Vermisste Kinder in Deutschland: 99 Prozent der Vermissten kehren zurück
Jedes Jahr werden 100.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland laut einer Initiative vermisst. Sie fordert, dass Informationen schneller verbreitet und zentral von einer Polizeidienststelle koordiniert werden.
Potsdam/Hamburg - Nach Angaben des Bundeskriminalamts waren Ende des ersten Quartals 2015 rund 600 Kinder und 2400 Jugendliche als langfristig vermisst gemeldet – allerdings sind solche Zahlen Momentaufnahmen, da gerade junge Erwachsene auch aus Abenteuerlust oder Frust ab- und später in den meisten Fällen wieder auftauchen. Nach Angaben der Hamburger Initiative „Vermisste Kinder“, die betroffene Eltern unterstützt und effizientere Suchmethoden fordert, werden sogar jedes Jahr rund 100.000 Kinder und Jugendliche als vermisst gemeldet – in 99 Prozent aller Fälle tauchen sie aber wohlbehalten wieder auf. Pro Tag werden jeweils zwischen 200 und 300 neue Fälle über das polizeiliche Informationssystem registriert – und eine nahezu gleich hohe Anzahl an Fällen auch wieder gelöscht.
Nichtsdestotrotz stellen gerade ungeklärte Vermisstenfälle eine außerordentliche Belastung für die betroffenen Familie dar – vor allem wegen der Ungewissheit. „Dieser Schwebezustand durch die Ungewissheit ist aus unserer Erfahrung sehr schwer greifbar. Je mehr Zeit vergeht, desto schmerzhafter wird es und desto mehr verzweifeln viele Angehörige“, sagt Lars Bruhns, Chef der Initiative „Vermisste Kinder“. In Potsdam gab es bisher nur einen solchen Fall, den des 1977 im Alter von 15 Jahren verschwundenen Gerd Berthold.
Polizei in Brandenburg ist nur wenig präsent auf Facebook
Die Suche nach verschwundenen Kindern sollte zentral von einer Polizeidienststelle in Deutschland koordiniert werden, fordert die Hamburger Initiative. Nach einer Entführung betrage die Überlebenschance für ein Kind erfahrungsgemäß nur wenige Stunden, sagt Vorsitzender Bruhns – und verweist auf ein Modell, das zum Beispiel in Polen praktiziert wird. In Warschau gebe es eine zentrale Sondereinheit, die rund um die Uhr Zugriff auf zahlreiche Internetseiten von Medien habe. Dadurch könnten innerhalb von Stunden Millionen Menschen informiert werden. In Brandenburg zeigt die Polizei nur wenig Präsenz auf Facebook.
Laut Bruhns sind starke, selbstbewusste Kinder der beste Schutz gegen Verbrechen. Die Erfahrungswerte über die Jahre hätten gezeigt, dass Kinder, die sich wehren und laut sind, oftmals ein Verbrechen abwehren konnten. Auch eine Trillerpfeife könne – nach Anleitung durch die Eltern – ein Hilfsmittel sein, um so in Notsituationen auf sich aufmerksam machen zu können.
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