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Schwarze Proteste in den USA: Wir sind Trayvon Martin

Die Schwarzen in den USA melden sich nach dem Freispruch im Fall des getöteten Teenagers Trayvon Martin zu Wort – die Proteste erinnern an die Zeit der Bürgerrechtsbewegung vor 50 Jahren.

Eine Woche nach dem umstrittenen Freispruch für den Nachbarschaftswächter George Zimmerman hat sich Amerika erneut dessen Opfer zugewandt: In mehr als hundert Städten gab es am Wochenende Proteste und Kundgebungen unter dem Motto „Gerechtigkeit für Trayvon“. Mit dabei waren die Eltern des Teenagers, zahlreiche schwarze Bürgerrechtler und Popstars wie Beyoncé und Jay-Z.

„Für uns ist das hier persönlich“, sagt Chris Donegan bei der Kundgebung in Cincinnati. Er hat seinen elfjährigen Sohn mitgebracht, der einen Kapuzenpulli trägt – wie Trayvon Martin in der Nacht, als er von Zimmerman verdächtigt, verfolgt und getötet wurde. „Alle Schwarzen, die Kinder haben, sehen in Trayvon ihren eigenen Sohn.“

Zwischen New York und Los Angeles identifizierten sich Hunderttausende mit dem Teenager, viele tragen Schilder, auf denen „I am Trayvon“ steht. Andere Schilder fragen „Wer ist als Nächstes dran?“ und fordern „genug ist genug“. Größere Aktionen gab es nicht nur in den Metropolen des Landes, sondern auch in kleinen Städten. Auch in Sanford, wo Martin starb und Zimmerman freigesprochen wurde, kamen Tausende zusammen.

Organisiert wurden die Proteste von Al Sharptons National Action Network. Der Prediger und Bürgerrechtler selbst kommentierte am Rande der Demo in New York die jüngste Rede von Barack Obama: „Es war nötig, dass der Präsident seine Position genutzt hat, um an die Öffentlichkeit zu gehen.“ Auch der Aktivist Jesse Jackson sagt, Obama habe angesichts der wachsenden Besorgnis unter Afroamerikanern keine andere Wahl gehabt: „Irgendwann bricht ein Vulkan aus“, zitiert ihn die „New York Times“.

Obama hatte am Freitag bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus zur Tragödie von Sanford gesprochen und dabei eine Rede zu den Rassenproblemen gehalten. Der Auftritt wurde von amerikanischen Medien zur vielleicht wichtigsten Rede des Präsidenten stilisiert. Die Eltern von Trayvon Martin reagierten gerührt auf Obamas Worte. Dass sich Obama mit Trayvon identifiziere, sei „ein sehr schöner Tribut an unseren Jungen“, sagten Tracy Martin und Sabrina Fulton.

Die Demonstranten fordern eine erneute Anklage Zimmermans, die von Generalbundesanwalt Eric Holder wegen Verletzung von Bürgerrechten geführt werden soll. Holders Behörde prüft eine solche Klage derzeit. „Ich kämpfe für Trayvon, und ich kämpfe auch für eure Kinder“, sagte Sabrina Fulton. In der Ebenezer Baptist Church in Atlanta, der einstigen Wirkungsstätte von Martin Luther King, warf Prediger Raphael Warnock die Frage auf, was überhaupt so verdächtig sei an einem Schwarzen, der durch die Nachbarschaft laufe. „Wir machen uns viel größere Sorgen, wenn wir ganz andere Leute durch die Nachbarschaft laufen sehen. Viele von ihnen tragen Nadelstreifen.“ Es ist ein Angriff auf ein politisches und wirtschaftliches System, das Schwarze in Amerika auch fünfzig Jahre nach der Bürgerrechtsbewegung massiv benachteiligt.

„Wir haben zwar einige berühmte und erfolgreiche Leute: LeBron, Jay-Z, Barack Obama“, meint etwa Jesse Jackson. Doch das seien Ausnahmen. „Die allgemeine Strömung reißt unsere Leute nach unten.“ Indizien dafür gibt es viele. In den letzten Wochen hat das amerikanische Verfassungsgericht zwei Gesetze drastisch eingeschränkt, die den Schwarzen in Amerika etwa den Zugang zu Wahlen und zu Universitäten vereinfacht hatten. Viel zu früh, denn vor allem in der Bildung sind Afroamerikaner bis heute benachteiligt: Nur 16 Prozent der Schwarzen haben einen Hochschulabschluss. Unter weißen Amerikanern ist die Rate doppelt so hoch. Nur ein Drittel der Schwarzen ist krankenversichert, bei den Weißen ist es etwa die Hälfte. Schwarze stellen fast die Hälfte der Insassen in amerikanischen Gefängnissen, haben aber nur einen Bevölkerungsanteil von 14 Prozent. In zahlreichen Städten liegt die Arbeitslosenquote unter Schwarzen bei 40 Prozent.

Lars Halter

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