Verkehr in Potsdam: „Aktionismus“ um die Zeppelinstraße
Ab dem 30. August soll auf der Zeppelinstraße überwiegend Tempo 30 gelten. Kritik kommt von vielen Seiten - auch von Potsdams Stadtverordneten, die unter anderem die Informationspolitik der Verwaltung bemängeln.
Potsdam-West - Das kurzfristig bekannt gewordene Tempo-30-Limit auf der Zeppelinstraße sorgt bei den Potsdamer Stadtverordneten für Unmut. Fast alle Fraktionen im Stadtparlament kritisierten am gestrigen Donnerstag auf PNN-Anfrage, dass die Verwaltung die Entscheidung nicht zuvor mit ihnen abgesprochen habe. „Ich hätte es schön gefunden, wenn dies im Bauausschuss besprochen worden wäre“, sagte CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken. Nun müsse „anhand neuester Zahlen“ untersucht werden, wie stark der Autoverkehr in der Zeppelinstraße tatsächlich sei und welche Auswirkungen ein Tempo 30 habe. „Die Ist-Zahlen und nicht die Wunschzahlen“ seien dabei nötig. Auch müssten Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr geprüft werden. Zudem löse die Lärmschutzmaßnahme nicht das Feinstaubproblem. Grundsätzlich begrüße er aber die Geschwindigkeitsbegrenzung, sagte Finken. CDU/ANW, SPD und Grüne bilden aktuell die Rathauskooperation.
Ursprünglich sollte das Limit nach Darstellung der Stadt gemeinsam mit der ebenfalls seit Längerem geplanten versuchsweisen Einengung der Straße eingeführt werden. Da der Modellversuch aber verschoben wurde (PNN berichteten), müsse die Stadt ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Anwohnern der Zeppelinstraße in Sachen Lärmschutz nachkommen, hieß es. Als „Gewöhnungsphase“ habe man nun bewusst die Ferienzeit für die Einführung von Tempo 30 gewählt.
Niekisch (CDU): Probleme der Zeppelinstraße nicht durch „radikalideologisch-grüne Maßnahmen“ lösbar
Der Vorsitzende des CDU-Verbandes Potsdam-West, Wieland Niekisch, räumte ein, dass es ein Dilemma in der Zeppelinstraße gebe. Dieses lasse sich aber nicht durch „radikalideologisch-grüne Maßnahmen“ lösen. Weder Tempo 30 noch eine Verengung werde den Gordischen Knoten aus Umweltbelastung und Lärm lösen.
Als „reinen Aktionismus“ bezeichnete Bürgerbündnis-Fraktionschef Wolfhard Kirsch die Verordnung der Verkehrsbehörde. Dadurch ändere sich nichts, da die Autofahrer in der Zeppelinstraße ohnehin ständig im Stau stünden. Andererseits habe eine Blitzerstrecke auch etwas Positives und bringe der Stadt zusätzliche Einnahmen, so Kirsch lakonisch.
Stadtverordnete wurden nicht von der Tempo-30-Einführung informiert
Auch der designierte SPD-Fraktionschef Pete Heuer nannte die Verordnung eine „Sommerlochaktion“ und kritisierte, dass die Stadtverordneten nicht im Vorfeld davon informiert wurden. Grundsätzlich unterstützte er aber das Tempo 30 auf der Bundesstraße B1, das vom nächsten Dienstag an, dem 30. August, gilt. Tagsüber könne man dort ohnehin nicht schneller fahren. Und nachts sei das Limit vertretbar, da es nur wenige Fahrer betreffe, aber viele Anwohner davon profitieren würden. Außerdem müsse ein starker Personennahverkehr mit Bussen und Bahnen entwickelt werden. „Das Tempolimit löst das Problem im Kern nicht“, sagte Heuer mit Blick auf die Luftverschmutzung.
Wie berichtet wurden an der Straße seit Jahren immer wieder EU-Grenzwerte etwa zu Stickstoffdioxid oder Feinstaub gerissen. Laut Landesumweltamt ist dieses Jahr bereits an fünf Tagen der Grenzwert für Feinstaub überschritten worden – genauso oft wie an der Großbeerenstraße, wo Tempo 30 schon eingeführt wurde.
Scharfenberg: Maßnahme werde keinen Erfolg haben
Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg kündigte an, die Einführung als Test zu betrachten und kritisch begleiten zu wollen. Er glaube nicht, dass die Maßnahme Erfolg habe.
Grünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke begrüßte indes die Verordnung der Stadt. „Gerade auf den hochbelasteten Hauptverkehrstrassen ist das sinnvoll“, sagte sie. Lärmschutz für Anwohner sei ein wichtiger Schritt zu mehr Lebensqualität.
Stefan Engelbrecht
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