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Maximilian Schubert als Delegierter beim UN-Jugendklimagipfel in New York.
© Promo

„Mit Scham kommen wir nicht weit“: Wie Maximilian Schubert den UN-Jugendklimagipfel erlebte

Der deutsche Klima-Aktivist Schubert war dabei, als Jugendliche in der UN über Klimaschutz berieten. Einige Ideen von dort haben ihn begeistert. Ein Interview.

Herr Schubert, Sie haben am UN-Jugendklimagipfel in New York teilgenommen. Wie kam es dazu?

Auf den Gipfel bin ich über mein Engagement bei der International Forestry Students Association gekommen, der internationalen Studentenvereinigung für Forstwirte. Für die Teilnahme habe ich eine persönliche Einladung erhalten.

Wie sah Ihre Arbeit auf dem Gipfel konkret aus?

Es gab viele Plenarsitzungen mit Hunderten Jugendlichen, die sich in ihrer Arbeit oder im Ehrenamt für Klimaschutz engagieren – das unterscheidet den Gipfel von den Klimastreiks, auf denen sich die Massen versammeln. Zum einen haben wir auf dem Gipfel Projekte ausgearbeitet, zum anderen haben die Teilnehmer ihre Ideen für mehr Klimaschutz vorgestellt.

Welche Ideen waren das?

Eine Vorstellung zu Anfang des Gipfels hat mich beeindruckt: Da der weltweite Berg an Daten immer weiter wächst und es so viel Energie braucht, um diese zu verarbeiten, hatte eine Teilnehmerin die Idee, diese Datenmengen in den Erbinformationen von lebenden Organismen zu speichern. Diese Form der Datenspeicherung ist nämlich extrem komprimiert. Neben ein paar anderen typischen Initiativen für mehr Bildung, hatte ein weiterer Teilnehmer aus Afrika die Idee, für jeden Jugendlichen in seinem Land 1000 Bäume zu pflanzen. Aus meinem Bereich hat jemand eine Methode vorgestellt, um mittels Blockchain-Technologie forst- und landwirtschaftliche Produkte zum Erzeuger zurückverfolgen zu können.

Sie haben sich in New York auch an dem Fridays-for-Future-Protest beteiligt. Gibt es Unterschiede zwischen den dortigen Klimaprotesten und denen in Deutschland?

Definitiv. Die New Yorker Schulen haben den Schülern den Nachmittag größtenteils ab 12 Uhr freigegeben, damit alle zum Klimastreik gehen konnten – ein starkes Statement. In den ersten Angaben war von 250 000 Leuten die Rede, vielleicht sogar 300 000 – die Energie des Protests war jedenfalls enorm, geradezu unbeschreiblich. Generell hatte ich das Gefühl, dass die Proteste in den USA als breitere politische Plattform genutzt werden als in Deutschland. Während in Deutschland der Klimaschutz stärker im Zentrum der Debatte steht, gab es hier in New York auch mehrere Redner, die über die Rechte von indigenen Völkern gesprochen haben. Außerdem wurde hier eben eher „amerikanisch“ protestiert. Der Popstar Jaden Smith hat auf der Bühne ein kurzes Konzert gegeben.

Greta Thunberg sagte in New York, dass „uns junge Leute niemand stoppen“ könne. Das Klimapaket der Bundesregierung empfinden viele Aktivisten als herbe Enttäuschung. Wie passt das zusammen?

Ich würde Greta recht geben. Denn der Wandel kommt – so oder so. Das Klimapaket der Bundesregierung macht es aber unnötig schwer, weil es tatsächlich zu wenig ist. Eine solche Politik wird nicht positiv aufgefasst, da lassen sich die Jugendlichen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen, nichts vormachen. Außerdem befeuern solche Beschlüsse die Unzufriedenheit mit der Politik in der Klimabewegung.

Wie könnte sich die Klimabewegung darüber hinaus entwickeln?

Die Bewegung muss jedenfalls aufpassen, dass sie nicht unter ihrem eigenen Gewicht kollabiert – schließlich gibt es auch Abspaltungen wie das „Sunrise Movement“ oder „Extinction Rebellion“, die durchaus auch etwas radikaler agieren. Solange Menschen wie Greta Thunberg vorne stehen, eine klare Position haben und keine faulen Kompromisse eingehen, wird sich die Bewegung jedoch tragen. Wenn eine 16-Jährige sich hinstellen und kritisieren kann, dass aus ihren Augen nichts passiert, dann lassen sich die Aktivisten davon inspirieren und werden weiterkämpfen.

Gibt es Entwicklungen innerhalb der Bewegung, die Sie kritisch sehen?

Problematisch finde ich es, wenn einzelne Personen an den Pranger gestellt werden, nach dem Motto: „Der reist mit dem Flugzeug, sein Engagement kann ja gar nicht authentisch sein.“ Es wird immer 100 Prozent erwartet von jedem Einzelnen. Wer Fleisch vom Discounter kauft, gilt als böse. Das kann nicht das Ziel der Bewegung sein. Es ist wichtig, dass wir alle ein gesundes Verständnis für die Auswirkungen unseres Lebensstils haben. Aber es ist Aufgabe der Politik, Konsumverhalten sozialverträglich zu lenken – auch wenn ein CO2-Preis von zehn Euro deutlich zu niedrig ist. Mit Scham kommen wir jedenfalls nicht weit.

Am heutigen Montag treffen sich die Staats- und Regierungschefs für einen Klima-Aktionsgipfel in New York. Welche Erwartungen haben Sie daran?

Was passieren muss, ist sehr viel. Aber es handelt sich ja nicht um den „richtigen“ Klimagipfel, der Anfang Dezember in Chile stattfindet, sondern um ein zusätzliches Treffen. Die Vereinten Nationen bilden die Weltgemeinschaft ab und stellen kein Land an den Pranger – das ist wichtig für das System. Das führt aber auch dazu, dass manche Regierungen nicht mitziehen und damit den ganzen Prozess blockieren. Die Erfahrungen aus der internationalen Politik lassen deshalb erahnen, dass da nichts passiert. Ich erwarte keine konkreten Ergebnisse, auch wenn das traumhaft wäre.

Das Gespräch führte Sinan Reçber.

Maximilian Schubert, 24, hat an der

Albert-Ludwigs-

Universität in Freiburg

Forstwirtschaft

studiert und engagiert sich international

für den

Klimaschutz.

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