Nach sieben Jahren Krieg: Wie Putin sein neues Syrien baut
Russland, Türkei und der Iran machen in Sotschi Pläne für eine Zukunft Syriens. Sie wollen Machthaber Assad im Amt halten. Die USA sind im Abseits.
Nach fast sieben Jahren Bürgerkrieg in Syrien schickt sich ein Bündnis aus drei Mächten an, über die Zukunft des geschundenen Landes zu bestimmen. An diesem Mittwoch treffen sich die Präsidenten Russlands, des Irans und der Türkei im russischen Schwarzmeerort Sotschi, um ihre Syrien-Politik außerhalb des von den UN geleiteten Verhandlungsprozesses abzustimmen. Gewinner dieser Entwicklung könnte der syrische Präsident Baschar al Assad sein. Dagegen gelten die USA, die nicht nach Sotschi eingeladen wurden, schon jetzt als Verlierer.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Montagabend Assad in Sotschi empfangen. Dabei hatte Putin erklärt, die Militäraktionen gegen den „Islamischen Staat“ (IS) näherten sich dem Ende, bis zu einem vollständigen Sieg über die Terroristen sei es jedoch noch ein langer Weg. Das Treffen war ein Signal, dass die Positionen Assads bei dem bevorstehenden Dreier-Gipfel berücksichtigt werden sollen.
Weitere Waffenstillstandszonen
In Sotschi wird das sechste persönliche Treffen von Wladimir Putin und seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan in diesem Jahr stattfinden. Mit Erdogan und dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani will Putin über eine politische Lösung und über die im Frühjahr verabredeten „Deeskalationszonen“ in Syrien sprechen. Kürzlich waren türkische Truppen in Absprache mit Russland in die nordwestsyrische Provinz Idlib eingerückt, eine von vier bisher vereinbarten „Deeskalationszonen“. Die drei Staaten wollen nun über die Einrichtung weiterer Zonen verhandeln, die anschließend von Soldaten der beteiligten Länder besetzt werden könnten.
Zudem wird an der Einberufung eines „Syrischen Nationalen Dialog-Kongresses“ mit Vertretern von Regierung und Opposition gearbeitet, der eine politische Lösung für Syrien mit Beteiligung Assads erörtern soll. Vor einem Oppositionstreffen in Saudi-Arabien trat am Dienstag der Vorsitzende des Hohen Verhandlungskomitees der Assad-Gegner, Riyad Hijab, von seinem Posten zurück. Russland und der Iran wollen zumindest für eine Übergangszeit den Verbleib von Assad im Amt durchsetzen. Die Türkei hatte in jüngster Zeit angedeutet, dass sie von ihrer langjährigen Forderung nach einer Entmachtung des syrischen Staatschefs Abstand nimmt.
Ankara stört Machtzuwachs der Kurden
Ankara geht es vor allem darum, einen weiteren Machtzuwachs für die syrischen Kurden zu verhindern. Das Ziel, einem Kurdenstaat in Syrien und einer Ausweitung kurdischer Herrschaftsgebiete entlang der türkischen Grenze einen Riegel vorzuschieben, ist der wichtigste Grund dafür, warum Erdogan so intensiv die Zusammenarbeit mit Russland und dem Iran sucht – und warum er seine Bereitschaft andeutet, einen Verbleib von Assad hinzunehmen. Ankara sieht zur Zusammenarbeit mit Moskau und Teheran keine Alternative: Mit Hilfe der USA kann die Türkei ihre Prioritäten nicht durchsetzen, denn die syrischen Kurden sind wichtige Verbündete Washingtons im Kampf gegen den IS.
Russland und der Iran streben eine dauerhafte Präsenz in Syrien an. Die militärischen und politischen Pläne des Sotschi-Trios sind eine inoffizielle Konkurrenz zum Genfer UN-Gesprächsprozess, der kommende Woche fortgesetzt werden soll. In Genf sitzen die USA mit am Tisch.
Schiitischer Bogen rückt näher
Dies wird in Israel und bei den sunnitischen Golf-Staaten mit großer Sorge gesehen. Doch eine Gegenstrategie ihrer Schutzmacht, der USA, ist nicht zu erkennen. Eine Gruppe von US-Experten unter Leitung von Eric Edelman, des ehemaligen Botschafters in der Türkei, warnte deshalb kürzlich, ohne Gegenmaßnahmen der USA würden Russland und Iran zu unumstrittenen Ordnungsmächten in Syrien. Ein schiitischer Bogen vom Iran über den Irak und Syrien bis zum Verbündeten Hisbollah im Libanon rücke damit näher.
Zu den Forderungen der Edelman- Gruppe gehört unter anderem der Einsatz der US-Militärmacht, um eine Rückeroberung ganz Syriens durch die Assad- Regierung zu verhindern. Auch eine aktivere Unterstützung syrischer Oppositionsgruppen wird empfohlen. Dazu wäre allerdings ein grundsätzliches Umdenken von US-Präsident Donald Trump nötig, der mehrmals erklärt hat, dass sein Interesse in Syrien einzig dem IS gilt.