Bund rechnet mit Steuerminus von 33 Milliarden Euro: Wirtschaftseinbruch wie bei Finanzkrise zu erwarten
Der Nachtragsetat der Bundesregierung für 2020 steht. Finanzminister Olaf Scholz kalkuliert mit zehn Prozent weniger Einnahmen.
Die Bundesregierung erwartet wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie einen deutlichen Wachstumseinbruch und erhebliche Steuermindereinnahmen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet damit, dass allein der Bund in diesem Jahr etwa 33 Milliarden Euro weniger einnehmen wird.
Das entspricht ungefähr einem Zehntel der bisher für 2020 veranschlagten Steuereinnahmen. Das geht aus der Vorlage von Scholz für die Kabinettssitzung an diesem Montag hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Fünf Prozent Minus?
Dort heißt es: „In der aktuellen Situation ist eine Dauer der Pandemie und der damit verbundenen Maßnahmen nicht abschätzbar. Jedoch muss für dieses Jahr von einemdeutlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts ausgegangen werden.“ Mangels verfügbarer Daten, heißt es weiter, liegt dem Nachtragsetat „eine aktualisierte Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung zu Grunde, die sich mangels verfügbarer aktueller Daten an den Erfahrungen der Finanzkrise 2008/2009 orientiert.“ 2009 schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 5,6 Prozent. Sie erholte sich dann aber schneller, als im Krisenjahr damals erwartet.
Ausgaben steigen um 122 Milliarden Euro
Offenkundig will die Regierung sich schon jetzt möglichst kräftig gegen den zu erwartenden Einbruch wappnen. Ob die Kreditermächtigungen und die neuen Etatplanungen am Ende tatsächlich ausgeschöpft werden müssen, ist keineswegs klar. Umgekehrt ist aber auch nicht abzusehen, ob sie reichen werden. Das Ausgabenvolumen wir im Nachtragsetat gegenüber der bisherigen Planung um gut 122 Milliarden Euro angehoben. Mit dem Einnahmen-Minus von 33 Milliarden Euro ergibt sich so die schon bekannte Summe von 155 Milliarden Euro, die Scholz nun durch neue Schulden decken muss, sollte sich im Jahresverlauf zeigen, dass tatsächlich so viel Geld nötig ist. Das Etatvolumen insgesamt wächst 2020 von 362 Milliarden auf 484 Milliarden Euro.
Bis zu 55 Milliarden für direkte Corona-Maßnahmen
Ziemlich schnell dürften die 3,5 Milliarden Euro fließen, die der Bund für Akutmaßnahmen im Kampf gegen das Virus vorsieht. Etwa für die Beschaffung von zusätzlicher Schutzausrüstung, die Entwicklung eines Impfstoffes oder Behandlungsmaßnahmen. Allerdings ist das nur als erste Hilfe zu sehen. Um kurzfristig in der Lage zu sein, erhebliche Summen nachzuschießen, werden pauschal 55 Milliarden Euro zur unmittelbaren Pandemiebekämpfung in den Nachtragsetat eingestellt.
50 Milliarden für Kleinunternehmer
Dazu kommt das Unterstützungsprogramm für Kleinunternehmer und Solo-Selbständige, das nun einen Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro haben wird. Das Geld soll für Überbrückungshilfen gezahlt werden in Fällen, in denen eine Existenzgefährdung droht. 7,67 Milliarden Euro sind eingeplant für höhere Zahlungen beim Arbeitslosengeld II, den Kostender Unterkunft für Arbeitslose, die Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung.
Rettungsschirm für größere Unternehmen
Der Rettungsschirm für große Unternehmen, das zunächst vor allem der Liquiditätssicherung dienen soll, ist ebenfalls Teil des Nachtragstetats. Allerdings stellt der Bund hierfür der Kreditanstalt für Wiederaufbau nur einen Garantierahmen zur Verfügung, die der Kreditabsicherung der Unternehmen (und indirekt der Banken) dient. Es sind also Bürgschaften. Das Gesamtvolumen dieses Garantierahmens wird um etwa 357 Milliarden Euro auf nun 822 Milliarden Euro angehoben.
Notfallregel der Schuldenbremse
Angesichts der riesigen Neuverschuldung muss der Bundestag am Mittwoch die Notfallregelung der Schuldenbremse in Kraft setzen. Angesichts des zu erwartenden Konjunktureinbruchs wächst zwar der Rahmen für eine reguläre Schuldenaufnahme massiv von etwa 12 auf 50 Milliarden Euro. Aber für die zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von etwa 100 Milliarden Euro muss die Ausweitung der Schuldenaufnahme gesondert beschlossen werden.
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