Bund-Länder-Finanzausgleich: Zurück auf Los
Die Verhandlungen sind festgefahren: Kanzlerin Merkel stoppt mit Horst Seehofer einen Kompromissvorschlag von Finanzminister Schäuble. Und eine Ländergruppe rebelliert - auch da ist Bayern dabei.
Bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über den künftigen Finanzausgleich deutet sich Bewegung an – allerdings nach dem Motto „Zurück auf Los“. Der Grund: Die wesentlichen Punkte eines Kompromissvorschlags, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) im Oktober vorgelegt hatten, stehen nach einer Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und wegen der Ablehnung durch eine Ländermehrheit wieder zur Disposition. Das „Schäuble-Scholz-Papier“ sei tot, lautete am Dienstag eine Einschätzung in den Ländern. Mit der Ablehnung der Vorschläge von Schäuble und Scholz seien die Verhandlungen nun in eine gewisse Ziellosigkeit geraten, hieß es. Ein Treffen Schäubles mit den Finanzministern der Länder, das an diesem Mittwoch stattfinden sollte, wurde abgesagt. Am kommenden Montag treffen sich die Chefs der rot-grün regierten Länder in Berlin, am Donnerstag darauf wird es in Potsdam zu einer Sondersitzung der Ministerpräsidentenkonferenz kommen. Eine Teileinigung zwischen Bund und Ländern bei dem Treffen Merkels mit den Ministerpräsidenten am 11. Dezember gilt nun als ausgeschlossen.
Stoppsignal von Merkel und Seehofer
Einer der Kernpunkte des Schäuble-Scholz-Papiers war, den Solidaritätszuschlag ab 2019 in den normalen Einkommensteuertarif zu integrieren. Gleichzeitig wollten Schäuble und mehrere Ministerpräsidenten dies mit einem Abbau der kalten Progression verbinden (indem der Einkommensteuertarif zur Entlastung der Steuerzahler laufend an die Inflation angepasst wird). Das ist nun vorerst vom Tisch, weil vor allem Merkel dem nichts abgewinnen kann. Unterstützt wurde sie bei einem Treffen mit den Unions-Ministerpräsidenten in der Vorwoche darin vor allem durch den Bayern Horst Seehofer. Beide fürchten offenbar, dass die Übernahme des Solidaritätszuschlags in die reguläre Steuer trotz der Verknüpfung mit der Entlastung bei der Progression als verkappte Steuererhöhung erscheinen könnte. Der Plan hätte aber auch finanzielle Verluste für den Bundesetat bedeutet. Bisher fließen die Soli-Mittel allein dem Bund zu, der daraus seinen Verpflichtungen für den Osten bezahlt, die freilich seit Jahren stetig sinken. Als Teil der Steuer würden jedoch fast 60 Prozent der Mittel (2019 sollen es immerhin insgesamt 18 Milliarden Euro sein) den Ländern und Kommunen zukommen. Nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober galt es als ausgemacht, dass die Länder die Integration des Soli in die Einkommensteuer mittragen.
Und wieder ist Bayern dabei
Auch ein zweiter Kernvorschlag hat wohl keine Chance mehr: Schäuble und Scholz hatten angedacht, dass der Bund nicht, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, den Ländern und Kommunen die Eingliederungshilfe für Behinderte abnimmt, sondern stattdessen die Kosten der Unterkunft für Langzeitarbeitslose. Damit sollten vor allem die Länder mit höherer Arbeitslosigkeit entlastet werden. Doch nun hat sich nach Informationen des Tagesspiegels eine Mehrheit von elf Ländern dagegen gewandt, darunter neben den Ost-Ländern auch Bayern.
Beide Vorschläge von Schäuble und Scholz sollten dazu beitragen, die Gegensätze zwischen Bund und Ländern sowie der Länder untereinander sukzessive aufzulösen. Insbesondere die Teilung der Soli-Mittel galt bislang unter den Ministerpräsidenten als geeigneter Ansatzpunkt, weil so alle Länder höhere Einnahmen hätten erzielen können – die finanzkräftigen vor allem durch höhere Steuereinnahmen, die schwächeren eher durch mehr Mittel aus dem Länderfinanzausgleich. Allerdings wäre damit auch die Summe, die das Hauptzahlerland Bayern in den Finanzausgleich überweisen müsste, nochmals erhöht worden. Seehofer will aber eine Verringerung der Zahlungen seines Landes. Zudem hatten die Ost-Ministerpräsidenten Vorbehalte. Aus dem Soli-Volumen sollte auch eine Zinshilfe für Länder mit sehr hohen Schulden gezahlt werden, voran Bremen und das Saarland. Allerdings war umstritten, ob der Bund im Gegenzug für die Teilung der Soli-Einnahmen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer bekommen kann – das war Schäubles Anliegen, das aber von den Ministerpräsidenten zurückgewiesen worden war
Alles wieder völlig offen
Wie der Solidaritätszuschlag von 2020 an verwendet werden soll, ist nun wieder völlig offen. Neben der Integration in die Steuer gab es bislang vor allem zwei Ideen: die Mittel entweder in einen Altschuldenfonds oder in einen Infrastrukturfonds für wirtschaftlich schwächere Regionen fließen zu lassen. Doch der Altschuldenfonds wurde bisher von den finanzstarken Ländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg und dem, sehr gering verschuldeten Sachsen abgelehnt. Der Infrastrukturfonds wiederum wäre vor allem eine verkappte Fortsetzung der Sonderförderung für den Osten, weshalb es in den West-Ländern dagegen Vorbehalte gibt. Vor allem die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat zuletzt gefordert, dass ihrem Länd deutlich mehr Mittel verbleiben müssten als bisher und eine fundamentale Neuordnung des Finanzausgleichs ins Gespräch gebracht, ohne dafür Mitstreiter zu haben. Die Summen, die NRW aus einem Altschulden- wie einem Infrastrukturfonds bekommen würde, wären angesichts der Forderungen Krafts wohl zu niedrig.
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