Digitalklausur in Meseberg: Wie Merkel ihrem selbstgesteuerten Abschied immer näher kommt
Die Bundeskanzlerin findet großes Lob für ihr Kabinett bei der Digitalklausur in Meseberg. Was das Treffen für sie bedeutet.
Meseberg hat Angela Merkel selten Glück gebracht. Sowohl in ihren großen Koalitionen als auch bei Schwarz-Gelb brachen nach Klausurtagungen im Schloss häufig Streitigkeiten aus. Nun spricht die CDU-Kanzlerin am Montag von einem „guten menschlichen Klima“.
Ihr SPD-Vizekanzler Olaf Scholz sieht eine „konstruktive Arbeitsatmosphäre“. Wie auch bei anderen Auftritten in jüngster Zeit ballt der Bewerber um den SPD-Parteivorsitz am Pult in Meseberg die Faust, wirkt fast leidenschaftlich. Neue Leidenschaft braucht auch die Koalition – und ihre in der öffentlichen Präsenz recht zurückhaltende Kanzlerin.
Sie kommt in diesen Tagen, vor allem nach der Grundrenten-Einigung, ihrem Ziel eines selbst gesteuerten Abschieds aus dem Kanzleramt näher. Ihre Vorgänger wurden abgewählt oder auf andere Art aus dem Amt gedrängt. Doch die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt, die Zeiten sind unwägbar. Aber wenn weniger gestritten wird, hilft es am Ende allen. Bestes Beispiel sind die Grünen mit ihrer Geschlossenheit.
In diesem Zusammenhang werden die Parteitage der CDU ab Freitag in Leipzig und der SPD vom 6. bis 8. Dezember in Berlin wichtige Wegmarken. Auch wenn Scholz und Klara Geywitz neue SPD-Vorsitzende werden sollten (der Mitgliederentscheid über dieses Duo und das Duo Norbert Walter-Borjans/Saskia Esken läuft von diesem Dienstag an bis 29. November), wäre die Koalition nicht dauerhaft über den Berg, irgendein Ventil wird sich immer öffnen.
Krise als Konstante
Die Konstante dieser Koalition ist die Krise – oft in den eigenen Reihen verursacht, mal vom CDU/CSU-Asylstreit oder dem Verdruss über Annegret Kramp-Karrenbauer und die Kanzlerin, mal von der fragilen SPD.
Das idyllische Schloss, das der als Schöngeist geltende Prinz Heinrich von Preußen einst für seinen Geliebten Christian Ludwig von Kaphengst gekauft hatte, ist seit 2007 das Gästehaus der Bundesregierung. Es ist dieses Mal vor allem eine Arbeitsklausur.
Neben dem Digitalpaket beschließt das Kabinett wichtige Entlastungen für Betriebsrentner von den Beiträgen für die Krankenkasse. Ab 1. Januar 2020 gilt ein Freibetrag von 159,25 Euro. Erst ab dieser Höhe werden Krankenkassenbeiträge auf die Betriebsrente fällig.
Außerdem wird der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung zum Jahresbeginn befristet bis Ende 2022 um 0,1 Prozentpunkte auf 2,4 Prozent eines Bruttolohns gesenkt. Beide Maßnahmen kosten zusammen 2,4 Milliarden Euro und sind Nebenvereinbarungen zum Grundrenten-Kompromiss – und sollen die Koalition stabilisieren.