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Immer häufiger uneins, je näher die Wahl rückt: Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel.
© Wolfgang Kumm/dpa

Schuldenerleichterungen für Griechenland: Wolfgang Schäuble belehrt Sigmar Gabriel

Der Außenminister will den Griechen mit Entlastungen zügig entgegenkommen. Doch der Finanzminister warnt: Ohne Zustimmung des Bundestags geht das nicht.

Seinem Kabinettskollegen von der SPD musste Wolfgang Schäuble dann doch ein wenig Nachhilfe geben. Es sei doch völlig ausgeschlossen, dass ein deutscher Finanzminister in Brüssel etwas mache, was er nach deutschen Gesetzen gar nicht tun dürfe. Damit reagierte der Bundesfinanzminister am Montag auf Interview-Äußerungen von Außenminister Sigmar Gabriel über Griechenland, die Schäuble in die Rubrik „missverständliche Reden“ einsortierte. Gabriel hatte der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt: „Immer wieder ist Griechenland eine Schuldenerleichterung versprochen worden, wenn die Reformen durchgeführt werden.“ Jetzt müsse man zu diesem Versprechen stehen, es dürfe nicht an „deutschem Widerstand“ scheitern.

Damit war Schäuble gemeint, der bekanntlich gegenüber Athen eine Linie fährt, die sich strikt an den getroffenen Vereinbarungen orientiert – und alles, was darüber hinaus geht, offen lässt. Diese Vereinbarungen aber, so Schäuble am Montag, sähen nun einmal vor, dass nach Ablauf des gegenwärtigen Hilfsprogramms weitere Zugeständnisse an die Griechen im Rahmen eines neuen Hilfsprogramms vom Bundestag genehmigt werden müssten. Was streng genommen die Bundesregierung nicht hindert, sie schon einmal in Aussicht zu stellen. Aber das hält der Finanzminister für voreilig.

Schäuble lobt Athen

Schäuble betonte nach seinem ersten Treffen mit dem neuen französischen Kollegen Bruno Le Maire in Berlin immerhin, es sei „beachtlich“, was die griechische Regierung gerade wieder an Reformen beschlossen hat. „Das geht in die richtige Richtung.“ Le Maire stimmt dem zu. Mit einer weiteren Rentenkürzung und einer Streichung von Steuerfreibeträgen im Umfang von knapp fünf Milliarden Euro ab 2019 hat die Linksregierung von Alexis Tsipras kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel das Signal gegeben, dass sie sich an die Vereinbarung „Geld nur gegen Reformen“ halten will.

Schäubles Worte dürften vorweggenommen haben, dass sich die Euro-Gruppe auf die Auszahlung einer weiteren Stützungssumme von sieben Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm verständigten. Diese Summe erlaubt es Athen, bestehende Schulden zurückzuzahlen. Doch ist Schäuble bisher nicht bereit, über mögliche Schuldenerleichterung für Griechenland zu reden, die Teil eines künftigen Hilfsprogramms wären. Diese werden nicht zuletzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert, der die Schuldentragfähigkeit Griechenlands pessimistischer einschätzt als die Euro-Gruppe. Doch im deutschen Finanzministerium will man mit Schuldenerleichterungen – etwas längeren Kredit-Laufzeiten – warten, bis das laufende Programm 2018 beendet ist.

Macron macht Druck

In der Euro-Gruppe könnten die Spannungen bei dem Thema zunehmen, nachdem der neue französische Präsident Emmanuel Macron dem griechischen Regierungschef nach Angaben aus Paris am Montag Unterstützung zusicherte. Macron will demnach eine schnelle Einigung auf ein Abkommen, „das die griechische Schuldenlast mit der Zeit absenkt“. Macron und Gabriel liegen damit auf einer Linie. Le Maire sagte in Berlin, es sei das Ziel der neuen französischen Regierung, Griechenland im Euro zu halten. Schäuble bezeichnete es als Ziel, Griechenland in einen „wettbewerbsfähigen Zustand“ zu bringen.

Schäuble und Le Maire verständigten sich darüber, in der Euro-Zone zu einer tieferen Koordinierung und Integration der Wirtschaftspolitik zu kommen. Le Maire wiederholte die französischen Vorstellungen: eine Wirtschaftsregierung, ein Euro-Finanzminister, ein gemeinsamer Euro-Währungsfonds. Konkret verabredet wurde aber nur eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die bis zum Treffen der beiden Regierungen im Juli eine Liste von Vorschlägen erarbeiten soll. Dazu dürfte die Verringerung der Schuldenstände gehören. Le Maire versprach, dass Frankreich die Euro-Defizitregeln einhalten werde. Zur angedachten Harmonisierung der Unternehmenssteuern merkte Schäuble an, dies sei ein „ehrgeiziges Vorhaben“.

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