zum Hauptinhalt
Eine pakistanische Mittelstreckenrakete bei einem Test. Um solche Raketen geht es im INF-Vertrag, aus dem die USA kürzlich ausgetreten ist.
© picture-alliance/ dpa

NATO-Botschafterin der USA: "Wir haben nicht vor, Atomraketen nach Europa zu bringen"

Amerikas Nato-Botschafterin Kay Bailey Hutchison über den Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag und die Konsequenzen.

Die USA haben am Freitag ihren Ausstieg aus dem Vertrag für nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) angekündigt. Was sind nun die nächsten Schritte für die Nato?

Die Nato wird sich im Militärausschuss die Risiken ansehen, die mit dieser neuen Lage verbunden sind. Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, mit ihren Verbündeten in engem Kontakt zu bleiben. Wir werden jetzt herausfinden, was als Abschreckung für das Raketensystem dienen kann, mit dem Russland den INF-Vertrag verletzt hat. Unsere Verbündeten wollen wir bei jedem Schritt in diesem Prozess darüber informieren, was als beste Option für die Verteidigung erscheint.

In Deutschland wird von vielen befürchtet, dass der Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag den Beginn eines neuen Wettrüstens in Europa bedeuten könnte. Wie berechtigt sind diese Sorgen?

Russland hat bereits drei bis vier Bataillone mit diesen Raketen, die sie in den vergangenen fünf bis acht Jahren hergestellt haben. Es wird wahrscheinlich keine neuen Raketen aus Russland geben, weil diese schon entwickelt wurden. Wir müssen nun eine Verteidigung dagegen finden. Ich sehe nicht, dass von unserer Seite ein Wettrüsten beginnen würde, weil wir uns gegen das zu verteidigen suchen, was Russland bereits hat.

Nach dem Rückzug der USA aus dem INF-Vertrag hat der russische Präsident Wladimir Putin allerdings bereits die Entwicklung neuer nuklearfähiger Raketen angekündigt, einschließlich solcher, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegen können. Was bedeutet das für die Sicherheit insbesondere der europäischen Nato-Staaten?

Putin hat in einer Rede vor anderthalb Jahren bereits über solche Waffen gesprochen. Er ist schon auf diesem Weg. Es ist klug, wenn wir und unsere Nato-Verbündeten nun entscheiden, wie wir Russland abschrecken, die Waffen zu benutzen, von denen sie sagen, dass sie sie haben, und von denen wir wissen, dass sie sie haben.   

Kay Bailey Hutchison ist seit 2017 US-Botschafterin bei der Nato.
Kay Bailey Hutchison ist seit 2017 US-Botschafterin bei der Nato.
© John Thys/AFP

Würde eine glaubhafte Abschreckung aber am Ende nicht bedeuten, dass landgestützte atomare Mittelstreckenraketen in europäischen Nato-Staaten stationiert werden?

Wir haben in allen unseren Briefings für unsere Verbündeten betont, dass unsere Verteidigung gegen die russischen Mittelstreckenraketen nicht nuklear sein wird, sondern konventionell. Wir haben nicht vor, landgestützte Atomraketen nach Europa zu bringen. Und wir haben nicht die Absicht, mit einer nuklearen Verteidigung auf das zu antworten, was Russland hergestellt hat.

Die Nato hat in ihrer Reaktion auf die amerikanische Entscheidung Geschlossenheit gezeigt. Allerdings gibt es bereits Differenzen in der Frage, ob Mittelstreckenraketen in Europa stationiert werden sollten. Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat sich dagegen ausgesprochen, andere Staaten wie Polen sind ausdrücklich dafür. Geht ein neuer Riss durch die Nato?

Das denke ich nicht. Wir waren sehr gründlich und transparent und haben unseren Verbündeten Bilder und alle Beweise für das gezeigt, was die Russen hergestellt haben. Deshalb hatten wir die hundertprozentige Solidarität unserer Nato-Verbündeten, die ebenfalls sagten, dass Russland den Vertrag verletzt hat und dass die USA wirklich keine andere Wahl haben, als nun mit der Verteidigung voranzugehen. Wir haben nicht vor, in irgendeinem Land irgendetwas ohne Konsultationen und ohne Erlaubnis zu stationieren.

Deutschland hat eine neue weltweite Abrüstungsinitiative ins Gespräch gebracht. Wären die USA bereit, sich daran zu beteiligen, falls es mittelfristig gelingen sollte, neben Russland auch China an den Verhandlungstisch zu bekommen?

Wir haben immer wieder betont, dass die USA der Nichtverbreitung und der Rüstungskontrolle verpflichtet sind. In der Vergangenheit haben wir tatsächlich im Einvernehmen mit Russland China gebeten, an den Verhandlungstisch zu kommen, um den Vertrag zu globalisieren. Das führte allerdings zu nichts. Wir würden unbedingt wollen, dass China beteiligt wird, weil das Land eine große Zahl der Mittelstreckenraketen hat, die nach dem INF-Vertrag nicht erlaubt sind.

Zur Startseite