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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schart die Merkel-Fans um sich.
© Felix Kästle/dpa

Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg: Winfried Kretschmann macht die CDU ratlos

Die Christdemokraten waren sich sicher, an die Macht in Baden-Württemberg zurückkehren zu können. Doch drei Wochen vor den Landtagswahlen wackelt alles.

„Willkommen zu einer Veranstaltung der etwas anderen Art“, begrüßt Baden-Württembergs CDU-Generalsekretärin Katrin Schütz die Besucher im Karlsruher Sandkorn-Theater. Gleich wird Bestsellerautor Mario Ludwig Amüsantes über Drogenmissbrauch bei Tieren zum Besten geben. Vorweg wolle sie „zwei, drei ernste Sätze“ schicken, sagt Schütz. Sie sei gegen die Legalisierung von Cannabis. „Das ist eine Einstiegsdroge.“ Aber, fährt Schütz fort, heute solle es ja trotz des Wahlkampfs nicht so ernst zugehen. „Mein Anliegen ist zu zeigen: Politik kann auch Spaß machen!“

Der Abend ist eine willkommene Abwechslung. Denn zu lachen gibt es in diesem Wahlkampf bislang wenig, für die Kandidatin wie für ihre Partei. 2011 hatte Schütz das Direktmandat im Wahlkreis Karlsruhe II mit 191 Stimmen Vorsprung noch vor den Grünen behaupten können. Landesweit war der Vorsprung der CDU zu den Grünen mit 39 gegenüber 24,2 Prozent zwar gewaltig geblieben – aber wegen der Schwäche der FDP musste die CDU erstmals in die Opposition.

Die Grünen holen rasant auf

In der jüngsten Umfrage, die Schütz am Tag nach der Lesung einholt, wird die CDU bei 31 Prozent notiert. Damit wäre nicht nur Schütz’ Wahlkreis verloren. Auf einmal wackelt, drei Wochen vor dem Urnengang am 13. März, die sicher geglaubte Rückkehr an die Macht. Der Vorsprung zu den Grünen beträgt nur noch drei Prozentpunkte. Dabei hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann lange damit rechnen müssen, dass er nach der Wahl abdanken muss. Aufgrund der Schwäche des Koalitionspartners SPD ergeben die Umfragen seit Monaten keine grün-rote Mehrheit mehr. Und der Hoffnung, dass die FDP für eine grün-rot-gelbe Ampel bereitstünde, dürften die Liberalen einen kräftigen Dämpfer versetzen: Sie setzen auf eine schwarz-rot-gelbe „Deutschland-Koalition“. Die neuen Zahlen indes elektrisieren die Grünen. „Mein Rat: Auf dem Teppich bleiben – auch wenn er mal wieder fliegt!!!“, hat der grüne Umweltminister Franz Untersteller gerade auf Facebook gepostet. Der fliegende Teppich – in dieses Bild hatte Kretschmann im Wahlkampf 2011 die Mischung aus Hoffnung und Skepsis gepackt, die die Entwicklung bis zum Überraschungserfolg begleitet hat. Nun träumt die Partei davon, noch an der CDU vorbeizuziehen. Die CDU fragt sich dagegen, ob sie den Negativtrend noch wenden kann. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag im oberschwäbischen Weingarten ihren ersten Auftritt im Landtagswahlkampf hatte, atmeten viele Funktionäre zunächst auf: Die Basis hatte die Kanzlerin mit freundlichem Applaus begrüßt und ebenso verabschiedet. Dazwischen lag eine Rede, die erst auf den zweiten Blick eine Schwäche der CDU in diesem Wahlkampf offenbarte: Von 30 Minuten verwendete sie 25 darauf, ihre Flüchtlingspolitik zu erklären. Wenn über die Hälfte der Wähler angibt, dass sie ihr Votum von diesem Thema abhängig machen will, ist das einerseits notwendig. Andererseits: Ein Landesverband, der erstmals aus der Opposition heraus Wahlkampf macht, hat ein Problem, wenn er keine Zeit mehr findet, Fehler der Regierung zu benennen. Zumal wenn die Basis nicht voll hinter der Berliner Politik steht und sich Spitzenkandidat Guido Wolf deshalb irgendwo zwischen Merkel und ihrem Kritiker CSU-Chef Horst Seehofer positioniert.

Gegen die Popularität Kretschmanns kommt Wolf nicht an

Eine genaue Verortung vermeidet Wolf auch, weil Kretschmann die Merkel-Fans umgarnt, indem er die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin bei jeder Gelegenheit lobt. Und weil auf der anderen Seite Merkel-Kritiker von der AfD, aber auch der FDP umworben werden. Derzeit haben sie alle auf Kosten der CDU Erfolg. Die AfD steht mit zwölf Prozent und die FDP mit acht Prozent so gut da wie noch nie in dieser Legislaturperiode. Auch die SPD, bei desaströsen 14 Prozent notiert, leidet unter der Flüchtlingspolitik der großen Koalition in Berlin.

Die Niederlage 2011 hatten viele Christdemokraten als Betriebsunfall wahrgenommen, als Folge einer einmaligen Mixtur an Faktoren – von Fukushima über Stuttgart 21 bis hin zum unpopulären CDU-Chef Stefan Mappus. Wolf sollte derjenige sein, mit dem alles besser wird. Der als neuer Mann an der Fraktionsspitze die Partei in einen siegreichen Wahlkampf führt. Wo er auftrete, sagen Parteifreunde, könne er durchaus überzeugen. Das einzige TV-Duell gegen Kretschmann war ausgeglichen. Aber gegen die Popularität des Regierungschefs kommt er nicht an. Parteigänger werfen schon die Frage auf, ob er überhaupt die Statur eines Landeschefs habe. Im Endspurt will die CDU die konservativen Wähler, die Merkel einen Denkzettel verpassen wollen, eindrücklich warnen, die Grünen an der Macht zu halten. In der Wahlkabine, so die Hoffnung der CDU-Strategen, werden sich viele noch besinnen.

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