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Ein Mitarbeiter des Impfzentrums in den Messehallen Hamburg nimmt eine Impfdose vom Impfstoff Astrazeneca.
© dpa/Marcus Brandt

Nachfrage nimmt ab, tausende Dosen verfallen: Wohin mit dem überschüssigen Impfstoff?

In den Depots der Länder türmt sich nicht benötigter Corona-Impfstoff. Jetzt soll er an arme Länder gespendet werden – ein Wettlauf gegen die Zeit.

Dass vor dem Coronavirus alle gleich seien – diese Ansicht hat sich im Laufe der Pandemie schnell zerschlagen. Vor allem weltweit betrachtet ist die Kluft groß zwischen arm und reich. Während 61,6 Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft sind, gilt das nach einer Zählung der Oxford-Universität in den ärmsten Ländern für nur 1,1 Prozent der Bevölkerung.

Es ist nicht nur ein moralisches, sondern auch ein epidemiologisches Problem. Solange in den armen Ländern nicht mehr geimpft wird, wird auch hierzulande die Pandemie nicht enden, sagen Experten. Denn dann werden immer neue Varianten aus Hochinzidenzgebieten eingeschleppt. „Niemand ist sicher solange nicht alle sicher sind“, lautet die zentrale Botschaft der Weltgesundheitsorganisation.

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Nun wollen mehrere deutsche Landesregierungen ihren Beitrag dafür leisten, dass auch im globalen Süden das Impfen vorankommt. Wegen der sinkenden Nachfrage türmt sich in ihren Lagern der Impfstoff. Den wollen sie an den Bund zurückgeben, damit der die überschüssigen Vakzine an ärmere Staaten verteilt.

Berlin und Hamburg wollen jeweils mehr als 60.000 Dosen zurückgeben, NRW und Schleswig-Holstein prüfen eine Rückgabe, auch Niedersachsen und Bayern wollen sich beteiligen.

Viele Dosen stehen allerdings bereits vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums. Alleine in Baden-Württemberg verfallen in diesen Tagen 4000 Dosen.

„Es ist ein Debakel, dass in mehreren Bundesländern nicht alle Impfdosen genutzt werden können und einige sogar verfallen und entsorgt werden müssen“, meint Michael Theurer, Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung müsse mehr Werbung machen. Impfstoff wegzuwerfen sei eine „Todsünde“, sagt Saarlands Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU).

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Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums sagte dem Tagesspiegel, man habe „den Bund mehrmals auf die Problematik des verfallenden Impfstoffs hingewiesen und darum gebeten, einen Prozess aufzusetzen, um den Verfall von Impfdosen zu verhindern und diesen gegebenenfalls an Drittstaaten abzugeben“. Doch das habe man in Berlin für unnötig erachtet.

Erste Spenden im August

Inzwischen ist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jedoch bereit dazu, die überschüssigen Dosen aus den Depots der Länder zurückzunehmen – und sie anschließend an bedürftige Staaten weiterzureichen. „Die koordinierte Rückführung findet ab August statt“, sagt ein Sprecher.

Anfang Juli hatte das Kabinett beschlossen, bis Jahresende 30 Millionen Dosen zu spenden – 80 Prozent davon über die internationale Impfinitiative Covax. Der Rest soll direkt an einzelne Länder ausgegeben werden.

Voraussetzung ist laut BMG „das Einverständnis des Herstellers“. Dieses sei von den entsprechenden Firmen aber bereits signalisiert worden. Nun werde ein Vertrag zwischen „Hersteller, Bundesregierung und Spendenempfänger“ aufgesetzt. Im August sollen laut BMG die ersten Dosen Astrazeneca abgegeben werden.

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