Democracy in Europe Movement 2025 - DiEM25: Yanis Varoufakis will Europa demokratisieren
Der frühere griechische Finanzminister und Mitstreiter aus zwölf Ländern starten eine paneuropäische Bewegung - seit zehn Uhr in der Volksbühne in Berlin.
Seit Monaten hatte er es angekündigt, nun soll das Unternehmen starten: An diesem Dienstag wollen der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und Mitstreiter aus zwölf weiteren Ländern Europas mit einer großen Konferenz in der Berliner Volksbühne eine neue pan-europäische Bewegung ins Leben rufen. „Democracy in Europe – Movement 2025“, kurz DiEM 25, lautet der etwas sperrige Titel, unter dem sich linke Protestbewegungen aus ganz Europa vereinen sollen, um für eine Neugründung der Europäischen Union zu streiten.
Teilnehmen werden Vordenker, Aktivisten und Politiker verschiedenster Couleur. Darunter sind der italienische Links-Intellektuelle Toni Negri, der amerikanische Ökonom James Galbraith, der britische Labour-Abgeordnete und Schattenfinanzminister John McDonnell, die deutsch-griechische Kulturwissenschaftlerin Margarita Tsomou sowie mehrere Vertreter der spanischen Podemos-Partei. In drei Workshops werden die Teilnehmer im Laufe des Tages über Inhalt und Strategie debattieren. Bei einer Großveranstaltung am Abend soll schließlich die feierliche Gründung stattfinden. Dafür werden neben Varoufakis weitere prominente Redner erwartet, deren Namen die Veranstalter bisher geheim halten. „Es wird einige Überraschungen geben“, verspricht der kroatische Philosoph Srecko Horvat, der die Organisation des Treffens leitet. An Publikum wird es aber ohnehin nicht fehlen. Eintrittskarten gibt es schon seit vier Wochen nicht mehr. Darum wird das Event auch per Livestream im Internet übertragen.
Die inhaltliche Grundlage soll ein Manifest liefern, das die Initiatoren Anfang Februar veröffentlichten. Darin bekennen sie sich ausdrücklich zu der „außerordentlichen Errungenschaft“ der europäischen Integration, die „Europas Völker in Frieden zusammen geführt“ und bewiesen habe, dass „wir ein gemeinsames System auf Basis der Menschrechte“ auf einem Kontinent schaffen könnten, der „vor nicht so langer Zeit die Heimat von mörderischem Chauvinismus und Barbarei war“. Weil aber „ein Bündnis aus kurzsichtigen Politikern, ökonomisch naiven Beamten und unfähigen Finanzexperten“ das Projekt „sklavisch den Forderungen von Finanz- und Industriekonglomeraten unterworfen“ habe, sei Europa nun in Verruf geraten und es drohe ein „gefährlicher anti-europäischer Rückschlag“. Der „Rückzug in den Kokon des Nationalstaates“ sei jedoch keine Lösung, heißt es in dem Manifest. Das einzig wirksame „Gegengift“ sei die „wahre Demokratisierung“ der europäischen Institutionen.
Hinterzimmer-Klüngelei soll ein Ende haben
Im Fokus der Kritik steht die intransparente Brüsseler Politik hinter verschlossenen Türen. Als ersten Schritt auf dem Weg zu mehr Demokratie fordern die Bewegungsgründer daher die Öffnung des Europäischen Rats, der Ministerräte sowie der informellen, aber mächtigen Euro-Gruppe für die Öffentlichkeit per Livestream im Netz. Zudem müssten alle Dokumente aus laufenden Verhandlungen, etwa über das Handelsabkommen TTIP oder Auflagen für die Krisenstaaten der Eurozone, veröffentlicht werden. Für den weiteren Umbau der EU-Institutionen wollen sie zudem auf die Wahl einer „verfassungsgebenden Versammlung“ drängen, für die die Kandidaten sich auf EU-weiten Listen zusammenschließen sollen, um damit die Bildung nationaler Lager zu verhindern. All das solle Europa spätestens bis 2025 in eine „vollständigen Demokratie mit einem wirklich souveränen Parlament“ verwandeln, das aber seine „Macht mit den nationalen Parlamenten“ teilen soll.
Wie die angestrebte Organisation im Einzelnen operieren soll, ist allerdings noch offen. Es gehe aber „ganz sicher nicht um eine One-Man-Show“, sondern „um eine richtige Bewegung“ versichert Horvat. Dafür solle „das politische Kapital“ von Varoufakis genutzt werden, um möglichst viele Europäer zu erreichen. Schließlich würden er und viele andere schon lange für die erklärten Ziele arbeiten. Organisatorisch solle weder eine klassische Partei noch eine weitere Ein-Punkt-Bewegung entstehen, sondern eine Art Bewegungspartei neuen Typs, und das europäisch. Zunächst, so erklärt der Philosoph und Aktivist „müssen wir europäische Allianzen schmieden“. Wenn das gelinge, dann sei nicht ausgeschlossen, dass DiEM auch bei den nächsten Europawahlen mit eigenen Kandidaten antritt.