Kitas in Corona-Zeiten: Zwischenlösungen sind die besten
Sieben Empfehlungen, wie Familien schnell entlastet werden können und die frühe Bildung von Kindern gewährleistet bleibt. Ein Gastbeitrag.
Katharina Spieß ist Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am Deutschen Institut für Wirtschaftsdorschung (DIW) in Berlin.
Die Kitas in Deutschland sind seit vielen Wochen für die große Mehrheit aller Kinder geschlossen, bisher gab es für viele Eltern und Kinder noch nicht einmal eine Perspektive, wann es wieder los geht. Doch nun scheint sich etwas zu tun. Und es ist höchste Zeit!
Die Jugend- und Familienministerkonferenz hat gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium einen stufenweisen Prozess zur Öffnung der Kinderbetreuungsangebote von der Notbetreuung hin zum Regelbetrieb beschlossen.
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Die Ergebnisse eines Treffens von Bund und Ländern, in dessen Rahmen über die konkrete Umsetzung der Empfehlungen beraten wird, stehen aktuell zwar noch aus. Doch endlich scheint sich etwas abzuzeichnen und zwar für nahezu alle Familien mit Kindern im Kita-Alter, denn nur etwa drei Prozent aller Kinder besuchen niemals eine Kita.
Fakt ist: Die meisten Kinder können seit etwa sieben Wochen nicht mehr in die Kita gehen, nicht mit Gleichaltrigen interagieren, nicht ihre (Bezugs-)ErzieherIn sehen. Ersatz dafür gibt es praktisch nicht. Die Eltern dieser Kinder, mehrheitlich beide erwerbstätig, versuchen vielfach im Home-Office, in systemrelevanten Berufen oder auch an anderen Arbeitsplätzen ihrer Erwerbsarbeit nachzugehen und sich gleichzeitig ihren Kindern zu widmen – was oftmals kaum zu schaffen ist.
Alle Familien brauchen eine Perspektive
Andere Eltern sind in Kurzarbeit und haben große wirtschaftliche Sorgen. Es scheint angekommen zu sein, dass dies zu einer immensen Belastung vieler Familien führt. Eines ist klar: Alle Familien brauchen eine Perspektive!
Der Übergang in den Regelbetrieb wird jedoch so schnell nicht möglich sein. Also brauchen wir dringend innovative Lösungsansätze, wie wir mit der nötigen Verantwortung und Flexibilität die Zwischenzeit gestalten. Keiner weiß, welche neuen Erkenntnisse die Gesundheitsforschung mit Blick auf Kinder und die Verbreitung des Corona-Virus bringen wird. Deshalb müssen Maßnahmen so gestaltet werden, dass sie sich im Falle neuer Erkenntnisse anpassen lassen.
Hygienemaßnahmen in Kitas müssen umgesetzt werden, denn bei allen Überlegungen muss neben den Kindern natürlich auch an die Fachkräfte in den Kitas gedacht werden. Dies wird mit den ohnehin knappen Mitteln, die vielen Kitas zur Verfügung stehen, häufig nicht machbar sein.
Infektionsketten müssen kontrollierbar bleiben
Erstens brauchen wir von daher zusätzliche Mittel für einen entsprechenden Gesundheitsschutz in den Kitas.
Zweitens liegen Vorschläge für eine Umsetzung der schrittweisen Öffnung auf dem Tisch, zum Beispiel eine tage- oder auch halbtägige Kita-Nutzung für eine kleine Gruppe, in der jedes Mal dieselben Kinder zusammen kommen. Wichtig dabei ist, dass Infektionsketten kontrollierbar bleiben.
Drittens könnten Kita-Angebote auch in anderen Räumen oder in Außenbereichen stattfinden. Teilweise stehen Räume leer, die beispielsweise aufgrund von abgesagten Veranstaltungen nicht genutzt werden können.
Viertens muss zusätzliches Fachpersonal rekrutiert werden, damit solche Optionen genutzt werden können. Ähnlich wie im Gesundheitsbereich könnte man auch hier an angehende Fachkräfte, also solche, die sich in der Ausbildung befinden, denken. Diese pädagogischen Fachkräfte brauchen ohnehin Praxiserfahrung und können vielleicht andere Jobs zur Finanzierung ihrer Ausbildung nicht ausüben.
Mehr Mittel fürs Personal
Fünftens brauchen wir also auch mehr Mittel, um zusätzliches Personal zu finanzieren.
Sechstens müssen die Lösungen aber an die regionalen Gegebenheiten angepasst werden. Erstmalig könnte es ein Vorteil sein, dass frühe Bildung und Betreuung durch einen Flickenteppich gekennzeichnet sind. Je nach Infektionslage vor Ort müssen die örtlichen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe anders agieren.
Siebtens schließlich muss es um eine rasche Umsetzung gehen, damit Familien vor Ort Perspektiven haben, denn ohne die krankt das Humanpotenzial von heute und auch von morgen.
Katharina Spieß
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