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Mark Zuckerberg im April bei einer Anhörung im US-Senat.
© REUTERS/Leah Millis

Livestream am Dienstag: Zuckerberg stellt sich den Fragen des EU-Parlaments

Justizkommissarin Vera Jourova begrüßt, dass sich der Facebook-Chef am Dienstag mit Abgeordneten trifft. Sie selbst hat sich nach dem Datenskandal bei Facebook abgemeldet.

Das Treffen von Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit Europaparlamentariern am heutigen Dienstag ist „für ihn selbst die richtige Entscheidung”, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova in einem Interview. Zuckerberg wird sich heute Nachmittag um 17.45 Uhr mit EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, den Fraktionsvorsitzenden im Parlament sowie mit Claude Moraes, dem britischen Europaabgeordneten, der dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten (LIBE) vorsteht, und mit Jan Philipp Albrecht, dem deutschen Grünen-Abgeordneten, der die Verhandlungen des Parlaments über die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geleitet hat, treffen.

Am Montag hatte Tajani angekündigt, dass das Treffen online im Livestream auf der Homepage des Europaparlaments zu verfolgen sein wird (Hier der Link). Europaabgeordnete unterschiedlicher politischer Gruppen hatten gefordert, Zuckerberg solle die Fragen der Parlamentarier vor einer Kamera beantworten. Den Sinneswandel Zuckerbergs, der zunächst ein Gespräch hinter geschlossenen Türen gefordert haben soll, wurde von Jourova im Kurznachrichtendienst Twitter begrüßt.

Viele Europaabgeordnete hatten sich empört gezeigt, als Tajani vergangene Woche angekündigt hatte, das Treffen mit dem Facebook-Chef werde unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das Parlament hatte ursprünglich ein viel größeres öffentliches Format gefordert.

Jourova selbst wird Zuckerberg bei seinem Besuch in Brüssel nicht treffen, da sie an einem Treffen mit den nationalen Justizministern in Bulgarien teilnimmt. Am Mittwoch will Zuckerberg den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris besuchen. Weitere europäische Staatsführer wird der milliardenschwere Facebook-Chef auf seiner Tour durch Europa nicht treffen.

Die Justizkommissarin sagte gegenüber EurActiv, für Zuckerberg sei es „die richtige Entscheidung, dass er kommt und erklärt, was passiert ist, und den Menschen hier auch die Gewissheit gibt, dass es sich nicht wiederholen wird und dass es entsprechende Schutzvorkehrungen gibt.“ Jourova fügte hinzu: „Das ist es, was die Europäer hören wollen. Sie sind in Bezug auf ihre Privatsphäre sehr viel sensibler als die Amerikaner.“

Vergangenen Monat hatte Zuckerberg mehr als 10 Stunden lang vor dem US-Kongress über den massiven Datenmissbrauch ausgesagt. Dieser hatte Facebook veranlasst, neue Datenschutzeinstellungen einzuführen.

Im März war bekannt geworden, dass das Beratungsunternehmen „Cambridge Analytica“ die Daten von mehr als 87 Millionen Facebook-Nutzern ohne deren Wissen für politische Kampagnenarbeit analysiert hat. Rund 2,7 Millionen dieser Nutzer leben in der EU.

Weniger Facebook-Austritte als erwartet

Jourova, die selber keinen Facebook-Account mehr hat, erklärte, sie habe eigentlich erwartet, dass mehr Nutzter der Plattform den Rücken kehren würden, nachdem der Datenmissbrauch bekannt wurde.

Sie verstehe aber, dass ein Facebook-Konto für viele Menschen „existenziell“ wichtig sei, so die Kommissarin. Sie nannte die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die diesen Freitag in Kraft tritt, als ein neues rechtliches Hindernis für zukünftigen Datenmissbrauch im Stile von „Cambridge Analytica“.

EU-Justizkommissarin Vera Jourova.
EU-Justizkommissarin Vera Jourova.
© Emmanuel Dunand/AFP

Doch wenige Tage, bevor das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, befürchtet die Justizkommissarin, dass die nationalen Datenschutzbehörden in mehreren EU-Ländern nicht über die nötige Arbeitskraft verfügen, um Technologieunternehmen gründlich genug zu überwachen. Die Datenschutzbehörden erhalten im Rahmen der DSGVO ein Arsenal an neuen Befugnissen und können Datenschutzverletzungen mit Geldbußen von bis zu 20 Milliarden Euro oder vier Prozent des weltweiten Umsatzes der Internetfirmen belegen.

Jourova sagte, Regulierungsbehörden in einigen EU-Ländern hätten zu wenige Ressourcen und müssten dringend neues Personal einstellen. Sie wären andernfalls nicht in der Lage, gegen die Tech-Giganten vorzugehen, wenn diese gegen das Gesetz verstoßen.

„Die DSGVO basiert auf einer Risikobewertung, und wir sehen die größten Risiken – logischerweise – auf Seiten der großen Unternehmen, die riesige Datenmengen von Millionen von Nutzern sammeln. Hier müssen die Datenschutzbehörden gut gerüstet sein, um dem zu begegnen,“ forderte die Kommissarin. Auch für „Facebook und andere“ werde die DSGVO „eine Menge neuer Kapazitäten erfordern“, fügte sie hinzu.

Datenschutz-Grundverordnung tritt am Freitag in Kraft

Die irische Datenschutzbehörde hat angekündigt, ihre Mitarbeiterzahl in diesem Jahr auf rund 140 Personen zu erhöhen. Facebook und Google haben ihren europäischen Hauptsitz in Irland; und die irische Datenschutzagentur wird die Hauptaufsichtsbehörde der EU sein, die für DSGVO-bezogene Untersuchungen der Unternehmen zuständig ist.

Derweil haben Behörden in anderen EU-Ländern scheinbar weitaus größere Probleme als die irische Regulierungsbehörde, mit dem neuen Gesetz Schritt zu halten. 17 von 24 EU-Datenschutzbehörden, die in diesem Monat auf eine Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters geantwortet haben, gaben an, dass ihnen die Mittel für die Erfüllung ihrer neuen Aufgaben fehlen.

Jourova kündigte an, sie werde einen Brief an alle EU-Minister schreiben, die das Datenschutzrecht in ihren Ländern überwachen. Sie werde die nationalen Regierungen, die sich weigern, die Finanzmittel ihrer Datenschutzbehörden aufzustocken, warnen – ebenso wie die acht EU-Länder, die die DSGVO noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben: „Natürlich wird es eine spezielle Botschaft für Staaten geben, in denen wir die Gesetzgebung noch nicht sehen. Wir werden diese Warnung auch mit dem Plädoyer verbinden, genügend Kapazitäten für die Datenschutzbehörden bereitzustellen.“

Nach Angaben der Kommission werden Bulgarien, Belgien, Zypern, Griechenland, die Tschechische Republik, Ungarn, Litauen und Slowenien die Frist am 25. Mai verpassen. Sie haben ihre nationalen Gesetze bisher nicht entsprechend aktualisiert.

„Ich mache mir Sorgen. In diesen Ländern könnte rechtliches Chaos entstehen,“ so Jourová. Sie sagte allerdings nicht, ob diesen Ländern bereits mit Klagen gedroht werden könnte, weil sie das neue EU-Recht nicht rechtzeitig eingeführt haben. Für die Kommissarin ist lediglich klar: „Für mich beginnt die große Arbeit erst am 26. Mai. Die Arbeit ist noch lange nicht getan.“

Übersetzung: Tim Steins. Erschienen bei EurActiv. Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

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Catherine Stupp

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