Waffen aus 3-D-Druckern: Wird das Wohnzimmer zur Waffenschmiede?
Dürfen Baupläne für Waffen aus 3-D-Druckern im Internet veröffentlicht werden? Ein Fall aus den USA hat Auswirkungen auch auf Deutschland. Ein Kommentar.
Der Fall ist spektakulär und klingt typisch amerikanisch. Cody Wilson, 30 Jahre alt, Anarchist, Internet-Rebell mit abgebrochenem Jura-Studium, wollte am Mittwoch Baupläne für Waffen aus 3-D-Druckern veröffentlichen. Ein Bundesrichter aus dem US-Staat Washington stoppte dies per Einstweiliger Verfügung. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Veröffentlichung US-Amerikanern irreparablen Schaden zufügen könnte. „Kriminelle und Terroristen würden Zugang zu herunterladbaren, nicht verfolgbaren und aufspürbaren 3-D-gedruckten Waffen erhalten.“
Doch damit ist die Sache nicht erledigt. Am 10. August soll es zu einer Anhörung kommen. Außerdem kann Wilson, den das Magazin „Wired“ im Jahr 2012 als einen der 15 gefährlichsten Menschen der Welt listete, auf einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Außenministerium verweisen, das im Juni nach langem Rechtsstreit die Veröffentlichung der Pläne genehmigt und sogar die Gerichtskosten übernommen hatte. In den USA sind der Besitz und der private Bau von Waffen erlaubt. Lediglich für den Handel mit Waffen bedarf es einer Lizenz. Außerdem ist es verboten, eine Waffe zu besitzen, die nur aus Plastik besteht, weil eine solche von Metalldetektoren nicht erkannt werden kann.
Wilson beruft sich auf die in der Verfassung garantierten Rechte auf Waffenbesitz, Meinungs- und Informationsfreiheit. Vor fünf Jahren hatte er bereits Pläne für den 3-D-Bau einer einschüssigen Pistole, den „Liberator“, ins Internet gestellt. Binnen weniger Tage wurden sie mehr als 100.000 mal heruntergeladen. Das verbot ihm die Obama-Administration. Seitdem wurde vor Gericht gestritten. Wilsons Anwalt vergleicht den Fall mit der Auseinandersetzung über die Pentagon Papers. Es geht um Grundsätzliches.
Britische Wissenschaftler sprechen von einer industriellen Revolution
Genauer gesagt: Es geht potenziell um etwas Grundsätzliches. Der „Liberator“ ist eine relativ primitive Waffe, bei Tests hat sie mehrfach versagt. Weil sie nicht nur aus Plastik bestehen darf, sondern auch Metall enthalten muss, braucht man für ihre Herstellung einen hochwertigen 3-D-Drucker, und der ist teuer. Das Preis-Leistungs-Verhältnis würde selbst auf Kriminelle und Terroristen abschreckend wirken.
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Jedenfalls zurzeit. Denn das 3-D-Druckverfahren, bei dem dreidimensionale Gegenstände computergesteuert aus einem oder mehreren Stoffen erzeugt werden, wird laufend perfektioniert. Theoretisch kann jeder, der einen solchen Drucker besitzt, bei sich zu Hause viele Dinge des täglichen Bedarfs selber herstellen. Britische Wissenschaftler sprechen von einer erneuten industriellen Revolution.
Das Internet kennt keine Grenzen. Wenn Waffenbaupläne in den USA veröffentlicht werden, kann mit ihrer Hilfe auch jeder Deutsche eine nicht registrierte „Geisterwaffe“ – im Angebot ist auch schon ein Bausatz für ein halbautomatisches Sturmgewehr – produzieren. Das wäre zwar illegal, aber wer soll ein solches Verbot kontrollieren und durchsetzen?
Waffenbau im Wohnzimmer – das ist durch 3-D-Drucker bald keine Vision mehr. Weder in den USA noch bei uns. Es ist höchste Zeit für eine neue sicherheitspolitische Debatte.