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Lothar Wieler ist Chef des Robert Koch-Instituts.
© imago images/photothek

RKI-Chef Wieler sieht noch keine Trendwende: „Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken zusammenkneifen“

Der Chef des Robert-Koch-Instituts warnt vor Engpässen in Kliniken. Es sei möglich, dass nicht alle Patienten optimal versorgt werden könnten.

Für eine Beurteilung der Effekte des derzeitigen Teil-Lockdowns wegen der Corona-Pandemie ist es aus Sicht des Robert Koch-Instituts (RKI) noch zu früh. Man müsse abwarten, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag in Berlin. Wie schnell das Infektionsgeschehen abgebremst werden könne, hänge vom Verhalten der Menschen ab.

Im Winter sei es schwieriger, weil man mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringe - das bedeutet bessere Bedingungen für Ansteckungen. Wieler rief erneut zum Einhalten der Maßnahmen auf: Regeln wie Abstandhalten, Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Hygiene und Lüften würden die Menschen noch lange begleiten. „Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken zusammenkneifen“, sagte er.

Es stimme ihn zwar vorsichtig optimistisch, dass die Zahlen zuletzt nicht mehr so stark gestiegen seien. "Wir wissen aber noch nicht, ob das eine stabile Entwicklung ist."

Mit Sorge erfüllt das RKI die Lage in den Krankenhäusern. "Fast die Hälfte der Kliniken meldet eingeschränkte Verfügbarkeit an", sagt Wieler. Es gebe mehr intensivmedizinische Fälle als im April. Die Kliniken stießen vor allem auch durch Infektionen beim Personal an ihre Grenzen. Klar sei, dass die Zahlen der Intensivpatienten und der Toten zunächst weiter steigen würden. "Es ist möglich, dass Patienten nicht mehr überall optimal versorgt werden können."

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Auffällig sei auch, dass vermehrt Fälle in Schulen aufträten. Es müssten die Hygienekonzepte dort auf jeden Fall umgesetzt werden, etwa das Maskentragen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) befürchtet unterdessen, dass sich die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen noch in diesem Monat verdoppeln wird.

Wenn es über einen längeren Zeitraum täglich 20.000 Neu-Infizierte gebe und davon zwei Prozent jeweils zwei Wochen lang auf Intensivstationen behandelt werden müssten, werde ihre Zahl im November wahrscheinlich auf mehr als 6.000 gleichzeitig steigen, sagte Spahn der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag). „Höher dürfen die Zahlen nicht steigen“, betonte er. „Falls doch, würden wir absehbar an einen Punkt kommen, an dem das Gesundheitssystem überfordert ist.“

Mit coronabedingten Einschränkungen rechnet Spahn noch bis zum Frühjahr.

Veranstaltungen mit mehr als zehn oder fünfzehn Menschen sehe er in diesem Winter nicht mehr, sagte Spahn am Donnerstag im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Selbst wenn die Infektionszahlen sänken, bedeute das nicht, dass ab Dezember oder Januar Weihnachts- oder Hochzeitsfeiern stattfinden könnten, "als wäre nichts gewesen". (dpa/AFP/Reuters)

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