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Bereits das Spiel Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln fand im März wegen des Coronavirus ohne Zuschauer als Geisterspiel statt - es war das erste seiner Art.
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Fußball trotz Corona ab 9. Mai: Wieso das Bundesliga-Comeback ein gefährliches Spiel ist

Die Lobbyarbeit zahlt sich aus: Nach massivem Druck auf die Politik, soll die Fußball-Bundesliga trotz Corona ab 9. Mai wieder spielen.

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Eine These, die in Bundesligakreisen gestreut wird, geht so: Wenn Armin Laschet Kanzler werden wolle, könne er es sich nicht leisten, „dass Schalke 04 unter ihm als NRW-Ministerpräsident pleitegeht“. Es ist für Angela Merkel und die 16 Regierungschefs der Bundesländer also eine höchst diffizile Angelegenheit: die letzten neun Saisonspiele der Bundesliga ohne Zuschauer zu ermöglichen, damit die noch ausstehenden Fernsehgelder in Höhe von 304 Millionen Euro fließen und so Insolvenzen abgewendet werden können. Aber wo Hotels, Theatern, Konzertveranstaltern, vielen weiteren Branchen, aber auch anderen Sportarten weiterhin viele Opfer abverlangt und in mehreren Bundesländern Maskenpflichten verfügt werden, soll der König Fußball weitermachen können? Eine Sportart mit sehr viel Kontakt.

Dass der Bezahlsender Sky signalisiert hat, die letzte noch fehlende Tranche weitgehend zu zahlen, ist ein Fingerzeig. Der Druck auf die Politik wurde dadurch zuletzt noch mal erhöht, grünes Licht zu geben für Geisterspiele. Das ganze ist auch ein Musterbeispiel erfolgreicher Lobbyarbeit, die Bachschmerzen bei einigen Bundestagsabgeordneten sind groß.

Am vergangenen Mittwoch sollen sich Merkel und die Ministerpräsidenten in der Bund-Länder-Schaltkonferenz einig gewesen sein, dass die Bundesliga bald ohne Zuschauer wieder loslegen kann, ist aus Kreisen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zu hören – Klubs und DFL haben positive Signale erhalten.

Nicht immer einer Meinung, in Sachen Bundesliga aber schon? Bundeskanzlerin Angela Merkel, Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) am Rande eines Corona-Treffens im März.
Nicht immer einer Meinung, in Sachen Bundesliga aber schon? Bundeskanzlerin Angela Merkel, Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) am Rande eines Corona-Treffens im März.
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So sagte zuletzt auch der sonst so streng auftretende bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu Geisterspielen: „Ich halte es für denkbar.“ Und zusammen mit Armin Laschet machte Söder am Montagabend im virtuellen "Bundesliga-Gipfel" bei "Bild.de" deutlich: Ab 9. Mai soll es wieder losgehen. "Das ist schon eine Gratwanderung. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht überdrehen oder leichtfertig sind", betont Söder. Er will das Bundesliga-Comeback und das damit verbundene Hygiene- und Test-Konzept vom Robert-Koch-Institut absichern lassen.

Aufschlussreich: In DFL-Kreisen waren genau diese öffentlichen Gutheißungen schon am Wochenende vorausgesagt worden. Nun ist der Weg frei für den in der Politik gut vernetzten DFL-Boss Christian Seifert, um an diesem Donnerstag bei der virtuellen DFL-Mitgliederversammlung den 9. Mai als Starttermin zu beschließen. Dabei passt so gar nicht dazu, was etwa Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft fordern, die bei zu viel Lockerung vor einer zweiten Infektionswelle warnen, dann bliebe ohnehin nur der Saisonabbruch.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, in dessen Wahlkreis sich mit Leverkusen und Köln zwei Erstligisten befinden und der im Nebenjob seine Tochter in einer Fußballmannschaft trainiert, ist sich seiner Rolle als Spielverderber bewusst. „Das ist jetzt das völlig falsche Signal an die Bevölkerung“, sagt er im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

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Zudem seien Hunderttausende Corona-Tests notwendig, damit bei den 36 Profi-Teams mit Spielern, Trainern, Betreuern und Ärzten frühzeitig mögliche neue Fälle entdeckt werden könnten. Tests, die dann für das Personal von Pflegeheimen fehlen könnten. Aussagen, die Tests ließen sich nebenher mitmachen, seien „grotesk und abwegig“.

Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies biet mit seinen Tierlabors Hilfe für das Auswerten von Corona-Tests an, der verschuldete Verein dringend die TV-Gelder.
Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies biet mit seinen Tierlabors Hilfe für das Auswerten von Corona-Tests an, der verschuldete Verein dringend die TV-Gelder.
© imago images/Jan Huebner

Politiker sind beim Fußball hin- und hergerissen

Der Fleischfabrikant und Schalke-Boss Clemens Tönnies hat sogar Corona-Tests in seinem Firmenlabor angeboten; bis zu 200.000 Tests pro Monat seien dort umsetzbar – eine Bundestagsabgeordnete schließt schon Wetten ab, wie viele positive Corona-Tests da wohl rauskommen würden. Wenn es doch einen Fall gäbe und dann nicht mehr wie bisher die ganze Mannschaft in Quarantäne käme, „brauchen wir uns über die abnehmende Akzeptanz für die Maßnahmen nicht wundern“, sagt sie. 

Viele Politiker sind aber ob der gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs hin- und hergerissen; gleichwohl wird auch das Augenmerk auf die Aufsichtsräte gelenkt: Wie es denn sein könne, dass die Finanzdecke bei Bundesligisten wie Schalke 04 so dünn sei. Lauterbach verweist auf ein weiteres Problem, wenn die Geisterspiele kommen: „Die Ultras finden Wege, sich zu treffen, um die Spiele zu schauen.“ So sieht er im gemeinsamen Schauen ein zusätzliches Infektionsrisiko. „Die mieten sich einen Raum, schließen ab, und fertig ist die Laube.“ Er plädiert für einen Start erst wieder zur nächsten Saison.

Ein Kameramann filmt das Aufwärmen der Mannschaften im zuschauerfreien Stadion Borussia Park beim Geisterspiel Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln im März.
Ein Kameramann filmt das Aufwärmen der Mannschaften im zuschauerfreien Stadion Borussia Park beim Geisterspiel Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln im März.
© dpa

Allein aus Nordrhein-Westfalen kommen sieben Erst- und zwei Zweitligisten. Ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesregierung will zu „einzelnen, persönlichen Gesprächen“ Laschets mit Bundesliga-Vertretern keine Auskunft geben, betont aber: „Der Ministerpräsident (...) ist im ständigen Austausch mit Vertretern auch des Sports, hier unter anderem auch mit Vertretern von Bundesliga-Vereinen.“ 

Laschet sendet positive Signale 

Der Geschäftsführer des 1. FC Köln, Alexander Wehrle, lobte jüngst in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ explizit Laschet für seinen Einsatz und seine positiven Signale. Der Kandidat für den CDU-Vorsitz tritt für einen moderaten Lockerungskurs ein, wenngleich es ihm nachhängt, dass seine Landesregierung im März nicht darauf gedrängt hatte, das Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund mit 54000 Zuschauern am 7. März abzusagen, obwohl sich zu der Zeit im benachbarten Kreis Heinsberg das Coronavirus schon rasant ausbreitete. Die von Laschets Regierung beauftragte Heinsberg-Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck hat explizit nicht untersucht, ob es durch dieses Spiel zu einer zusätzlichen Corona-Ausbreitung gekommen ist, beziehungsweise ob und wie viele Zuschauer mit einer Infektion im Stadion gewesen sein könnten.

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Einer der Fürsprecher für den Neustart ohne Zuschauer ist der Verband „Akkreditierte Labore in der Medizin“ (ALM). Deren Vorstandsmitglied Evangelos Kotsopoulos betont, selbst wenn die 36 Vereine ihr Personal alle zwei Tage durchtesten würden, liege das unter einem halben Prozent der bisher aufgebauten Testkapazitäten. Dies könne regional vor Ort einfach mitgemacht werden. Hochgerechnet auf neun Spieltage wären es seinen Berechnungen zufolge rund 25000 Tests – und damit nur 0,4 Prozent der Kapazität von über sechs Millionen Tests im gleichen Zeitraum. Lauterbach und andere kommen aber auf weit höhere Testzahlen, die notwendig wären, um sicherzugehen.

Für die medizinische Labore stehe es außer Frage, dass die Patientenversorgung und die Testung von Kontaktpersonen, von Angestellten in Gesundheits- und Pflegeberufen sowie von Pflegeheimbewohnern vorzuziehen sei, betont Kotsopoulos. „Dies ist für uns selbstverständlich und nicht verhandelbar. Sollte darüber hinaus jedoch erhebliche, weitere Kapazität zur Verfügung stehen, dann kann diese auch für die Testung in anderen Bereichen wie dem Sport eingesetzt werden.“

Union Berlin braucht Einnahmen aus TV-Vermarktung

Ein mit den Hintergründen und der Finanzsituation in der Fußball-Bundesliga bestens vertrauter Bundestagsabgeordneter rechnet damit, dass auch fast die ganze Hinrunde der nächsten Saison ohne Zuschauer stattfinden könnte. Die Fußball-Lobby sei aber eine der mächtigsten im Land. Ein Kompromiss könnte sein, dass die Vereine alle Kosten tragen, auch für die Vermeidung von Menschenansammlungen vor den Stadien. Er zählt neben Schalke 04 drei weitere Erstliga-Vereine mit erheblichen Finanzierungsproblemen auf, da die Rücklagen zu gering sind. Beim SC Freiburg kämen die Kosten des Stadionneubaus erschwerend hinzu. 

Auch Union Berlin braucht dringend die fest eingeplanten Einnahmen aus der TV-Vermarktung – das letzte Geschäftsjahr wies ein negatives Eigenkapital von minus 8,997 Millionen Euro aus. „Da stehen einige vor dem Exitus“, sagt der Abgeordnete. Die Investorenclubs wie Red Bull Leipzig hätten es da leichter. Es werde nach der Coronakrise eine Riesendebatte geben über die 50+1-Regel, über eine verstärkte Öffnung für Investoren, um an frisches Geld zu kommen. „Der Konflikt zwischen Vereinen und Fangruppen wird dann so richtig hochkochen.“ In Zeiten von Corona „dieses panem et circenses“ den Leuten auch noch zu nehmen, sei schwer durchzuhalten - und daher werde hier eine Art "Lex Bundesliga" trotz der anderen Corona-Einschränkungen geschaffen. „Du kannst schnell die nächste Wahl verlieren, wenn du das auch noch komplett verbietest.“

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