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Das Buch verkaufte sich glänzend bei Erscheinen im Jahr 2014.
© dpa

Buch mit Kohl-Zitaten vor Gericht: Wie Maike Kohl-Richter um die Worte ihres Mannes ringt

Die Witwe des Altkanzlers bekommt keine Entschädigung, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Damit ist der Streit um den Bestseller nicht vorbei.

Für Helmut Kohls Witwe Maike Kohl-Richter ist es eine abermalige Enttäuschung. Am Montag hat der Bundesgerichtshof (BGH) ihre Klage auf Entschädigung wegen des im Jahr 2014 erschienenen Buchs „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens endgültig abgewiesen (Az.: VI ZR 258/18). Der Altkanzler hatte noch zu Lebzeiten die Rekordsumme von einer Million Euro erstritten. Doch im Verlauf des Verfahrens starb er im Jahr 2017. Das Kölner Oberlandesgericht wies die Forderung – Kohl wollte ursprünglich fünf Millionen Euro – deshalb zurück. Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht vererblich, hieß es. Dies bestätigte der BGH jetzt: Bei der Entschädigung stehe der „Genugtuungsgedanke“ im Vordergrund; einem Verstorbenen könne Genugtuung aber nicht mehr verschafft werden.

Das Buch gibt es nur noch mit „offiziell erlaubten Passagen“

Nicht nur Kohl, auch Co-Autor Tilman Jens lebt mittlerweile nicht mehr. Das Buch wird vom Heyne-Verlag nur noch „mit den offiziell vom Landgericht Köln erlaubten Passagen“ verkauft. Es basiert wesentlich auf einer Fülle von Zitaten Kohls, die dieser in Gesprächen mit dem früheren WDR-Journalisten Schwan zum Besten gab, offenkundig durchdrungen von persönlicher Wut. So ließ Kohl sich demnach etwa über die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus, die nicht mit Messer und Gabel essen könne. Ex-Bundespräsident Christian Wulff erklärte der von seiner Partei nach seiner Spendenaffäre Verstoßene kurzerhand zum „Verräter und zur „Null“.

Die Autoren beriefen sich auf journalistische Freiheit

Kohl hatte Schwan als Ghostwriter seiner Memoiren beauftragt, doch vor Veröffentlichung des vierten Bands verkrachten sich die beiden. Schwan nahm die Tonbänder mit und schuf damit ohne Erlaubnis des Großpolitikers ein gemessen an den Verkaufszahlen überaus erfolgreiches eigenes Werk. Das nahm Kohl übel und überzog Autoren samt Verlag mit Prozessen. Die beriefen sich auf journalistische Freiheit, doch das machte die Kölner Justiz nicht mit. Zwischen Kohl und Schwan habe es eine unausgesprochene Verschwiegenheitsabrede gegeben, auch wenn dazu nichts schriftlich fixiert worden sei. Die habe Schwan gebrochen. Eine Sichtweise, die später auch vor dem BGH Bestand hatte.

116 Textpassagen sollten gestrichen werden

Neben der Geldentschädigung entschieden die Bundesrichterinnen und -richter am Montag noch über das Unterlassungsbegehren der Witwe, die 116 Textpassagen beanstandet hatte. Hier distanzierte sich der BGH von einem vorangegangenen Urteil des Kölner Oberlandesgerichts gegenüber dem Verlag. Dieser habe mit Kohl schließlich keine direkte Verschwiegenheitsvereinbarung getroffen, hieß es. Die Vorinstanz war noch der Ansicht, ein Veröffentlichungsverbot folge schon daraus, dass Kohl zu manchem, was er gesagt habe, mündlich eine Art Sperrerklärung beigefügt habe.

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„Fehlzitate“ dürften allerdings weiterhin nicht verbreitet werden, meint der BGH. Gemeint sind damit von den Autoren unzulässig verknüpfte Aussagen aus den Tonbändern, Zitate also, die in den falschen Kontext gestellt worden seien. Soweit dies nicht abschließend geklärt sei, müsse sich erneut das Oberlandesgericht damit befassen. Was als Falschzitat feststeht, dürfe aber auch nicht sinngemäß weiter verbreitet werden. In dieser Hinsicht drang Maike Kohl-Richter mit ihrer Revision durch, ein Teilsieg.

Kohl-Stiftung gegen Kohl-Stiftung

Der Rechtsstreit geht also weiter. Auch die Auseinandersetzung mit den Erben des Co-Autors Jens ist nur unterbrochen. Möglich, dass Maike Kohl-Richter es noch mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht versucht. Sie sieht Ungerechtigkeiten auf vielen Ebenen und will ebenfalls gegen die erst im Sommer gegründete „Bundeskanzler-Helmut- Kohl-Stiftung“ klagen. Als Gegenmodell hat sie eine „Helmut-Kohl-Stiftung“ ins Leben gerufen. Unter den sieben Gründungsmitgliedern sind mehrheitlich Rechtsanwälte.

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