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Klaus Lederer (l-r, Die Linke), Kultursenator von Berlin, Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Wirtschaftssenatorin von Berlin.
© Christoph Soeder/dpa

Berliner Haushalt: Zurück im Risiko

SPD, Linke und Grüne machen aus Berlin ein großes Labor für Visionen. Diese Finanzakrobatik ist legal, aber verantwortungslos. Ein Kommentar

Öffentliche Haushalte sind nicht nur dröges Zahlenwerk, sie sind auch ein Spiegelbild der Regierungspolitik. Der Berliner Etat für die nächsten zwei Jahre, mit dem Rot-Rot-Grün schon auf den Wahlkampf 2021 zusteuert, zeigt das besonders schön. Trotz aller Krisen, die das Bündnis aus SPD, Linken und Grünen in den vergangenen drei Jahren mehrfach an den Rand des Abgrunds brachte, ist diese Koalition im Wunsch vereint, aus Berlin ein großes Labor für ihre politischen Visionen zu machen. Koste es, was es wolle.

Als diese Regierung Ende 2016 ans Ruder kam, war das noch kein Problem. Der Berliner Senat konnte dank üppiger Steuereinnahmen und niedriger Zinsen aus dem Vollen schöpfen. Es wurden sogar Schulden abgebaut und Milliardenbeträge für Investitionen in die Zukunft der rapide wachsenden Stadt zurückgelegt. Die öffentliche Verwaltung bekam mehr Personal, und dessen Gehälter liegen jetzt schon fast auf Bundesniveau. Die konsumtiven Ausgaben wurden großzügig aufgestockt, und zwar nicht nur für jene, die einen starken Staat brauchen.

Solange die finanziellen Spielräume groß waren, ließ sich ein solches Programm noch akzeptieren – unter der Voraussetzung, dass das Augenmaß mit Blick auf künftige konjunkturelle Risiken nicht verloren geht. Aber genau das ist geschehen. Die rot-rot-grüne Koalition haut bis zum Wahljahr 2021 alles Geld raus, das irgendwo noch zu finden ist. Damit die gesetzliche Schuldenbremse eingehalten werden kann, müssen Ende dieses Jahres sogar 850 Millionen Euro nach 2021 verschoben werden, um nicht in rote Zahlen zu rutschen.

Es fehlt an Personal

Diese Finanzakrobatik ist legal, aber verantwortungslos. Anders wusste sich der Senat wohl nicht mehr zu helfen, um jene Wohltaten wenigstens vorläufig noch bezahlen zu können, mit denen er die Wähler günstig stimmen will. Angefangen vom Gratisessen in der Grundschule über das kostenlose BVG-Schülerticket bis zur Hauptstadtzulage für rund 150.000 Landesbedienstete. Die Kosten für den Mietendeckel werden im neuen Doppeletat ebenso abgebildet wie die weitere Kommunalisierung von Grundstücken und Wohnungen. Allein diese Projekte summieren sich auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr.

Für Parks und Straßenbäume stehen im neuen Etat zweistellige Millionenbeträge zur Verfügung. Für die Beschaffung eines neuen S- und U-Bahn-Fahrzeugparks sind es sogar Milliardenbeträge, Gleiches gilt für den Schulbau. Auch die überfällige Digitalisierung der Landesverwaltung hat einen hohen Preis und die schnelle Anpassung der Bezüge und Tarifgehälter in der Berliner Verwaltung an das Bundesniveau führt dazu, dass die Personalkosten in dieser Legislaturperiode um ein gutes Viertel steigen. Auch viele Beschäftigten der freien Träger werden künftig besser bezahlt.

Andererseits werden in diesem Jahr fast eine Milliarde Euro für Investitionen gar nicht ausgegeben, weil das Personal zum Abrufen fehlt. Rot-Rot-Grün kann nur hoffen, dass auch im neuen Etat viel Geld liegen bleibt, um noch über die Runden zu kommen. Auf die Dauer geht ein solches Vabanquespiel nicht gut. Irgendwann verliert auch der stabilste Haushalt den letzten Spielraum. Wenigstens ist die Flucht in fremdes Geld durch die Schuldenbremse erschwert. Aber es droht der Griff nach dem Rotstift, wenn diese Koalition so weitermacht.

Ulrich Zawatka-Gerlach

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