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Der Widerstand gegen Südafrikas Präsidenten Zuma wächst. Nächste Woche droht ihm ein Misstrauensvotum.
© imago/Gallo Images

Südafrikas Präsident Zuma: Autokrat in spe

Südafrikas Präsident Jacob Zuma steht wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck. Mit dem Rauswurf mehrerer Minister will er seine Macht dennoch sichern

Die Menge tanzt und jubelt. Lieder aus dem Freiheitskampf ertönen, als Pravin Gordhan die Halle betritt. Es ist keine Wahlkundgebung. Sondern Südafrikas Finanzministerium, wo Büroangestellte gestern ihren Chef verabschiedeten. In der Nacht auf Freitag entließ Präsident Jacob Zuma seinen Finanzminister – und damit einen der letzten stabilisierenden Faktoren seiner Regierung. In dem Land mit 26 Prozent Arbeitslosigkeit galt Gordhan als Bollwerk gegen Korruption. Mit ihm musste eine Reihe weiterer Minister das Kabinett verlassen. Lokale Medien sprachen von einer „Nacht der langen Messer“, die weitreichende Folgen für die Kaprepublik haben könnte.

Zumas Zustimmung erreichte am Freitag einen neuen Tiefpunkt. Landesweit erlebte die „ZumaMustFall“-Bewegung ein Comeback, die den Rücktritt des nach etlichen Korruptionsskandalen angeschlagenen Staatsoberhaupts fordert. In der Hauptstadt Pretoria gingen Menschen auf die Straßen, um vor dem Finanzministerium zu protestieren. In Kapstadt kam es zu Demonstrationen vor dem Parlament. Schüler trugen Plakate mit der Aufschrift: „Wir brauchen eine Zukunft“.

Wie ein Krimi liest sich die Chronik, die zur Entlassung von fünf Ministern und 20 Neubesetzungen geführt haben soll. Im Fokus steht „Operation Schachmatt“. Dem Plan zufolge sollte sich Ex-Finanzminister Gordhan diese Woche mit internationalen Bankiers in London treffen – im Geheimen. „Das Finanzministerium und die Staatskasse wollten klarstellen, dass sie die Zustimmung der Mehrheit im ANC genießen und den Präsidenten stürzen werden“, heißt es in einem öffentlich gewordenen Untersuchungsbericht. Parteigenossen warnten Zuma: Der Bericht sei voll von „haltlosen Anschuldigungen“. Jedoch kamen die Vorwürfe Zuma gerade recht, um sich kritischer Stimmen zu entledigen.

Die Märkte reagierten erbarmungslos nach der Ankündigung am Freitagmorgen. Die Landeswährung Rand erlebte einen Wochenverlust von acht Prozent gegenüber dem Dollar – der stärkste Rückgang seit dem letzten Finanzminister-Debakel. Denn bereits im Dezember 2015 sorgte Zuma für einen Skandal, als er binnen 48 Stunden zweimal den Finanzminister austauschte. An den Märkten brach die Panik aus. Und der Rand fiel auf ein historisches Tief. Experten schätzen den Schaden auf 14 Millionen Euro.

Um den Schaden zu begrenzen, hatte Zuma den erfahrenen Wirtschaftsexperten Pravin Gordhan als Finanzminister eingesetzt. Doch die Zweckehe sollte nicht lange währen. Als „eisig“ bis „feindselig“ beschrieben Beobachter die Beziehung zwischen den beiden Politikern. Erste Alarmzeichen, Zuma könnte Südafrikas Wirtschaft erneut auf Talfahrt schicken, gab es schon zu Wochenbeginn: Da befahl der Präsident Gordhan, augenblicklich von der Investorenreise aus London zurückzukehren. Diese sei „nicht autorisiert“ gewesen, hieß es.

Beobachter und Opposition reagierten mit Sorge auf die Kabinettsneubesetzung. „Zuma ist machttrunken und rachsüchtig“, wetterten die Wirtschaftlichen Freiheitskämpfer (EFF). „Ein weiteres Mal hat der Präsident bewiesen, dass ihn die Zukunft unseres Landes nicht interessiert“, so der Anführer der größten Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA), Mmusi Maimane. Er sprach von einer „kompletten Staatsübernahme“ durch Zumas enge Freunde, die Guptas. Die indische Unternehmerfamilie sorgte letztes Jahr für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie mit Bestechungsgeld versucht hatte, mehrere Ministerposten neu zu besetzen. Bei ihrem Versuch, Südafrikas Regierung zu lenken, soll Zuma ihnen als Marionette gedient haben.

„Ganz klar liegt es jetzt bei den Südafrikanern, die Staatskasse vor einer möglichen Plünderung zu schützen. Das hatte Pravin Gordhan bisher verhindert“, sagt Solly Mapaila, Vizepräsident der Kommunistischen Partei (SACP). Die Kommunisten gelten zusammen mit dem Gewerkschaftsbund COSATU als einflussreiche Vertraute des ANC. Zuletzt kritisierten sie Zuma jedoch für seinen zunehmend autokratischen Führungsstil.

Auch innerhalb der Regierungspartei wird die Luft für Zuma immer dünner. Südafrikas Vizepräsident Cyril Ramaphosa nannte die Entlassung des Finanzministers „total inakzeptabel“. Wie am Freitag bekannt wurde, hatten er und ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe in letzter Minute versucht, Zuma von dem Regierungswechsel abzubringen. Glaubt man Mantashe, so handelte Zuma gegen das ANC-Führungskomitee (NEC): „Der Präsident weiß, dass der ANC nicht glücklich über die Neuerungen ist.“ Die Opposition drängt für kommende Woche auf ein Misstrauensvotum im Parlament.

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