Was tun, wenn es kalt wird?: Wie man sich im Herbst am besten vor Corona schützt
Essen im Freien? Im Herbst zunehmend schwierig. Und wie ist es mit Lüften in der Schule? Was man wissen muss, wenn sich das Leben nach drinnen verlagert.
- Richard Friebe
- Georg Ismar
- Susanne Vieth-Entus
- Heike Jahberg
- Ronja Ringelstein
- Marie Rövekamp
So verwirrend wie die Ausbreitung des Coronavirus sind mitunter die Regeln zu dessen Eindämmung: Infektionen im Familien- und Freundeskreis, mögliche Quarantäne, neue Einschränkungen im Alltag, komplizierte Urlaubsplanung, drohende Schul- und Kitaschließungen bei gleichzeitiger Rückkehr ins Homeoffice – all das fürchten Millionen Deutsche zu Beginn des Herbstes. Zehn Punkte, die man wissen muss, wenn sich das Leben wieder nach drinnen verlagert.
1. Beim Restaurantbesuch
In Berlin und anderswo gilt die bußgeldbewehrte Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben der Gäste über Namen, E-Mail- oder Wohnadresse und Telefonnummer. Das gilt drinnen wie draußen. Jeder, der falsche Angaben macht, schadet sich selbst und anderen, wenn er bei Infektionen anderer Gäste nicht informiert werden kann.
Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Berlin bietet auf seiner Website zahlreiche Hilfen für Gastronomen an. Zum Beispiel Ausdrucke für ordnungsgemäße Belehrungen der Gäste und Anwesenheitszettel zum Ausfüllen. Wichtig: Listen, die jeder einsehen kann, verstoßen gegen Datenschutzvorgaben.
Durch das Essengehen zu zweit oder in kleinen Gruppen an der frischen Luft konnte die Verbreitung des Virus im Bereich der Gastronomie bislang weitgehend verhindert werden. Für die Winterzeit setzen einige Gastronomen nun auf die Anschaffung teurer Raumluftfilter. Andere hoffen die Draußen-Saison verlängern zu können, indem sie – umweltschädliche – Heizpilze aufstellen oder provisorische Wintergärten errichten dürfen.
2. Im Kino, Konzerthaus und Theater
An diesen Veranstaltungsorten hat der Besucher tendenziell wenig Kontrolle über sein Ansteckungsrisiko. Psychologisch wichtig ist es, selbst sehr klar Corona-Bewusstsein zu signalisieren, nicht nur durch das Tragen einer Maske, sondern etwa in der Schlange auch durch eher mehr Abstand als weniger und durch Hinweise an die Repräsentanten des Veranstalters, wenn Dinge nicht regelkonform ablaufen.
Wer Atemwegssymptome hat, sollte zu Hause bleiben. Bei nachgewiesener Infektion gilt dies ohnehin. Wenn man bereits im Kino sitzt und der Film begonnen hat, kann man versuchen, den Abstand zu maximieren, wenn nebenan mehrere Plätze frei sind, aber auch auf die Besetzung der Reihen vorne und hinten achten.
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Eine frische, saubere Maske während der Vorstellung zu tragen, senkt das eigene Infektionsrisiko etwas, das für andere im Saal sehr stark, falls man unwissentlich infektiös ist. Man sollte sich zudem informieren, welche Räumlichkeiten über eine gute, mit Außenluft versorgte Ventilation verfügen, und welche Veranstalter besonders gewissenhaft an das Problem herangehen. In der Berliner Philharmonie werden Besucher nur nacheinander eingelassen und die Plätze gestaffelt von Mitarbeitern zugewiesen.
3. Masken oder Gesichtsvisier?
Masken vom klassischen Typ „Mund-Nasen-Schutz“ sind nach dem Stand der Forschung effektiver als Gesichtsvisiere, wenn es darum geht, andere zu schützen, wenn man selbst infektiös ist. Deshalb müsste, wer sich selbst vor Ansteckung schützen will, ironischerweise vor allem darauf achten, dass die Personen in seiner Umgebung Masken tragen.
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Wichtig wäre, dass sie dies auch effektiv tun, also nicht locker und nach allen Seiten offen oder nur über dem Mund. Weil man das als Einzelperson etwa im Supermarkt kaum durchsetzen kann oder will, sind hier diejenigen, die das Hausrecht haben, gefordert.
Die Maskentypen, die auch den Träger effizient vor Infektionen schützen, genannt FFP2 und FFP3, sind teilweise problematisch. Die Varianten, die mit einem Ventil ausgestattet sind, halten, wenn der Träger infektiös ist, dessen Keime kaum zurück.
Denn ihr ursprünglicher Zweck ist allein der, stark immungeschwächte Personen oder solche, die sich in hochinfektiösen Umgebungen aufhalten müssen, vor Keimkontakt zu schützen und diesen auch zumindest das Ausatmen zu erleichtern. Gesichtsvisiere können den Träger vor direkten Tröpcheninfektionen relativ gut schützen, die Umgebung vor Keimen des Trägers allerdings nicht. Welche Rolle bei Sars-CoV-2 insgesamt die Infektion über die Augenschleimhaut spielt, die bei Maskenträgern völlig ungeschützt ist, bei Visierträgern dagegen relativ gut, ist noch unklar.
Insgesamt gilt das Auge als Eintrittspforte für Atemwegskeime als wichtiger und meist vernachlässigter Faktor. In einer Studie in China war ein Teilergebnis, dass Brillenträger sich seltener infiziert zu haben schienen. Ein Visier bietet sich also möglicherweise an, um den Eigenschutz zu verbessern, aber nur zusätzlich zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.
4. In Schulen und Kitas
Lüften, lüften, lüften, lautet die Devise besonders in den Schulen: Wenn bis zu 33 Schüler in einem Raum sitzen – im Schnitt dürften es je nach Schulform 24 bis 30 sein –, ist Lüften alternativlos, solange es nicht überall Luftreinigungsgeräte gibt, die nun mit einem 500-Millionen-Bundesprogramm angeschafft werden sollen.
Die Lehrer sollten darauf achten, dass in den Pausen ein Luftaustausch stattfindet. Wenn Eltern von ihren Kindern erfahren, dass regelmäßiges Lüften unterbleibt, sollten sie das zum Thema in der Gesamtelternvertretung machen.
Allerdings heißt das in der beginnenden kälteren Jahreszeit, dass die Kinder mit zusätzlichen Pullovern zum Unterricht kommen müssen. Zum Istzustand der Berliner Schulen gehört allerdings, dass noch nicht alle Fenster zu öffnen sind. Landeselternsprecher Norman Heise weiß etwa von einer Schule, die auf eigene Faust „200 Fenstergriffe“ bestellt habe.
[Mehr zum Thema: Corona-Überlebenskampf des Tagesspiegel-Redakteurs - „Ein zweites Mal diese Tortur – das würde ich nicht schaffen“]
Er berichtet auch von Schulen, deren Fenster nur zu kippen sind: Wer genug Platz hat, verteilt die Schüler auf zwei Räume und lässt den Lehrer hin- und hergehen – eine Variante, die allerdings nur mit älteren Schülern und räumlich unausgelasteten Schulen funktioniert. Letzteres gibt es in Berlin kaum.
5. Bei Schul- und Kitaschließung
Die Regierung hat Eltern in dem Fall mehr bezahlte Ausfalltage zugebilligt. Jedes Elternteil hat einen Anspruch auf bis zu zehn Wochen, Alleinerziehende auf bis zu 20. Der Maximalzeitraum muss nicht an einem Stück ausgeschöpft werden, sondern kann über mehrere Monate verteilt werden.
Müssen Eltern zu Hause bleiben, weil Kitas oder Schulen geschlossen sind, bekommen sie 67 Prozent ihres Nettoeinkommens vom Staat, maximal aber 2016 Euro im Monat. Auch hier fungiert der Arbeitgeber für die ersten sechs Wochen als Zahlstelle. Der Anspruch besteht aber nur, solange das Kind jünger als zwölf ist. Bei Kindern mit Behinderungen gibt es keine Altersgrenze.
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Ein neues Gesetz sieht auch Verbesserungen für Eltern kranker Kinder und für pflegende Angehörige vor. Die Bezugsdauer für das sogenannte Kinderkrankengeld wird für das laufende Jahr von zehn auf 15 Tage verlängert, für Alleinerziehende auf 30 Tage. Wer Angehörige pflegen muss, erhält nun bis Jahresende einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für bis zu 20 Arbeitstage.
6. Bei der Planung einer Reise
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rät von Reisen ins Ausland angesichts der Lage ganz ab. 14 von 27 EU-Staaten sind komplett oder teilweise als Risikogebiete eingestuft worden. Für alle Risikogebiete gibt es eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts.
Betroffen sind beliebte Urlaubsziele wie Wien, Dublin und Lissabon sowie die Normandie und die Bretagne. Für Urlauber, die eine Pauschalreise gebucht haben, ist die Rechtslage klar: Wenn eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts vorliegt, kann man seine vorher gebuchte Reise stornieren und bekommt sein Geld zurück.
In aller Regel übernimmt das der Reiseveranstalter. Um Menschen trotz aller Unsicherheiten dazu zu bewegen, Reisen zu buchen, bieten alle großen Reiseveranstalter an, Reisen kurzfristig kostenfrei umzubuchen – selbst wenn es keine Reisewarnungen gibt. Problematisch wird es aber für alle, die ihre Reise auf eigene Faust gebucht haben.
Nur wenn die Airline von sich aus den Flug storniert, hat man einen Anspruch, den Ticketpreis ersetzt zu bekommen. Anders ist es, wenn man von sich aus absagt, weil man nicht in ein Risikogebiet will, im Urlaubsland Quarantäne droht oder es sogar ein Einreiseverbot gibt.
7. Bei der Reiserückkehr
Statt am Flughafen sollen Tests ab Mitte Oktober, spätestens ab Anfang November erst nach fünf Tagen stattfinden - verbunden mit einer staatlichen Quarantänepflicht. Jeder, der aus einem Risikogebiet kommt, muss seine Daten angeben bei der Ankunft, die Richtigkeit wird überprüft und an die Gesundheitsämter übermittelt.
Alle müssen sich in häusliche Quarantäne begeben, die erst ab dem fünften Tag durch einen negativen Corona-Test vorzeitig beendet werden kann. „Die Regierung steuert die Reise- und Luftverkehrswirtschaft in einen Lockdown“, kritisiert Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes.
Als Alternative setzt die Branche auf neue Antigen-Schnelltests, die gerade in größeren Stückzahlen auf den Markt kommen und zumindest das Spätherbst- und Wintergeschäft noch ankurbeln sollen. Sie liefern Ergebnisse in 15 Minuten, sollen weniger als zehn Euro kosten und könnten die Quarantäne-Vorschriften überflüssig machen – hofft die Flugbranche.
8. Bei Übernachtungen in Deutschland
Für Menschen, die aus Gebieten mit hohen Covid-19-Fallzahlen kommen, wird auch das schwierig. Viele Bundesländer untersagen Personen die Einreise oder erteilen Beherbungsverbote, wenn sie aus Gebieten kommen, in denen es binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 gab.
Derzeit betrifft das etwa Hamm, zuletzt auch die Millionenstadt München. Wer eine Ferienunterkunft nicht nutzen kann, weil sein Wohnort in Deutschland zum Risikogebiet erklärt wurde, muss möglicherweise dennoch bezahlen, das ist Verhandlungssache und im Vorfeld zu klären.
9. Homeoffice
Grundsätzlich darf der Chef einen Mitarbeiter nicht gegen dessen Willen ins häusliche Büro schicken. Der Mitarbeiter hat andersherum keinen Anspruch darauf. Die Angst davor, bei der Arbeit zu erkranken, reicht als Grund für die Heimarbeit nicht aus. Während der Pandemie ist das Homeoffice aber durchaus eine Möglichkeit, sich und andere vor dem Virus zu schützen.
Sollte die Arbeit von zu Hause aus länger andauern, ist eine Betriebsvereinbarung oder Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag sinnvoll. Zu klären sind die Fragen: Wer übernimmt die Kosten für die Arbeit zu Hause? Welche Regeln gelten für Arbeitszeiten und Erreichbarkeit?
10. Covid-19-Erkrankung
Erkrankt jemand an Covid-19 und kann nicht arbeiten, hat er Anspruch auf die Fortzahlung seines Lohns. Der Arbeitgeber ist in dem Fall für sechs Wochen verpflichtet, das volle Gehalt zu zahlen. Danach übernimmt in der Regel die Krankenkasse die Zahlung.
Üblich sind rund 70 Prozent des regulären Gehalts. Dies ist aber abhängig von der jeweiligen Versicherung. Keine Entschädigung für Verdienstausfälle soll es mehr geben, wenn man bewusst in ein Risikogebiet gereist ist und sich infiziert hat oder in Quarantäne muss und in der Zeit nicht arbeiten kann.
Wird eine Person vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift dagegen in der Regel das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Kann derjenige seine Arbeit von zu Hause leisten, erhält er unverändert sein Gehalt vom Chef.
Wenn nicht, greift Paragraf 56 Infektionsschutzgesetz (InfSchG). Dieser sieht eine staatliche Entschädigung für den Arbeitnehmer in Höhe des Netto-Arbeitsentgelts für die ersten sechs Wochen der Quarantäne vor.