Anti-Islam-Kurs der AfD: Zentralrat der Muslime fühlt sich an Hitler-Deutschland erinnert
Zentralratschef Aiman Mazyek bezeichnet die AfD als "nicht grundgesetzkonform". AfD-Politiker hatten erklärt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland.
Der Zentralrat der Muslime fühlt sich beim Anti-Islam-Kurs der AfD an den Nationalsozialismus erinnert. "Es ist das erste Mal seit Hitler-Deutschland, dass es eine Partei gibt, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und existenziell bedroht", sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek am Montag auf NDR Info. Er erinnerte an die im Grundgesetz zugesicherte Religionsfreiheit in Deutschland. "Die AfD will die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen", sagte Mazyek, "nicht der Islam ist nicht grundgesetzkonform, die AfD ist nicht grundgesetzkonform."
Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland hatte den Islam als "Fremdkörper" in Deutschland bezeichnet, seine Berliner Kollegin Beatrix von Storch hatte der "FAS" erklärte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Anschließend legte auch der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen nach. Meuthen, der gerade bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg mit der AfD rund 15 Prozent gewonnen hat, forderte eine „Dominanz christlich geprägter Religion“ in Deutschland. Diese wolle man auch zahlenmäßig auf Dauer aufrecht erhalten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Islam gehöre nicht zur Bundesrepublik - allerdings gehörten zur Realität Deutschlands Muslime, die das Recht hätten, ihren Glauben hier zu leben. „Es muss aber klar sein, dass dabei die vollständige Einhaltung der Gesetze gewahrt wird. Wo Muslime sich etwa auf die Scharia beziehen, müssen unsere Gesetze Vorrang haben.“
Der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge hingegen rechnet mit einer differenzierten Position seiner Partei zum Thema Islam. Zu den Äußerungen von Beatrix von Storch und Alexander Gauland, der Islam sei eine Ideologie, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, sagte er im Deutschlandfunk: „Ich denke nicht, dass sich diese Äußerung jetzt von Frau Storch und von Herrn Gauland in dieser Einfachheit halten lassen wird“. Die endgültige Haltung der AfD werde noch auf dem Bundesparteitag in zwei Wochen zu diskutieren sein. „Ich gehe davon aus, dass es eine differenzierte Positionierung geben wird“, sagte Junge. Man müsse unterscheiden zwischen einem fundamentalistischen Islam und dem Glauben friedlicher Bürger. Jedoch sei der Islam eine „politische Religion“. Es gebe ein Klima, das die Radikalisierung von Muslimen möglich mache.
Die AfD will auf ihrem Parteitag in zwei Wochen in Stuttgart ihren Anti-Islamkurs im Parteiprogramm festschreiben. Dabei soll es auch darum gehen, Symbole des Islams aus der Öffentlichkeit zu verbannen. „Wir sind für ein Verbot von Minaretten, von Muezzins und für ein Verbot der Vollverschleierung“, erklärte von Storch. Den Bau und den Betrieb von Moscheen sowie Beschneidungen wolle man dagegen nicht verbieten. Meuthen betonte, Leitkultur in Deutschland sei die christlich-abendländische Kultur. „Dann kann der Ruf des Muezzins auch nicht die gleiche Selbstverständlichkeit für sich beanspruchen wie das Kirchenglockengeläut“, sagte er.
Andere Parteien haben mit heftiger Kritik auf die angekündigte Verschärfung des islamkritischen Kurses der AfD reagiert. „Die AfD radikalisiert sich immer mehr. Ihre Positionen zum Islam zeugen von extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, sagte Franz Josef Jung, Beauftragter der Unionsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, der „Welt“. Mit ihren Thesen diffamiere die AfD „pauschal einen ganzen Glauben“. Der Partei gehe es „nicht darum, die Gefahren des islamistischen Fundamentalismus zu bekämpfen“. Vielmehr versuche sie, „den Glauben von Millionen Menschen in Misskredit zu bringen“.
"Die Glaubensfreiheit ist Bestandteil des Grundgesetzes"
Nach Ansicht der SPD-Beauftragten für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kerstin Griese, schürt die AfD „auf hochgefährliche Weise haltlose Vorurteile“. Selbstverständlich gebe es „einen Islam, der sich ans Grundgesetz hält“. Praktiziert werde dieser von „weit mehr als 90 Prozent der hier lebenden Muslime“. Man dürfe nicht aus der Existenz „von einigen extremistischen Gruppen auf eine ganze Religion schließen“. Die von der AfD geforderten Einschränkungen muslimischer Religionspraxis hält Griese für verfassungswidrig, denn „die Glaubensfreiheit ist Bestandteil des Grundgesetzes“.
Die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, warf der AfD vor, mit „Islamhass“ das gesellschaftliche Klima zu vergiften und „Rassismus gegen Muslime“ zu schüren. Die AfD, so Buchholz, „wirft geistige Brandsätze und ist so mitverantwortlich für die steigende Zahl an islamfeindlichen Übergriffen auf Anschlägen auf Flüchtlingsheime“.
„Die AfD betreibt billigen und gefährlichen Populismus zugleich“, sagte Rainer Schmeltzer, NRW-Minister für Arbeit und Integration, der „Rheinischen Post“: „Wir dürfen nicht zulassen, dass einzelne Gruppen der Bevölkerung gegen andere ausgespielt werden.“ Tsp/dpa/KNA