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Die Kampagne der Bundesregierung wirbt mit dem Slogan „Deutschland krempelt die #Ärmelhoch“
© Promo

Kritik an der „Ärmel hoch“-Kampagne der Bundesregierung: „Wirkung bei entscheidender Zielgruppe verfehlt“

Mit Plakaten und Werbespots will die Bundesregierung die Impfbereitschaft erhöhen. Die Werbeexpertin Ilka Ringleb sagt: Bei Unentschlossenen kommt das nicht an.

Ilka Ringleb ist Projektleiterin beim Marktforschungsistitut MediaAnalyzer. Sie untersuchte die Impfkampagne der Bundesregierung auf ihre Wirksamkeit. An der Studie nahmen 509 Menschen teil.

Frau Ringleb, Sie haben die Wirkung der Impfkampagne der Bundesregierung untersucht. Ihr Urteil: Die Überzeugungskraft der Werbespots und Plakate sei zu gering. Was genau kritisieren Sie?
Generell zeigte sich in unserer Untersuchung, dass die Kampagne der Bundesregierung ihre Wirkung bei der entscheidenden Zielgruppe verfehlte: den Unentschlossenen.

Während die Plakate und Werbespots bei ohnehin überzeugten Impfbefürwortern gut ankamen und bei den Impfgegnern erwartungsgemäß schlecht, reagierten auch die Unentschlossenen überwiegend ablehnend auf die Kampagne. Dabei ist ja das Ziel, dort Impfbereitschaft zu schaffen, wo sie noch nicht vorhanden ist.

Werbeexpertin Ilka Ringleb.
Werbeexpertin Ilka Ringleb.
© MediaAnalyzer

Der Slogan der Bundesregierung ist: „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“. Die Fernsehspots zeichnen zuerst ein düsteres Bild davon, wie Corona unsere Welt verändert. Dann wird der Impfstoff als Hoffnungsträger präsentiert. Was funktioniert daran nicht?
Das ist eine typische Problemlöser-Kampagne, die handwerklich gut gemacht ist. Zwei Dinge sind aber verbesserungswürdig. Erstens holen die Werbespots die Menschen emotional nicht genug ab. Es reicht nicht zu sagen: Jetzt haben wir einen wirksamen Impfstoff.

Man sollte ein positives Bild von der Zukunft zeichnen, das einen Anreiz schafft: etwa, dass Großeltern ihre Enkel wiedersehen können, wenn sie geimpft sind. Gleichzeitig fühlen sich die Menschen von den Spots nicht gut genug informiert.

Anstatt teure Sendezeit damit zu verschwenden, bekannte Fakten zu wiederholen, wäre es wichtiger, die Menschen über die Wirkungsweise der Impfstoffe und mögliche Impfreaktionen aufzuklären. Das nimmt Ängste.

Gerade der Astrazeneca-Impfstoff hat ein sehr negatives Image und gilt vielen als Impfstoff zweiter Klasse, obwohl auch er sehr zuverlässig gegen schwere Corona-Verläufe schützt. Lässt sich das überhaupt noch gerade biegen?
Das ist ein spannendes Thema zu dem wir die Studienteilnehmer leider nicht befragt haben. Ich persönlich denke, dass das schwer wird, aber nicht unmöglich ist.

Die Bundesregierung könnte beispielsweise längere Spots im Fernsehen schalten, in denen über alle drei derzeit verfügbaren Impfstoffe aufgeklärt wird – dann würde sich zeigen, dass es durchaus sinnvoll ist, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen. Gut fände ich auch – was ja immer wieder diskutiert wird –, dass sich bekannte Persönlichkeiten vor laufender Kamera mit Astrazeneca impfen lassen.

Momentan ist für viele Menschen noch gar keiner der Impfstoffe verfügbar. Fühlen die sich nicht für dumm verkauft, wenn offensiv fürs Impfen geworben wird?
Die Kritik gibt es. Deshalb sollte die Impfstoffknappheit authentisch und transparent adressiert werden. Da uns die Kampagne vermutlich während der gesamten Impfzeit begleiten wird, wäre es hilfreich, die zu dem Zeitpunkt impfrelevante Gruppe anzusprechen. Das Signal für alle Impbereiten und Impfunentschlossenen sollte aber schon heute sein: „Das Warten lohnt sich.

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