Südafrika: Zentausende fordern Präsident Zuma zum Rücktritt auf
Nach zahlreichen Korruptionsskandalen und mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise haben die Südafrikaner genug. Sie wollen ein neues Staatsoberhaupt.
„Zuma muss fallen!“ – eine andere Lösung gibt es laut den Südafrikanern für die derzeitige Wirtschafts- und Regierungskrise nicht. Am Freitag kam es in allen Großstädten der Kaprepublik zu Massenprotesten gegen den Staatspräsidenten. In eineinhalb Wochen muss sich Jacob Zuma einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Doch es scheint, als werde der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) den Aufschrei des Volks ignorieren.
Kilometerlange Menschenketten in allen Metropolen des Landes. Lastwagen mit Plakaten, die Autobahnen blockieren. Geschlossene Geschäfte und ein Großaufgebot der Polizei. „Wir stehen hier vereint als ein Land und ein Volk, um Demokratie zu verlangen“, ruft ein junger Demonstrant in Johannesburg. Wie er gingen zehntausende Menschen auf die Straße, um den Rücktritt des Präsidenten zu fordern. „Herr Zuma, Sie haben die Orientierung verloren. Verschwinden Sie!“, forderte ein Plakat in Durban. Ein vierstöckiges Gebäude hüllte sich hier in ein Banner. In Kapstadt marschierte die Menge zum Parlament, in Pretoria zu den Union Buildings, Zumas Amtssitz. Eine Gruppe Jugendlicher warnte 23 Jahre nach dem Fall der Apartheid: „Unsere Eltern riskierten ihr Leben nicht, um eine Diktatur zu schützen.“ Die Polizei schoss mit Gummikugeln auf ANC-Anhänger. Es gab mehrere Verletzte.
Proteste auch in Berlin
Auch in Berlin und New York kündigten Südafrikaner Proteste vor ihren Botschaften an. In London will die Diaspora am Samstag auf die Straße gehen. Die Wut des Volks richtet sich gegen Zumas Vetternwirtschaft, welche die jüngste Regierungsumbildung maßgeblich beeinflusst haben soll. Am vergangenen Donnerstag hatte Zuma fünf Minister entlassen, darunter Finanzminister Pravin Gordhan. Er galt als unkorrumpierbar und als Stabilisierungsfaktor in Südafrikas Regierung. 20 weitere Posten wurden neu besetzt. Seitdem gaben drei der entlassenen Minister diese Woche ihre Sitze im Parlament auf. Die Märkte reagierten binnen Minuten auf die Kabinettsneubesetzung, die Landeswährung Rand fiel dramatisch. Am Montag stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s Südafrika auf Ramschniveau hinab, Fitch folgte am Freitag. Andere Ratingagenturen kündigten ebenfalls eine Neubewertung von Südafrikas Kreditwürdigkeit an.
Zuma versuchte diese Woche zu beschwichtigen. Tatsächlich steht es um den 2008 gewählten Präsidenten nach etlichen Korruptionsskandalen so schlecht wie nie zuvor: Gewerkschaften, Kirchen, Konzerne und Bürgeraktivisten fordern jetzt seinen Rücktritt. Hinter der Neubesetzung seines Kabinetts wittern Kritiker Einfluss von außen. Im vergangenen Jahr machte ein Untersuchungsbericht der früheren Ombudsfrau Thuli Madonsela Schlagzeilen: Demnach habe eine millionenschwere Unternehmerfamilie aus Indien versucht, Ministerposten in Südafrika durch Bestechungsgeld neu zu besetzen. Präsident Zuma habe den drei Gupta-Brüdern als Marionette gedient. Auch die Villa der Guptas in Johannesburg wurde am Freitag von Demonstranten belagert.
Gespaltene Regierungspartei
Die Revolutionspartei und älteste Befreiungsbewegung Afrikas ist gespalten. Jedoch gehen Politologen davon aus, dass das geplante Misstrauensvotum am 18. April keineswegs Zumas politisches Ende einläuten wird. Der ANC hält mit 249 von 400 Stimmen die Mehrheit im Parlament. Bei einem Krisentreffen zu Wochenbeginn entschuldigten sich drei Parteiführer für ihre Kritik an Zuma und gestanden ein, „Fehler“ begangen zu haben. Den ANC-Abgeordneten schärften sie ein, Zuma im Parlament zu schützen. „In einem politischen Parteisystem können Abgeordnete nicht mit ihrem Gewissen entscheiden“, sagte Parteisekretär Gwede Mantashe. Die Hoffnung der Opposition, mindestens 50 ANC- Parlamentarier für das Misstrauensvotum zu gewinnen, zerschlug er mit der Frage: „Glaubt ihr, wir seien der Weihnachtsmann?“
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