Regierung treibt Waffenlieferungen voran: Wofür die Ukraine Panzerhaubitzen und Cobra-Radare braucht
Die Haubitze gilt als das Modernste, was es an Artillerie gibt. Zusätzlich soll Kiews Armee mit Radaren ausgestattet werden.
Florian Hahn befindet, dieser ganzen Sache sei nicht recht zu trauen. Was die Bundesregierung inzwischen an Waffenlieferungen für die Ukraine ankündige, mache ihn „angesichts der schwierigen Lage, ehrlich gesagt, etwas ratlos“, sagt der CSU-Wehrexperte.
Hahn meint die geplante Lieferung von Gepard-Luftabwehrpanzern, aber auch die neueste Ankündigung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD): Geprüft werde, der Ukraine einige Exemplare der Panzerhaubitze 2000 zu überlassen.
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Das klinge wie eine Ablenkung davon, dass es bei den Geparden Probleme nicht nur mit der Ausbildung, sondern vor allem auch bei der Beschaffung von Munition gebe, argwöhnt der Christsoziale.
Tatsächlich wirkte die Gepard-Zusage pünktlich zum von den USA einberufenen Ministertreffen in Ramstein ein wenig wie ein Alibi. Die bei der Bundeswehr ausgemusterten Flugabwehrpanzer müssen von der Industrie erst wieder langwierig aufgearbeitet und die Munition muss aus anderen Ländern beschafft werden. Zudem gilt das radargesteuerte System als derart komplex, dass allein die Ausbildung Monate dauern könnte.
Die Panzerhaubitze 2000 ist dagegen ein aktuelles Gerät. Die Niederlande haben fünf dieser Artilleriegeschütze auf Ketten zugesagt, aus deutschen Beständen könnten eventuell bis zu sieben weitere kommen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten will in jedem Fall die Bundeswehr in Deutschland übernehmen.
Haubitzen wurden schon in Afghanistan eingesetzt
Das bis zu etwa 60 Tonnen schwere Geschütz zählt zum Modernsten, was es an Artillerie auf der Welt gibt. Die Haubitze, äußerlich wie ein Kampfpanzer mit besonders langem Rohr, kann mit Spezialmunition Ziele in über 50 Kilometern erreichen. Auf kürzere Distanz kann sie mehrere Geschosse auf unterschiedlichen Flugbahnen so abfeuern, dass sie zeitgleich nebeneinander einschlagen und Flächen von der Größe von Fußballfeldern verwüsten.
Die Bundeswehr hatte fünf Panzerhaubitzen 2010 in das afghanische Feldlager Kundus gebracht, um Taliban von Attacken abzuschrecken. Die Niederlande hatten damit bereits vorher im Süden Afghanistans gute Erfahrungen gemacht.
Die Ukraine braucht solches schwere Gerät, um sich im Kampf gegen vorrückende russische Heeresverbände im Osten des Landes zu verteidigen, die ihrerseits massives Artilleriefeuer einsetzen. Wie alle –
vor allem schweren – Waffen könnten die Haubitzen aber auch zur Rückeroberung von Gebieten offensiv eingesetzten werden.
Nach einem Bericht der „Welt“ könnte es die Bundesregierung aber nicht bei den Haubitzen selbst belassen, sondern zusätzlich drei bis fünf ihrer Cobra-Radare an Kiew abgeben. Deren Zweck steckt als Abkürzung im Namen: Counter Battery Radar, also ein Radar, das gegnerische Geschütz- oder Raketenstellungen aufspürt und die Zieldaten an die eigene Artillerie weitergibt.
Cobra kann mit dem Leitsystem der deutschen Panzerhaubitzen direkt verknüpft werden, was deren Treffergenauigkeit stark verbessert. Die Radare sind wie Container auf schwere Lkw montiert, hoch automatisiert und brauchen deshalb nur drei Mann oder Frau zur Bedienung.
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Zusätzlich erwägt die Bundesregierung, der ukrainischen Armee nach dem Bericht Spexer-Radarsysteme zur Verfügung stellen, die kleine Kampfdrohnen entdecken können. Solche Mini-Drohnen sind oft als Kamikaze-Fluggeräte ausgelegt, die sich unbemerkt vom normalen Luftabwehrradar anschleichen und auf Fahrzeuge oder in Stellungen stürzen.
Erwogen werde aber sogar, den Ukrainern mit einem System zu helfen, das selbst die Bundeswehr noch nicht hat, heißt es in dem Bericht: Dem Passivradar der Firma Hensoldt. Dieses neuartige System soll in der Lage sein, Tarnkappen-Kampfflugzeugen quasi die Tarnkappe abzuziehen und sie wie normale Flugzeuge auf dem Schirm ortbar zu machen.
Es nutzt dabei die Tatsache, dass normale Funkstrahlung etwa von Radio- oder Handy-Masten auch von Kampfjets mit Tarnkappen-, englisch Stealth-Technik gestört und abgelenkt wird. Diese Radare müssten dann mit normalen Luftabwehrsystemen zusammenarbeiten.