufeinandertreffen dieser Clubs in der aktuellen Saison. Der SCP gewann das Hinspiel daheim 3:2, im Rückmatch setzte sich der VCW mit demselben Resultat durch –und startete so einen bis zum Hauptrundenende währenden Erfolgslauf von acht Siegen in Serie. „Den wollen wir durchbrechen“, sagt Potsdams Coach, der beim Kontrahenten viele Stärken sieht: „Wiesbaden ist super organisiert, schnell, variantenreich, kämpferisch stark. Um gegen sie zu punkten, müssen wir richtig hart arbeiten.“

Variabilität statt Eindimensionalität im SCP-Angriff

Demnach werden vor allem die Top-Angreiferinnen des SCP gefordert sein: Roslandy Acosta und Marta Drpa. Beide waren zu Saisonbeginn an die Havel gewechselt, beide schlugen wie ein krachender Schmetterball ein, beide bilden zusammen enorme Offensivwucht. Acosta, eine Venezolanerin, ist mit 337 Punkten beste Scorerin der Liga, die Serbin Drpa hat 316 Zähler auf dem Konto und nimmt Rang drei dieser Individualwertung ein. Dank ihnen sowie guter Durchschlagskraft der Mittelblockerinnen und weiterer Angriffsspielerinnen ist das Brandenburger Team variabel und schwer ausrechenbar. Das war vorige Saison noch anders. Eindimensionalität herrschte damals, fast alles lief über die inzwischen nach Griechenland gewechselte Saskia Hippe. Und auch ihr eigenes Tun kannte meist nur eine Facette. Sie setzte vorrangig auf volle Power beim Angriffsschlag, womit sie häufig am gegnerischen Block scheiterte. Acosta und Drpa überlisten ihn hingegen nicht nur kraftstrotzend, sondern gerne auch mit viel Übersicht und Gefühl.

Zum Aufgabenspektrum der Spitzenangreiferinnen gehört obendrein das Verteidigen. Das Training dafür wird durchaus zu einer schmerzlichen Angelegenheit, wie Marta Drpa in einer Vormittagseinheit zu spüren bekommt. Chefcoach Davide Carli steht direkt am Netz auf einem Hocker und pfeffert ihr das gelb-blaue Arbeitsgerät nur so um die Ohren. Kurze Zeit später, das Training ist beendet, sitzt die 27-Jährige inmitten der MBS-Arena, ihre Unterarme sind wegen der vielen Annahmen deutlich gerötet. „Da brennt die Haut“, bestätigt sie: „Wenn die Bälle von einem Mann geschlagen werden, kommen die natürlich noch viel härter.“ Aber das mache sie wiederum nur stärker.

Kaugummi kauen, beten und Kettenkreuz küssen

Um ihre Stärke dann auch im Spiel voll und ganz zeigen zu können, nutzt Marta Drpa einen persönlichen Trick: Sie kaut bei Partien konsequent Kaugummis. „Das nimmt meine negative Energie auf und macht mich weniger nervös“, sagt die Volleyballerin, die die zähe Masse während eines Spiels wechselt. Für gewöhnlich. „Wenn es sehr aufregend ist, vergesse ich es auch manchmal.“ Wie ihre Offensivkollegin hat auch Roslandy Acosta ein Ritual. „Am Abend vor einem Spiel“, erzählt sie, „bete ich und bevor ich auf das Feld gehe, küsse ich den Kreuz-Anhänger meiner Kette. Das gibt mir Kraft.“

Die wird die 25-Jährige für die Viertelfinalserie gegen den VC Wiesbaden brauchen, glaubt sie: „Beide Mannschaften liegen auf hohem Niveau. Wir müssen Top-Leistungen bringen, denn wir wollen unbedingt in das Halbfinale.“ Da die Plätze drei und vier nicht separat ausgespielt werden, würde das sogar automatisch den Gewinn der Bronzemedaille bedeuten. Marta Drpa scheut sich aber nicht, sogar noch mehr ins Visier zu nehmen: „Wir haben ein klasse Team zusammen – mit starken Individualisten, die eine gute Einheit bilden, füreinander kämpfen und sich sofort super gegenseitig ersetzen, wenn es bei einer mal nicht richtig läuft. Daher brauchen wir uns vor niemanden verstecken. Ich kämpfe jedenfalls nicht bloß für etwas, wenn das gar nicht das eigentliche Ende ist.“ Sie hege also den Traum vom Finale. „Aber jetzt ist erstmal nur Wiesbaden in unserem Fokus. Das ist der nächste Schritt.“ Und im Erfolgsfall kann es danach heißen: Es gibt keine drei ohne vier.

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