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Großbritanniens neuer Außenminister Boris Johnson.
© AFP

Reaktionen auf die Ernennung von Boris Johnson: „Zuerst dachte ich, das ist ein Scherz“

In Brüssel löst die Ernennung des Brexit-Vorkämpfers Boris Johnson zum britischen Außenminister ungläubiges Staunen aus.

Sie wisse nicht, ob sie lachen oder weinen solle, bekannte am Donnerstag die Grünen-Fraktionschefin im EU-Parlament, Rebecca Harms, angesichts der Ernennung des Brexit-Vorkämpfers Boris Johnson zum britischen Außenminister. „Zuerst dachte ich, das ist ein Scherz“, erklärte die Grünen-Politikerin.

Johnson hatte sich im Februar auf die Seite der Brexit-Befürworter geschlagen. Der redegewandte Londoner Ex-Bürgermeister hatte damit wesentlich dazu beigetragen, dass das Brexit-Lager beim Referendum am 23. Juni rund 52 Prozent der Stimmen holte. Anschließend erklärte Johnson angesichts des fehlenden Rückhalts bei den regierenden Konservativen, dass er nicht die Nachfolge des damaligen Premiers David Cameron antreten wolle.

Die Grünen-Fraktionschefin Harms erklärte, es sei nicht gut, „wenn Verantwortungslosigkeit in der Politik belohnt wird“. Sie forderte, dass die neue britische Regierung „so schnell wie möglich den Austritt organisieren“ und Artikel 50 des EU-Vertrages aktivieren müsse. „Erst dann können die Verhandlungen über den Ausstieg Großbritanniens beginnen“, so Harms. Es müsse so schnell wie möglich Verhandlungen geben, „um Klarheit und einen fairen Deal für alle Seiten zu schaffen“. Allerdings hat die neue britische Regierungschefin Theresa May offenbar erst einmal andere Prioritäten – sie möchte die soziale und regionale Spaltung im Land überwinden, die beim Referendum zum Ausdruck gekommen war.

EU-Parlamentschef Schulz befürchtet „Teufelskreis“ für Europa

Ähnlich wie Harms äußerte sich auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Gianni Pittella. „Niemand wird Cameron vermissen“, twitterte er zum Abschied des britischen Regierungschefs. „Die neue Premierministerin May muss nun Artikel 50 auslösen“.

EU-Parlamentschef Martin Schulz beklagte, dass sich May bei der Zusammenstellung ihres Kabinetts nicht vom nationalen Interesse des Landes, sondern von parteitaktischen Erwägungen habe leiten lassen. "Großbritannien muss diesen gefährlichen Teufelskreis durchbrechen, der direkte Auswirkungen auf den Rest Europas hat", forderte der SPD-Politiker.

Liberalen-Fraktionschef Verhofstadt: Britischer Humor kennt keine Grenzen

Der Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament, der Belgier Guy Verhofstadt, reagierte derweil lakonisch auf die Ernennung Johnsons. „Eindeutig kennt der britische Humor keine Grenzen“, twittere er.

Scheidender EU-Kommissar Hill: Referendum lässt sich nicht mehr rückgängig machen

Einen ganz eigenen Blick auf die neuen britischen Verhältnisse hat indes der scheidende EU-Kommissar Jonathan Hill. Der Brite hatte das „Remain“-Lager unterstützt und zwei Tage nach dem Referendum seinen Rücktritt erklärt. Hill sagte am Donnerstag in Brüssel, dass sich die mit der Volksabstimmung getroffene Entscheidung nicht mehr rückgängig machen lasse. Nun werde es darum gehen, dass die neue britische Regierung gute Beziehungen mit den Partnern auf dem Kontinent unterhalte. Die großen Auswirkungen des Referendums für Großbritannien und die übrigen 27 EU-Partner müssten „ruhig und sensibel“ bewältigt werden, appellierte Hill. Der 55-Jährige, der bislang in der EU-Kommission für den Finanzmarkt zuständig war, will erst einmal Urlaub machen, sich in Geschichtsbücher vertiefen und einem typisch britischen Hobby nachgehen – dem Gärtnern.

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