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Organspenden sind oft lebensrettend: Nieren-Transplantation im Uni-Klinikum Leipzig
© Waltraud Grubitzsch/dpa

Rückgang vor allem in Ostdeutschland: Zahl der Organspender sinkt weiter

Die erhoffte Trendumkehr bei den Organspenden lässt auf sich warten. Allerdings gibt es starke Unterschiede in den Bundesländern.

Die Zahl der Organspender in Deutschland hat sich in diesem Jahr weiter verringert. Sie sank gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum zwischen Januar und Oktober von 787 auf 775, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) berichtete. Das ist ein Minus um rund 1,5 Prozent. Und auch die Zahl der gespendeten Organe ist erneut gesunken. Sie reduzierte sich den Angaben zufolge von 2566 auf 2507 – was einem Rückgang um 2,3 Prozent entspricht.

Im vergangenen Jahr war der beständige Abwärtstrend bei den Spenderzahlen erstmals gestoppt worden, damals feierten die Verantwortlichen eine Zunahme der Spenderzahlen um 20 Prozent. Nun stellt sich heraus, dass von einer Trendumkehr noch keine Rede sein kann. Im europaweiten Vergleich liegt Deutschland bei den Spenderzahlen auf einem abgeschlagenen 29. Platz.

"Patienten auf den Wartelisten läuft die Zeit davon"

Dennoch lobte die DSO die Anstrengungen der Politik um höhere Spenderzahlen. Die Abgeordneten hätten die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen bei den Rahmenbedingungen erkannt und „in Rekordzeit zum 1. April 2019 ein Gesetz verabschiedet, das mit seinen Maßnahmen genau an den strukturellen Mängeln im System ansetzt“, sagte der Medizinische Vorstand der Stiftung, Axel Rahmel, zur Eröffnung des DSO-Jahreskongresses in Frankfurt/Main.

Gleichzeitig appellierte er an die mehr als 400 Transplantationsbeauftragten, Ärzte und Pflegekräfte, die Gesetzesvorgaben nun schnell in den Klinikalltag zu integrieren. „Der Weg ist geebnet, jetzt müssen wir ihn zügig und konsequent gemeinsam gehen“, mahnte Rahmel. Und er betonte: „Den Patienten auf den Wartelisten läuft die Zeit davon.“

Minus von mehr als 50 Prozent in Brandenburg und Thüringen

Tatsächlich war die Entwicklung in diesem Jahr regional höchst unterschiedlich. Negativ fallen vor allem die ostdeutschen Länder auf. In Brandenburg brach die Zahl der Organspender binnen eines Jahres um fast 50 Prozent ein – von 33 auf nur noch 17 Personen. Bei den gespendeten Organe verringerte sich das Aufkommen sogar um mehr als 57 Prozent, es schmolz von 110 auf nur noch 47 zusammen. Auch in Thüringen betrug der Rückgang der gespendeten Organe mehr als 50 Prozent. In Sachsen-Anhalt betrug das Minus 38 Prozent. Nur in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern blieb es mit einem Rückgang um 7,3 beziehungsweise 6,2 Prozent noch einigermaßen im Rahmen.

Abgerutscht sind allerdings auch Westländer wie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Im Südwesten verringerte sich die Spenderzahl von 108 auf 98 und die der gespendeten Organe von 363 auf 308 – letzteres ein Minus von mehr als 15 Prozent. Im Norden betrug der Rückgang mehr als 23 Prozent.

Berlin legt bei Spenderzahlen zu

Positiv dagegen verlief die Entwicklung in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bremen. In der Bundeshauptstadt stieg die Zahl der Organspender von 40 auf 46 und die der gespendeten Organe von 135 auf 145 – ein Plus von 15 beziehungsweise 7,4 Prozent. In NRW erhöhte sich die Spenderzahl von 131 auf 152 und das Spendenaufkommen von 387 auf 507 – letzteres ein Zuwachs um 31 Prozent.

Rheinland-Pfalz schaffte bei der Zahl der Spender ein Plus von 44 und bei den gespendeten Organe von mehr als 46 Prozent – jedoch mit deutlich niedrigerem Ausgangsniveau. Und Bremen verbesserte sich mit Zahlen im einstelligen und unteren zweistelligen Bereich sogar um mehr als 50 Prozent.

Momentan sei es schwer absehbar, inwieweit die strukturellen Veränderungen ausreichten, um eine deutliche und nachhaltige Verbesserung der Organspendezahlen in Deutschland zu bewirken, sagte Rahmel. Auch deshalb warb er für die sogenannte doppelte Widerspruchslösung, der auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Wort redet. Die Prüfung der Möglichkeit einer Organspende werde dann „von der Ausnahme zur Regel“, sagte Rahmel – und das brächte „den gesellschaftlichen Willen zur Organspende und Transplantation klar zum Ausdruck“.

Entscheidung über Widerspruchsregelung fällt im Januar

Die Entscheidung über die geforderte Widerspruchsregelung soll nach Tagesspiegel-Informationen nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst in der dritten Januarwoche 2020 des nächsten Jahres fallen. Darauf haben sich nach Tagesspiegel-Informationen jetzt die beiden damit befassten Abgeordnetengruppen verständigt. Ursprünglich waren Abschlussdebatte und Beschluss des Bundestages noch für den Dezember vorgesehen. Die Gruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Experten Karl Lauterbach (SPD), die eine Widerspruchslösung fordert, hatte jedoch wegen Änderungsanträgen kurzfristig noch mal um Terminverschiebung gebeten.

Dem stimmte die andere Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Linken-Vorsitzende Katja Kipping zu, die an der bisherigen Regelung festhalten will, nun zu. Nach dem Wunsch dieser Abgeordneten soll eine Organentnahme ohne ausdrücklich geäußerten Willen des Spenders auch künftig nicht möglich sein. Allerdings soll die Organspendebereitschaft künftig regelmäßig bei Behörden oder Arzt erfragt werden.

Die Gruppe um Spahn und Lauterbach dagegen fordert, wegen des Mangels an Spenderorganen künftig bei allen Bürgern eine Organentnahme zu erlauben, die dem nicht vorher widersprochen haben. Eine solche Neuregelung ist ethisch hochumstritten. Der Ausgang der Abstimmung ist offen.

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