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Zehntausende demonstrieren gegen das neue Mediengesetz in der polnischen Hauptstadt Warschau.
© dpa

Polen: Zehntausende demonstrieren gegen neues Mediengesetz

Die polnische Regierung hat die öffentlich-rechtlichen Sender in Polen der staatlichen Kontrolle unterstellt. Zehntausende gingen auf die Straße, um dagegen zu protestieren, auch in Berlin.

Zehntausende Menschen haben am Samstag in mehreren polnischen Städten gegen das umstrittene neue Mediengesetz protestiert. Alleine in der Hauptstadt Warschau beteiligten laut Stadtverwaltung etwa 20.000 Demonstranten an einer Kundgebung vor dem Sitz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks TVP. Sie schwenkten polnische und EU-Flaggen und riefen: "Freie Medien, freies Polen!"

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warf der polnischen Regierung eine "gelenkte Demokratie" nach russischem Vorbild vor. Zu den Kundgebungen in Warschau und etwa 20 weiteren Städten hatte das Komitee für die Verteidigung der Demokratie (KOD) aufgerufen.

Demonstranten fordern Demokratie in Medien

Die Demonstranten forderten "demokratische Medien" und riefen Parolen gegen die Regierung. Auch in Berlin demonstrierten Unter den Linden auf einen KOD-Aufruf hin nach Teilnehmerangaben dutzende Menschen gegen den Kurs der polnischen Regierung. "Wir wollen sehen, sprechen, hören", war auf einem Plakat zu lesen. "Es gibt keine Demokratie ohne freie Medien", stand auf einem anderen.

Das neue Mediengesetz stellt die öffentlich-rechtlichen Sender Polens de facto unter Regierungskontrolle. Das polnische Parlament hatte das Gesetz zum Jahreswechsel im Eilverfahren verabschiedet, am Donnerstag wurde es von Staatspräsident Andrzej Duda unterzeichnet.

Die nationalkonservative Mehrheit hatte zuvor bereits ein Gesetz zur indirekten Entmachtung des Verfassungsgerichts durchgebracht. Wegen dieser Maßnahmen steht die Regierung von Ministerpräsidentin Beata Szydlo in der EU derzeit massiv in der Kritik.

EU-Parlamentspräsident Schulz warf der Regierung in Warschau vor, gegen demokratische Grundsätze zu verstoßen. "Die polnische Regierung betrachtet ihren Wahlsieg als Mandat, das Wohl des Staates dem Willen der siegreichen Partei unterzuordnen, inhaltlich und personell", sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Das ist gelenkte Demokratie nach Putins Art, eine gefährliche Putinisierung der europäischen Politik", fügte er mit Blick auf Russlands Staatschef Wladimir Putin hinzu.

Beata Szydlo kommt nach Berlin

Die EU-Kommission will sich am kommenden Mittwoch mit der Lage des Rechtsstaats in Polen befassen. Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), zeigte sich offen für Sanktionen gegen Warschau. "Wenn Verstöße gegen die europäischen Werte festzustellen sind, müssen die Mitgliedstaaten den Mut zu Sanktionen haben", sagte Kauder dem Hamburger Magazin "Der Spiegel". Es sei richtig, dass sich Brüssel die Lage genau anschaue. "Polens Regierung muss wissen: Bestimmte Grundwerte darf man in Europa nicht verletzen", sagte Kauder weiter.

Der Vorsitzende der Unionsgruppe im Europaparlament, Herbert Reul (CDU), sprach sich für finanzielle Strafen gegen Polen aus. "Wir brauchen Wirtschaftssanktionen, wenn politische Mittel des Dialogs nichts bewirken", sagte Reul dem Magazin.

Nach "Spiegel"-Informationen wird Polens Regierungschefin Szydlo am 12. Februar zu ihrem lange erwarteten Antrittsbesuch nach Berlin kommen. Die Bundesregierung hatte die konservative Politikerin demnach bereits im November eingeladen, bislang aber keine Zusage erhalten. AFP

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