G-20-Treffen in Brisbane: Wladimir Putin, der müde Aggressor
Wladimir Putin bleibt mit seiner vorzeitigen Abreise das wichtigste Thema des G-20-Gipfels. Für die Weltwirtschaft wurden 800 Reformvorschläge unterbreitet - doch sie sind unverbindlich.
Die führenden 20 Industrienationen und Schwellenländer konnten im australischen Brisbane zwar manchen Fortschritt auf wirtschaftlichem Gebiet erzielen. Überschattet wurde das hochkarätige Treffen der Staats- und Regierungschefs aber vom Ukraine-Konflikt und der Spannung zwischen den westlichen Staats- und Regierungschefs sowie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser löste auch am Sonntag, dem letzten Tag des Treffens, noch einmal Aufregung aus, als er sich vor allen anderen Teilnehmern ins Flugzeug setzte und den fünften Kontinent vorzeitig verließ. Seine Begründung: Ihm stünden zwei Neun-Stunden-Flüge bevor, am Montag müsse er zur Arbeit, und vier bis fünf Stunden Schlaf bräuchte er nun mal.
Ohne Wladimir Putin gab es dann noch ein gemeinsames Essen, bevor sich auch die anderen Delegationen auf den Weg machten. Kanzlerin Angela Merkel, die mit einem Besuch des örtlichen Kneipenviertels zum Auftakt ihres Besuchs Begeisterung bei den Australiern ausgelöst hatte, gab zum Abschluss ein nüchternes Fazit ab. Man habe große Erfolge bei den Themen Bankenregulierung, Freihandel und Klimaschutz erzielt. Die Folge der verbesserten Bankenregulierung sei, dass die Steuerzahler bei einem Zusammenbruch dieser Institute nicht mehr zahlen müssten. In Sachen Freihandel hoffe sie darauf, dass noch weitere Hürden abgebaut werden könnten. Und ein Fonds zur Bewältigung des Klimawandels sei mit Zusagen großer Summen unterstützt worden, drei Milliarden Dollar kommen allein von den USA, 1,5 Milliarden von Japan und eine Milliarde aus Deutschland.
Merkel beriet in der Nacht zum Sonntag mehrere Stunden mit Putin. Es gebe „unter den Europäern eine sehr enge Abstimmung im Zusammenhang mit unserem Umgang mit der Ukraine und auch mit Russland“, sagte die Kanzlerin. Da das Gespräch vertraulich geführt worden sei, wolle sie keine Details nennen. Es sei „wichtig, jede Gesprächsmöglichkeit zu ergreifen“. Zu den Beratungen war EU-Kommisionspräsident Jean-Claude Juncker dazugekommen.
Eine Annäherung ist nicht in Sicht
Putin selbst erklärte vor seiner Abreise in einer Pressekonferenz, er sehe keine Annäherung an den Westen. Putin war von anderen Konferenzteilnehmern deutlich kritisiert worden. So sagte US-Präsident Barack Obama über Putin: „Wenn er so weitermacht, internationale Gesetze verletzt, schwere Waffen an die Separatisten in der Ukraine liefert und dabei ein Abkommen verletzt, dem er erst vor Wochen zugestimmt hat, dann wird die Isolation, der Russland derzeit ausgesetzt ist, weitergehen.“
Für Großbritanniens Premierminister David Cameron steht Putin „am Scheideweg“: „Wenn er die Ukraine weiterhin destabilisiert, wird es weitere Sanktionen und weitere Maßnahmen geben, und es wird ein völlig anderes Verhältnis zwischen den europäischen Ländern und den USA auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite geben.“ Die australischen Gastgeber, die laut Schätzungen in der australischen Presse umgerechnet bis zu 280 Millionen Euro für den Gipfel ausgegeben haben, strichen vor allem die wirtschaftlichen Fortschritte heraus. Der beschlossene „Brisbane-Aktionsplan“ soll das globale Wachstum steigern, sowie Finanzinstitutionen sicherer machen und die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft steigern. Der Plan enthält insgesamt 800 Reformvorschläge, die – wenn sie denn tatsächlich umgesetzt werden – zu einem Wachstum der Weltwirtschaft von 2,1 Prozent führen sollen.
Der gastgebende australische Premierminister Tony Abbott hatte versucht, den Klimaschutz aus dem Abschlusskommuniqué herauszuhalten. Kein Wunder, schließlich hatte der konservative Politiker Klimawandel in der Vergangenheit als „Quatsch“ bezeichnet. Australien hat unter seiner Führung als erstes Land der Welt Gesetze zur Bekämpfung der Erderwärmung rückgängig gemacht. Letztendlich hieß es dann relativ unverbindlich, die G-20-Länder unterstützten „starke und effektive Maßnahmen, um sich mit Klimawechsel auseinanderzusetzen“.
Rund um den Gipfel blieb es ungewohnt ruhig. In Australiens drittgrößter Stadt mit ihren mehr als zwei Millionen Einwohnern mussten sich 6000 Sicherheitskräfte neben der Bewachung der Top-Politiker nur um ein paar Dutzend Demonstranten kümmern.