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Olaf Scholz hat vor der Wahl bei vielen Ortsterminen für sich getrommelt - hier im Schülertreff Ribbeck-Eck.
© Andreas Klaer

Promiwahlkreis 61: Auch ein Kanzler Scholz will Potsdamer bleiben

Auch als möglicher Regierungschef will SPD-Mann Olaf Scholz nicht nach Berlin ziehen. Und „viel da sein“ im Wahlkreis 61. Aber erstmal hat anderes Priorität.

Potsdam - Olaf Scholz sitzt in einem Büro in Berlin, im Hintergrund ein Gemälde, blaue Farbtöne. Er wirkt aufgeräumt an diesem Tag danach. Und deutlich weniger geschafft als am Samstagnachmittag auf dem Johan-Bouman-Platz im Bornstedter Feld beim letzten Bürgergespräch seines Wahlkampfs. Zuvor war er schon auf dem Marktplatz am Schlaatz gewesen, zwischendurch auf Gabor Steingarts Pioneer One, die an der Freundschaftsinsel gegenüber des Potsdamer Hafens festgemacht hatte, und nach dem Bornstedter Feld noch in Potsdam-West, interne Dankeschön-Veranstaltung für 200 Wahlkämpfer.

120 Termine im Wahlkreis: Scholz hat auf Präsenz gesetzt - und viele Erststimmen bekommen

120 Termine seit Februar, Begegnungen mit 4000 Bürgerinnen und Bürgern, Bürgerversammlungen in allen Gemeinden des Wahlkreises, zählt David Kolesnyk auf, Potsdam-Kenner und Brandenburgs kommissarischer SPD-Generalsekretär, der Scholz’ Wahlkampf im Wahlkreis konzipierte. Der so stringent wie akribisch betriebene Aufwand hat sich offenbar gelohnt. 34 Prozent der Erststimmen bekommt Scholz am Sonntag, sieben Prozent mehr als die SPD mit den Zweitstimmen – das in Medien diskutierte Phänomen, dass hier einer antritt, der sich nicht auskennt, ist wie weggeblasen. Annalena Baerbock, seine grüne Konkurrentin, lässt Scholz wie im Rennen ums Kanzleramt auch in Potsdam hinter sich. Obwohl sie länger hier wohnt und öfter weiß, wovon sie spricht, wenn es um Potsdam geht. Mehr als 15 Prozentpunkte Vorsprung für Scholz werden es schlussendlich sein.

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„Ich hatte schon sehr lange das gute Gefühl, dass mich sehr viele Bürgerinnen und Bürger unterstützen würden“, sagt Scholz in der Videokonferenz mit der Potsdamer Lokalpresse am Tag nach der Bundestagswahl, die statt der geplanten fünf – Start exakt 14.07 Uhr – dann doch immerhin zehn Minuten dauert. „Ich hatte das nie in konkrete Stimmenzahlen übersetzt in meinem Kopf“, aber er sei sicher gewesen, „dass sehr viele zur Wahl gehen würden, um mich zu ihrem Abgeordneten zu machen und dass es auch einen guten Vorsprung geben würde. Der ist dann jetzt sehr deutlich ausgefallen.“

Scholz will auch nach der Wahl "oft da sein", sich im Wahlkreis kümmern

Was also hat er besser gemacht als Baerbock? „Das gehört nicht zu meinem Politikstil, mich zu anderen zu äußern“, sagt Scholz. Eine Sache allerdings, die habe er sich vorgenommen – vor und nach der Wahl: „Nämlich oft da zu sein. Auch bei ganz kleinen Terminen, manchmal mit zwei, drei Leuten.“ Es sei ja wichtig, „dass man weiß, dass sich derjenige, den man in den Deutschen Bundestag schickt, auch kümmert“. Scholz glaubt außerdem, dass er sein sehr gutes Ergebnis im Wahlkreis auch dem Kanzler-Bonus verdankt. „Und natürlich hat viele bewegt, dass das möglicherweise nicht nur der Abgeordnete des Wahlkreises ist, sondern der nächste Kanzler – das hat dazu geführt, dass viele das erst recht wollten“, sagt er. Und es habe auch „dazu geführt, dass viele wissen wollten, ob ich auch danach viel da sein werde“.

Klar, eine entscheidende Frage. Schließlich wird nicht alle Tage der Direktkandidat Bundeskanzler. Wie würde das also gehen, mit Scholz, dem Kanzler, und Scholz, dem gewählten Bundestagsabgeordneten für den Potsdamer Wahlkreis? „Ich werde viel da sein. Das werde ich machen“, verspricht er. Auch außerhalb von Wahlen. Vor Ort sein zu wollen, das sei einer der Gründe dafür gewesen, „warum ich unbedingt entschlossen war, dort zu kandidieren, wo ich auch wohne, und das tue ich ja nun mal, mitten im Wahlkreis“.

Scholz will in Potsdam wohnen bleiben

Und das buchstäblich: Scholz und seine Ehefrau Britta Ernst, Brandenburgs Bildungsministerin, leben direkt am Alten Markt in Potsdams Innenstadt, vis-à-vis von Landtagsschloss und Nikolaikirche und fast direkt neben dem Museum Barberini. Ihr Blick geht, so heißt es, aus der obersten Etage über die Alte und Neue Fahrt und die Freundschaftsinsel. Dort werden sie jetzt auch bleiben. Scholz werde in Potsdam wohnen, auch wenn er Kanzler werde, sagt Wahlkampfmanager Kolesnyk. Er werde nicht ins Kanzleramt ziehen und auch nicht anderswohin in Berlin.

Scholz selbst drückt es etwas komplizierter aus: Das gute Wahlergebnis, sagt er, „ist für mich ein Auftrag, so zu sein, wie mich viele im Wahlkampf schon erlebt haben“. Nämlich als jemand, der viele Gespräche vor Ort führe. „Das werde ich und das will ich auch halten an dem Ort, an dem ich wohne und auch wohnen werde.“

Und was heißt das konkret für die Potsdamer Wählerinnen und Wähler? Es werde öffentliche Bürgergespräche wie bereits im Wahlkampf in allen Gemeinden geben, sagt Kolesnyk, bei denen Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen an Scholz, dann vielleicht Bundeskanzler, stellen könnten. Wann die nächsten stattfinden, stehe allerdings noch nicht fest. „Die Sondierungsgespräche in Berlin gehen vor.“ Die Frage nach einem ersten Projekt für seinen Wahlkreis beantwortet Scholz nicht mehr. Zehn Minuten sind um. „Ich danke Ihnen für das Verständnis, dass das heute alles ein bisschen eng ist“, sagt er. „Aber wir sehen uns ja bald wieder.“

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